„Kinoseminar Filmpropaganda“ im
Murnau-Filmtheater startet mit JUD SÜSS
Wiesbaden (15. September 2010) – Mit dem antisemitischen Hetzfilm JUD SÜSS (DE 1940)
und der Dokumentation HARLAN – IM SCHATTEN VON JUD SÜSS (DE 2008 ) beginnt die neue
Reihe „Kinoseminar Filmpropaganda“ im Murnau-Filmtheater (Deutsches Filmhaus,
Wiesbaden). Die öffentlichen Vorstellungen von JUD SÜSS am Donnerstag, 14. Oktober (18
Uhr) und Dienstag, 26. Oktober (18 Uhr) werden von einer Filmbesprechung und einer
Diskussion mit Filmexperte Horst Walther (Institut für Kino und Filmkultur) begleitet. HARLAN –
IM SCHATTEN VON JUD SÜSS ist am Freitag, 15. Oktober (18 Uhr) und Freitag, 29. Oktober (20
Uhr) zu sehen.
Bei der Reihe „Kinoseminar Filmpropaganda“ kooperiert die Friedrich-Wilhelm-Murnau-
Stiftung mit dem Institut für Kino und Filmkultur (IKF), das seit Jahren Bildungsveranstaltungen
zu Vorbehaltsfilmen durchführt und im Deutschen Filmhaus (Wiesbaden) ansässig ist. Die
Reihe wird in den kommenden Monaten fortgesetzt, als nächstes sind HITLERJUNGE QUEX und
KOLBERG zu sehen.
Kaum ein Kapitel der Filmgeschichte polarisiert stärker als die Filmpropaganda des Dritten
Reichs. Die explizit propagandistisch ausgerichteten Filme machen im Vergleich zu
unterhaltsamen Genres wie Komödie, Revuefilm oder Krimi einen relativ geringen Anteil der
NS-Filmproduktion aus. Die Auseinandersetzung mit der rassistischen, antisemitischen,
volksverhetzenden oder kriegsverherrlichenden Filmpropaganda muss auch heute geführt
werden. Dazu leistet die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung ihren Beitrag. Vorbehaltsfilme aus
ihren Beständen werden in Veranstaltungen mit wissenschaftlich kompetenter Einführung und
anschließender Nachbesprechung gezeigt. Seit Jahren arbeitet die Murnau-Stiftung dabei mit
dem Institut für Kino und Filmkultur zusammen.
Kinotermine
Do 14.10. 18 Uhr / Di 26.10. 18 Uhr
JUD SÜß
Regie: Veit Harlan, DE 1940, 95 min, Seminarteilnahme ab 14. Mit Heinrich George,
Ferdinand Marian, Kristina Söderbaum
Einführung, Filmbesprechung und Diskussion: Horst Walther, MA (Institut für Kino und
Filmkultur)
Als Vorbehaltsfilm kann JUD SÜSS nur mit kompetenter Begleitung gezeigt werden. Veit
Harlans Historienfilm gilt als einer der übelsten antisemitischen Hetzfilme des Dritten Reiches.
Als Vorlage diente die historische Figur des Joseph Süß Oppenheimer, der im 18. Jahrhundert
als Finanzberater des württembergischen Herzogs Karl Alexander tätig war. Nach dem Tod
des Herrschers wurde er für dessen Verschwendungssucht in einem mehrmonatigen Prozess
zur Rechenschaft gezogen und zum Tode verurteilt. Am 4. Februar 1738 wurde er vor den
Toren Stuttgarts an einem zehn Meter hohen Galgen in einem eisernen Käfig gehängt.
Der Spielfilm verbindet den historischen Stoff mit der antisemitischen Ideologie,
Propagandaminister Joseph Goebbels kümmerte sich selbst um das Projekt. Täglich ließ er
sich vom Fortschritt der Produktion berichten, selbst auf die Gestaltung nahm er Einfluss.
Erstmals sollte die antisemitische Hassbotschaft in einem Unterhaltungsfilm untergebracht
werden, der nicht als Propagandafilm gekennzeichnet war. Das Vorhaben gelang: Mehr als 20
Millionen Besucher zwischen 1941 und 1945 sprechen eine deutliche Sprache.
Fr 15.10. 18 Uhr / Fr 29.10. 20 Uhr
HARLAN – IM SCHATTEN VON JUD SÜSS
Regie: Felix Moeller, DE 2008, 99 min, FSK: ab 12, mit Thomas, Caspar, Kristian, Alice,
Chester und Nele Harlan, Maria Körber, Christiane Kubrick, Jessica Jacoby
Felix Moeller setzt sich in seinem Dokumentarfilm nicht nur mit Veit Harlan, dem Regisseur
von JUD SÜSS, auseinander, sondern auch mit dessen Nachkommen und den Auswirkungen
von Harlans Schaffen auf deren Leben. Er erzählt die Geschichte des umstrittenen Regisseurs
in den Diensten von Joseph Goebbels, dessen Filme die Mentalität unzähliger Zuschauer
prägten und der seine Karriere dennoch auch nach dem Zweiten Weltkrieg fortsetzen konnte.
Ausführliche Interviews mit Veit Harlans Kindern und Enkeln und zahlreiche Filmausschnitte -
mit teilweise erstmalig zu sehendem Material aus dem Familienarchiv – verfolgen vor allem
auch das Schicksal der Harlan-Familie in der Nachkriegszeit und stellen die Frage nach dem
Einfluss der Vergangenheit auf das eigene Leben bis heute.
Quelle: Murnau Stiftung