Anders als Du und ich (BRD, 1957)

  • Ich bin durch Zufall gerade auf den Film "Anders als Du und ich" von Veit Harland gestoßen. Von diesen Film habe ich, so glaube ich, schonmal was gehört und hatte mich schonmal eingelesen. Kennt den von Euch jemand? Ich finde das hochinteressant, da Harlan damals die Homosexuellen für die FSK zu positiv dargestellt hat und deswegen gezwungen war, den Film zu ändern, damit er ein anderes Bild auf Schwule wirft. Anschließend wurde er deswegen von der Öffentlichhkeit verurteilt und ein weiteres Mal in die "Faschisten-Schublade" gesteckt.

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Also, der Film ist selbst in seiner Originalfassung (die ein Bekannter von mir mal mit Hilfe der auf der Filmmuseum-DVD vorhandenen Fassungsvergleiche für sich selbst 'rekonstruiert', sprich zusammengeschnitten hat) ein echter Heuler, wenn auch vor allem deswegen, weil Harlan Homosexualität beständig mit einer 'dekadenten' Neigung zur modernen Kunst zusammenbringt: da gibt es Schwulen-Parties, auf denen beständig elektronische Avantgarde-Musik läuft, (untalentierte) moderne Malerei usw., also alles, womit man damals das Bürgertum so richtig schön schocken konnte. Ich weiß nicht, was Harlan sich dabei gedacht hat, aber es ist ähnlich over-the-top wie die Traumszene aus "Hanna Amon". Großartig stylish allerdings Friedrich Joloff in der Rolle des Knaben-Verführers, und letzten Endes ist der Film zumindest in der Originalfassung wohl sicherlich weniger 'einseitig' als die dann zensierte Version. Dennoch: als Pro-Schwulen-Plädoyer taugt's wohl kaum; für Leute, die 'Camp' mögen, allerdings eine absolute Empfehlung. Was natürlich für ziemlich viele Filme von Harlan gilt....

  • Ich denke, dass man den Film auch aus der damaligen Zeit sehen muss. Vielleicht war das die damals naive Ansicht von Harland? Heute ist das Thema natürlich ganz anders etabliert und man hat eine andere Sicht darauf. Denn dass Homosexuelle zur Extravaganz neigen, ist ja kein Geheimnis und damals hat sich dies sicher auch so geäußert...?

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    Konfizius

  • Harland?


    Sein Name war "Veit Harlan". (Du hast in zwei Beiträgen Harland geschrieben) ;) Habe die DVD zu Hause aber leider noch nicht gesehen. Steht aber auf meiner Liste der Filme die ich unbedingt anschauen möchte...


    "Mein wichtigstes Lebensmotto war immer: Treue. Auch mir selbst gegenüber."
    (Heinz Rühmann, 1902-1994, Schauspieler)


  • Hehe ich habs dafür auch einmal richtig geschrieben. Das ist so ne Sache beim schnell tippen *g* Wenn ich Punk schreiben will rutscht mir oft gleich das "t" mit dazu und ich schreibe Punkt, als Betreiber von punkrocknews.de ist das natürlich nicht so gut ;)


    Also mich interessiert der Film auch sehr, eben weil er von Harlan ist, weil er so umstritten ist und historisch gleich in mehrfacher Hinsicht (junge BRD, bezug zum Nationalsozialismus - wegen Harlan, Umgang mit Homosexualität in den 50ern usw.) hochinteressant ist.

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  • Ich denke, dass man den Film auch aus der damaligen Zeit sehen muss. Vielleicht war das die damals naive Ansicht von Harland? Heute ist das Thema natürlich ganz anders etabliert und man hat eine andere Sicht darauf. Denn dass Homosexuelle zur Extravaganz neigen, ist ja kein Geheimnis und damals hat sich dies sicher auch so geäußert...?

    Das kann schon sein, aber es ist eben hier weitaus 'platter' und überzogener dargestellt als in anderen Filmen; vergleich das mal mit dem von Filmmuseum zeitgleich veröffentlichten Oswald-Film "Anders als die anderen" von 1919 oder auch mit Dreyers "Michael" (1924). Harlan's Ansicht wirkt in der Tat naiv, und ganz deutlich beeinflusst vom sexualfeindlichen, kleinbürgerlichen Klima der 50er Jahre.

  • Eben, das kann auch eine Rolle spielen, dass man in den 20er/30er Jahren noch offener war und der Zeitgeist der 50er da einen ("negativen") Einfluss hatte. Jedenfalls war es scheinbar kein Film im Sinne des Nationalsozialismus, wie man ihn gerne darstellt. Es ist schon bemerkenswert, wenn die FSK ihn schon als zu "positiv" darstelle, obwohl er dies nicht ist. Harlan wollte scheinbar nur auf seine Art die Thematik thematisieren ohne große Wertung (aus damalliger Sicht). Bei Wikipedia gibt es ein Zitat von ihm:


    Harlan in einem Brief an die Arca-Film:

    Zitat

    „Ich vermisse in dem Drehbuch, dass es zweierlei Homosexuelle gibt - nämlich diejenigen, an denen die Natur etwas verbrochen hat, und diejenigen, die gegen die Natur verbrecherisch vorgehen. Die letzteren tun das entweder aus angeborener Unsittlichkeit oder aus materiellen Gründen oder aus fluchwürdiger Schwäche. Die ersteren hingegen verdienen unser ganzes Mitgefühl. Der Film darf diese Homosexuellen, die wir tragisch betrachten müssen, wenn wir hochherzige Menschen sein wollen, nicht aus spießbürgerlichen Motiven verurteilen oder verfolgen. Wir dürfen sie nur in dem Sinne verfolgen, als sie junge Menschen, deren Natur im Grunde in Ordnung ist, verführen.“


    Aus heutiger Sicht natürlich recht hart und man bringt es gerade heute sehr einfach wieder mit den Nationalsozialismus in Verbindung. Aber ich denke, dass sich Wissenschaftler der 50er und 60er Jahre auch nicht anders anhörten. Egal aus welcher politischen Richtung sie kamen.

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  • Aus heutiger Sicht natürlich recht hart und man bringt es gerade heute sehr einfach wieder mit den Nationalsozialismus in Verbindung. Aber ich denke, dass sich Wissenschaftler der 50er und 60er Jahre auch nicht anders anhörten. Egal aus welcher politischen Richtung sie kamen.

    Ich würde es nicht mit dem NS in Verbindung bringen, für mich klingt es eher nach einer konservativen Auffassung von Sexualität, wie es sie in den 20ern sicherlich genauso gegeben hat wie in den 50ern.

  • Das definitiv. Ich persönlich würde diesen Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus auch garnicht einbringen, nur wurde das von vielen in den 50ern schon gemacht und heute ist es mit Sicherheit nicht anders.

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  • Das definitiv. Ich persönlich würde diesen Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus auch garnicht einbringen, nur wurde das von vielen in den 50ern schon gemacht und heute ist es mit Sicherheit nicht anders.

    Es ist sicherlich unberechtigt. Ich habe keine Ahnung, ob Harlan Nazi war oder nicht, aber von den Filmen, die ich von ihm kenne, ist nur Jud Süß ein nationalsozialistischer Film in dem Sinne, dass er eben ausdrücklich dem Zweck antisemitischer Hetze diente. (Das Negativ hätte Harlan trotzdem nicht verbrennen dürfen.) Die anderen "problematischen" Filme Der große König und Kolberg sind eben patriotische Filme - Preußenfilme - so richtig nationalsozialistisch finde ich die nicht.
    Interessant wäre eine ungeschnittene Version von Der Herrscher (1937, mit Emil Jannings) zu sehen wg. des direkten Bezugs zur NS-Zeit. Leider kenne ich nicht einmal die zensierte Fassung :(
    Zu Anders als du und ich: Ich vermute, Harlan hat den Film, den ich ebenfalls nicht kenne, ganz ernst gemeint und eher als Sensation denn als Diffamierung. Jedenfalls sähe ihm das nach meiner Einschätzung ähnlich.

  • Die original Negative von "Jud Süß" existieren nicht mehr. Entweder Harlan hat sie wirklich verbrannt was ich nicht glaube, oder sie sind gegen Ende des Krieges zerstört worden bzw. abhanden gekommen. Ich denke Harlan hat nur eine oder mehrere Positiv Kopie(n) öffentlich verbrannt...


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  • Der Film ist derzeit auf yt zu sehen...


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    "Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht"


    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • In dem Film gibt es einige Kleindarsteller zu sehen, die nirgends namentlich genannt werden.


    Kennt jemand die folgenden Schauspieler oder kann Hinweise zu Ihrer Identifizierung geben:


    "Griechischlehrer" - dieser Schauspieler ist mir auch schon in anderen deutschen Filmen jener Jahre aufgefallen - meist nur in Statistenrollen ohne Text (z.B. "Alibi", 1955 oder "Viktor und Viktoria", 1957):




    "Rechtsanwalt" - habe ich auch schon irgendwo einmal gesehen




    In einem nicht im fertigen Film verwendeten Prolog sind ein ungenannter Moderator und zwei "Ärzte" in einer kurzen Diskussion zu sehen. Die Experten haben Namensschildchen aus Holz vor sich; waren möglichweise aber auch nur Schauspieler ???


    Moderator und "Dr. med. Karl Stricker"




    "Prof. Dr. med. W. Hirsch"


  • Mir sagen die Gesichter (noch) nichts. Aber das kann sich ja noch ändern. In welcher Stadt wurde der Film gedreht? Berlin? Gerade bei Statisten und Komparsen und Kleindarsteller ist der Drehort wichtig bzgl. der Zuordnung.

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  • Erst vor kurzen habe ich eine Statisten-Kartei aus Berlin erwerben können (nicht viel, aber immerhin), die ersten Daten daraus habe ich dort zusammengefasst: http://deutsche-filme.com/liste-rffu-kleindarsteller.htm

    Wenn ich hier meine gröbsten Arbeiten erledigt habe, suche ich mir die Mappe nachher mal raus und vergleiche meine Fotos mit den Herren die Du oben abgebildet hast. Ggf. haben wir ja einen Treffer.

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