Schlechte Filme bis 1945

  • Da hier sehr viele Filme aus den 30er und 40er Jahren oftmals sehr gelobt werden, würde mich mal interessieren, welche Filme Euch aus diesen Jahren und auch aus der Stummfilmzeit gar nicht gefallen? In einem Beitrag von Carry Clips habe ich gestern z.B. gelesen, dass er viele der Propagandafilme, die nicht von Harlan waren, nicht sonderlich mag. Habt Ihr andere Beispiele? Vielleicht Filme, die ihr durch die Bank schlecht findet? Gerade auch im Unterhaltungsfilmbereich. Kennt z.B. Quax Filme, in denen Heinz Rühmann eine größere Rolle spielt und die er trotzdem nicht mag?

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Hmmm... im ganzen war das Niveau damals eigentlich relativ hoch, so daß sich nur wenige wirklich schlechte Filme finden lassen, wobei das mit dem Begriff 'schlecht' auch immer so eine Sache ist, da es ja sehr subjektiv ist, wie man einen Film bewertet.


    Reichlich vergessbar finde ich z.B. "Zu Befehl, Herr Unteroffizier" von Erich Schönfelder (1932), eine Militärklamotte, die ich schrecklich unlustig finde. Ebenfalls mißlungen ist "Heimweh" von Jürgen von Alten (1937), ein reichlich patriotischer Film über einen Mann von der Küste, der nach Amerika gelockt wird und unter die Ganoven gerät, und dann Schwierigkeiten hat, wieder in die Heimat zurückzufinden. Ein schwacher Abklatsch von Trenkers "Verlorenem Sohn".


    Überhaupt sind viele in anderen Ländern (Übersee) spielende Filme der damaligen Zeit reichlich schwach: "Gold für New Frisco" (Verhoeven) will ein Western sein und sieht noch deutscher aus deutsche Western aus den 60ern, ebenso mäßig finde ich "Ein Mann will nach Deutschland" von Paul Wegener (1934) und "Der Stern von Rio" (1940), obwohl da La Jana mitspielt.


    Was die Propaganda-Filme angeht: zumindest "Hitlerjunge Quex" finde ich zum Gähnen....

  • "Hitlerjunge Quex" finde ich als Propagandafilm sehr interessant, da er zahlreiche Motive sozialistischer/kommunistischer Filme ("Mutter Krausens Fahrt ins Glück", "Kuhle Wampe") nutzt, um sie für seine Zwecke zu gebrauchen. Dazu kommen die solide Kameraarbeit und die nicht uninteressante Darstellung des Vaters (Heinrich George), der stellenweise eine gut konturierte Figur ist und nicht nur das dämliche Kommunistenfeindbild vergleichbarer Filme der "Kampfzeit". Klar, ein "guter" Film sieht sicher anders aus, aber ein funktionierender Propagandafilm hat immer gewisse Qualitäten. Wirklich schlecht sind hingegen "SA-Mann Brand" und "Hans Westmar", die nur mit billigen Typisierungen arbeiten. Aber das hat ja - o Gott! - auch Herr Goebbels schon so gesehen.


    Ansonsten gibt es eine ganze Reihe beliebter Filme aus dem Dritten Reich, die ich nicht leiden kann oder für überschätzt halte. "Quax der Bruchpilot" finde ich so lustig wie eine Dose Heringsfilet, die "Feuerzangenbowle" hat sicher ihre Qualitäten, leidet aber an ihrer bieder-spießigen Moral, über die sie sich nur vorgeblich lustig macht. Allein der Spoerlsche Leitspruch am Schluss: "Wahr sind nur die Träume, die wir spinnen (...). Damit wollen wir uns bescheiden." Wer sich mit seinen Träumen begnügen will, soll dies tun, ich halte es für verlogen.


    Das sog. "Dritte Reich" hat rund 1200 Filme hervorgebracht. Hier alle Gurken aufzählen zu wollen, ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Eine von einer Diktatur organisierte und streng kontrollierte Filmindustrie, die es sich auch noch zur Aufgabe gemacht hat, Juden und Andersdenkende zu vertreiben, musste zwangsläufig in eine künstlerische Krise geraten. Vieles aus dieser Zeit ist heute nur noch unter historischen Gesichtspunkten interessant, oder man sieht es sich mit einem gewissen Grusel an. Eine so grandiose Filmkomödie wie "Viktor und Viktoria" hat die NS-Produktion nur einmal hervorgebracht, der freche "Amphitryon" blieb sicher die beste Tonfilm-Operette der Zeit. Wirkliche Meisterwerke gibt es neben Käutners "Big three" nur wenige. Forsts "Maskerade", Bakys "Münchhausen" und Pewas' "Der verzauberte Tag" lohnen sich nach wie vor zu sehen. (Das soll natürlich keine vollständige Aufzählung sein.) Daneben gibt es viele Filme, von denen ich mir wünschen würde, dass sie bekannter wären als die "Feuerzangenbowle", z.B. "Fährmann Maria", der eine oder andere Film von Werner Hochbaum, Douglas Sirk oder Robert Siodmak usw. Grundsätzlich bin ich sehr dafür, dass das deutsche Kino vor dem Neuen Deutschen Film an Popularität gewinnt (dasselbe gilt für den französischen Film vor der Nouvelle vague). Leider wird gerade das deutsche Kino bis in die 50er Jahre gerne unter dem Nostalgie-Aspekt betrachtet, was den Blick auf die Stäken und Schwächen der Filme trübt. Ich sehe schon, eigentlich möchte ich viel lieber was über die guten Filme schreiben, aber dafür ist hier nicht der Platz. :) Grundsätzlich ist aber die Unzugänglichkeit der meisten Filme ein Problem. Was man über viele Filme (auch der Stummfilm- und Nachkriegszeit) weiß, hat man im "Lexikon des internat. Films" oder bei Joe Hembus gelesen, ohne es überprüfen zu können, da rechtliche Probleme eine Veröffentlichung verhindern. Zuletzt so geschehen mit "Viele kamen vorbei", der in der Pewas-Box fehlt. Allein deshalb gilt Reich-Ranickis Diktum, dass nur schwache Werke in Vergessenheit geraten, für die Filmgeschichte nicht.

  • Die allgemeine hohe Qualität kann man aber auch sicher international ansiedeln? Also auch in Frankreich und den USA wurden in dieser Zeit hochwertige Filme gedreht, sehe ich das richtig? Ich schätze das liegt u.a. daran, weil der Tonfilm damals etwas ganz neues war und man bemüht war, etwas gutes zu produzieren. Es waren sicher auch nur Leute am Werk, die was von ihrem Handwerk verstanden haben. Gerade weil die Filmerei sicher im Vergleich zu den späteren Jahren und Jahrzehnten eine sehr teure Angelegenheit war. Billig produzierte Filme kamen erst langsam ab den 50er 60er Jahren auf, liege ich da richtig?

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • eher schlecht finde ich:


    Ich vertraue Dir meine Frau an (D-1942/42 mit Heinz Rühmann)
    Nie wieder Liebe (D-1931 mit Lilian Harvey)
    Fanny Elßler (D-1937, mit Lilian Harvey)
    Anschlag auf Baku (D-1940/41 mit Willy Fritsch)
    Gold in New Frisco (D-1939 mit Hans Söhnker)


    mir fallen aber sicher noch einige ein die ich dann nachtragen werde...


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    "Mein wichtigstes Lebensmotto war immer: Treue. Auch mir selbst gegenüber."
    (Heinz Rühmann, 1902-1994, Schauspieler)


  • Zu jeder Filmepoche ,gab es auch schlechte Filme :
    "Nanu , Sie kennen Korff noch nicht " D-1938 mit Heinz Rühmann , für mich der schlechteste Rühmann Film ,den ich kenne !!!
    "Capricco " D-1938 mit Lilian Harvey , ein Karl Ritter Film , ein Genre ,das Ritter überhaupt nicht lag
    "Das leichte Mädchen " (D-1940) mit Willy Fritsch , trotz Starbesetzung einfach nur schlecht
    "Ein toller Tag " (D-1945) mit Ilse Werner , ich denke dieser Film wurde nur gedreht um beschäftigt zu sein um nicht doch noch an der Front kämpfen zu müssen , trotz Farbfilm und Starbesetzung , überzeugt dieser Film nicht

  • Interessant...


    "Ich vertraue dir meine Frau an" fand ich als Nicht-Rühmann-Fan eigentlich ganz spassig; das hat durchaus noch was leicht 'screwballiges'. Nicht besonders groß, aber auch nicht mißlungen.


    "Nie wieder Liebe" ist sicherlich einer der schwächeren Lilian Harvey-Filme (was daran liegt, daß die meisten anderen eben so großartig sind), und allein der Auftritt von Margo Lion ist das Anschauen schon wert. Bei "Fanny Elssler" bin ich dagegen Quax' Meinung. Ziemlich schwacher Film.


    Überhaupt nicht d'accord bin ich allerdings mit Alexas Meinung zu "Capriccio": ich finde ihn wegen seiner Artifizialität und Over-the-Topness gerade besonders gelungen, auch wenn ich nach wie vor erstaunt bin, daß ausgerechnet Ritter das hinbekommen hat. Und Lilian Harvey in einer Hosenrolle: das hat was :)


    Aber wenn schon ein Lilian-Film unter schlechte Filme eingereiht werden soll (tut mir eigentlich in der Seele weh), dann stimme ich für "Frau am Steuer" (Paul Martin, 1939), vor allem wegen der unglaublich plumpen "eine Frau gehört an den Herd"-Botschaft. Ich hab' wirklich gelitten, als ich sie das hab' spielen (müssen) sehen.

  • Billig produzierte Filme kamen erst langsam ab den 50er 60er Jahren auf, liege ich da richtig?

    Leider nicht. Billige (und schlechte) Filme gab es immer - in jeder Kinematographie. Das Meiste, was an Western bis in die 30er Jahre in Hollywood gedreht wurde, schaut sich heute niemand mehr freiwillig an. Und gerade die frühen Tonfilme (also in den späten 20er/frühen 30er Jahren) zeigen sehr häufig eine große Unbeholfenheit im Umgang mit der neuen Technik. Der Stummfilm hatte am Ende seiner Epoche eine grandiose Sprache entwickelt, die Kamera "entfesselt" und den Film zu einer eigenständigen Kunstform gemacht. Der Tonfilm bedeutete zunächst einmal einen Rückschritt. Da ging in "Atlantic" die Titanic nur noch auf der Tonspur unter, während die Kamera an Figuren klebt, die im Angesicht des Todes so richtig redselig werden. Die parodistische Darstellung dieser Jahre in "Singin' in the Rain" ("Lina, sprich in den Busch!") trifft es ganz gut. Aber schnell wurden auch Meisterwerke wie "M" oder "Der Kongreß tanzt" gedreht, die sich trotz der neuen Apparatur einer dezidiert "filmischen" Sprache bedienten.

  • Ansonsten gibt es eine ganze Reihe beliebter Filme aus dem Dritten Reich, die ich nicht leiden kann oder für überschätzt halte. "Quax der Bruchpilot" finde ich so lustig wie eine Dose Heringsfilet, die "Feuerzangenbowle" hat sicher ihre Qualitäten, leidet aber an ihrer bieder-spießigen Moral, über die sie sich nur vorgeblich lustig macht. Allein der Spoerlsche Leitspruch am Schluss: "Wahr sind nur die Träume, die wir spinnen (...). Damit wollen wir uns bescheiden." Wer sich mit seinen Träumen begnügen will, soll dies tun, ich halte es für verlogen.

    Ich finde das nicht verlogen. Ich denke, es entspricht der Einsicht der Zeitgenossen, am Lauf der Dinge nichts ändern zu können, und ihrem Wunsch, wenigstens im Traum (= Kino) etwas von dem nachholen zu können, was ihnen das tatsächliche Leben aufgrund der Zeitumstände versagte. Die große Tragik dieser Generation!

    Mußte es das? Was verstehst du unter "Künstlerischer Krise"? Es ging dem deutschen Film zwischen 1940 und 1944 wirtschaftlich und materiell jedenfalls super :) Das kann in sämtlichen überlieferten Zeitzeugnissen nachlese. Wenn es also eine solche Krise gab, schlug sie sich nicht in den Besucherzahlen (In- und Ausland) nieder.
    Im Gegenteil: Der deutsche Film wollte Weltmacht werden! - Heute ist er das leider nicht, sondern das traurige Gegenteil, aber das ist ein anderes Kapitel.


    Um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen, muss ich gestehen, dass ich die meisten Unterhaltungsfilme der NS-Zeit ziemlich blöde finde. Das gilt sowohl für die Propagandaschinken Marke Wunschkonzert und Besatzung Dora wie auch für viele Dramen und Komödien. Die Perlen sind rar. Das Ufa-Kino zeichnet sich eben durch einen speziellen Stil aus, den man entweder mag oder nicht mag. Ich kenne z. B. zahlreiche Filme der Defa, die mir wesentlich besser gefallen als die Höhepunkte des Ufa-Kinos.

  • Tja, was ist "schlecht". Ist halt nicht absolut zu definieren. Es gibt viele Filme, die ich nicht mag, aber "schlecht"?! Manche Filme bekommen ja auch wegen ihrer "Schlechtigkeit" ihren Reiz.

    Vogel Specht: Wer war eigentlich dieser Prof. Ambronsius. Seine Beiträge kommen mir sehr durchdacht und kompetent vor. Wieso ist der denn ausgestiegen?

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Schwierig. Ich halte es da grundsätzlich mal mit ALEXA und dem "Alten Fritz". :)


    Schlechte Filme kenne ich direkt auch nicht. Der eine oder andere Film ist vielleicht nicht so gut gelungen oder die Geschichte gefällt mir nicht besonders. Für mich macht dann aber der eine oder andere Schauspieler bzw. der Zeitgeist (v.a. die 30er Jahre) an sich den Zweifel wett.

    "Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht"


    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist