Nächste DVD-Veröffentlichungen interessanter Filme der 20er-60er Jahre.


  • Aus dem Giftschrank gibt es immerhin "Die Degenhardts", eine Art Remake von F. W. Murnaus "Der letzte Mann", garniert mit einem ziemlich widerlichen Schluss.

    Also ich fand den Schluss sehr schön. Wenn ich mich recht entsinne, endet der Film doch mit Heinrich George und seiner Frau bei einsamen Weihnachtsfest und den Gedanken an die Familienmitglieder, die in der Rüstung schaffen bzw. an der Front sind.
    Wie anders hätte ein propagandistischer Film mit dieser Stoßrichtung auch enden sollen?
    Ich finde das sehr legitim und vernünftig.

  • Kriegspropaganda und Vernunft schließen sich eigentlich aus. Hier vermisst die Ehefrau den Sohn, der an der Front ist, und Heinrich George erklärt im Predigertonfall, dass schon alles seine Ordnung habe: Denn selbst wenn mal einer für immer von uns geht, kommt ja ein anderer nach. Tröstlich finde ich das nicht.

  • Kriegspropaganda und Vernunft schließen sich eigentlich aus. Hier vermisst die Ehefrau den Sohn, der an der Front ist, und Heinrich George erklärt im Predigertonfall, dass schon alles seine Ordnung habe: Denn selbst wenn mal einer für immer von uns geht, kommt ja ein anderer nach. Tröstlich finde ich das nicht.

    Nein?
    Das hat in der Logik der Zeit schon seine Richtigkeit, denke ich.

  • Ich denke um die damalige Zeit bzw. die Filme zu verstehen ist es sinnvoll nicht nur zu verurteilen, sondern den Versuch zu starten, zu verstehen, warum es so war bzw. etwas so gemacht wurde. Nur so kann man die damalige Zeit, die damaligen Filme und die Intentionen verstehen, ohne das natürlich gut heißen zu müssen. Ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir in den damaligen Umständen aufgewachsen wären, anders gedacht hätten, als wir es heute tun.


    Es ist sehr begrüßenswert, dass es wieder neue DVD-Veröffentlichungen zu alten deutschen Filmen gibt. Denn in letzter Zeit wurde es ein wenig ruhig in dieser Hinsicht.


    Zu "Morgenrot" (Morisel) gibt es leider keine neuen Infos:
    http://morisel.de/seiten/dvd/index.html


    Bei Spirit Media war "Ungeküßt soll man nicht schlafen gehen" im März 2012 die letzte Veröffentlichung der "Schätze des deutschen Tonfilms-Reihe". Neue Ankündigungen sind bislang keine zu finden.

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Ein wahrer Grund zur Freude! Auch die Inhaltsbeschreibung der Filme liest sich sehr vielversprechend! Und es wird (hoffentlich kommt nichts dazwischen), ein Stummfilmepos veröffentlicht, das schon zu seiner Entstehungszeit kein Kassenschlager war.


    Auszug aus einer Filmkritik von 1928 zum 2.Teil:

    Zitat

    (...)Im einzelnen auf die Qualitäten der Inszenierung einzugehen, würde zu weit führen. Es bleibt in summa die unerhört feinsinnige, beschwingte, stilsichere, auf Bilder-Rhythmus und Ausdruckskunst gestellte Regieleistung als eine Arbeit vorbildlicher Art festzustellen. Unter seiner Führung ist Otto Gebühr über sein bisheriges Format hoch hinausgewachsen. Seine Gestaltung des alternden bis zum absterbenden Friedrich ist eine der besten Leistungen filmischer Menschendarstellung überhaupt. Hier gibt es keine Pose, keinen äußeren Effekt. Äußerste, beherrschteste Ökonomie eines von innen heraus gestaltenden, durchaus schöpferischen Spiels zaubern die vollkommene Illusion eines Menschen.


    Auch die zahllosen Gestalten um Friedrich herum sind bis zur kleinsten Charge von Lamprecht zu überzeugendem Leben geformt. Kein noch so kleiner Auftritt ohne eine persönliche Nuance und ohne eine innere Notwendigkeit und Beziehung zum Ganzen. Es erübrigt sich, einzelne Namen zu nennen. Die Personen fließen mit der Szene zusammen, werden mit ihr und in ihr zum farbigen, atmenden Bild. Selten sah man in einem Film durchweg eine Bildgestaltung von dieser Vollkommenheit, von dieser Kultur. Es ist eine Welt durch ein Malerauge gesehen. Hier ist man dem Photographen Karl Hasselmann und dem Architekten Otto Moldenhauer die Nennung ihrer Namen als Mitschöpfer schuldig.

    (Hans Wollenberg, Lichtbild-Bühne, Nr. 20, 23.1.1928 )
    In anderen Kritiken wird z.B. das Fehlen des "Fridericus"-Marsches und des Pomps bemängelt. Auch Herr Wollenberg mußte sich wohl erst in die Inszenierung hinenfinden (Siehe Kritik zum ersten Teil in filmportal.de)

  • Das stimmt erst einmal. Von den "Preußenfilmen" (hier nur die Tonfilme) fehlen jedoch noch einige, die noch auf eine DVD- Veröffentlichung warten:
    1. Luise - Königin von Preußen, Regie: Carl Froelich
    2. Yorck, Regie: Gustav Ucicky
    3. Die elf Schill'schen Offiziere, Regie: Rudolf Meinert
    4. Trenck, Regie: Heinz Paul
    5. Marschall Vorwärts, Regie: Heinz Paul
    6. Schwarzer Jäger Johanna, Regie: Johannes Meyer
    7. Das schöne Fräulein Schragg, Regie: Hans Deppe
    8. Der Katzensteg, Regie: Fritz Peter Buch
    9. Das Fräulein von Barnhelm, Regie: Hans Schweikart
    10. Kadetten, Regie: Karl Ritter
    11. Die Affäre Rödern, Regie: Erich Waschneck


    "Yorck", "Die elf Schill'schen Offiziere" und "Marschall Vorwärts" sollen wohl verschollen sein, "Schwarzer Jäger Johanna" sowie "Die Affäre Rödern" sind vor Jahren auf VHS erschienen; "Das schöne Fräulein Schragg" läuft seit Jahren auf dem Heimatkanal rauf und runter.

  • Hier das Titelbild:



    Informationen von der Webseite:

    Zitat


    Spielfilm, Deutschland 1933. Drama einer U-Boot-Besatzung während des Ersten Weltkriegs. Neue digitale Abtastung des UFA-Klassikers. Erstveröffentlichung als DVD! Der Film wird vom Originalnegativ 35mm in 2 K gescannt. Die Tonbearbeitung erfolgt vom Tonnegativ. Länge 81 Minuten bei 25 Bilder/Sek.

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    Konfizius

  • Die FSK-Einstufung ab 18 ist natürlich mal wieder besonders fragwürdig. Jugendlichen kann man man anscheinend die "Deutsche Todessehnsucht" nicht zumuten. Befürchtet man etwa eine neue Selbstmordwelle wie beim Erscheinen von Goethes "Werther"?
    Sehr positiv finde ich, daß dieser Film endlich in der bestmöglichen Qualität erscheint.

  • Danke für die schnelle Antwort.
    Aber trotzdem bin ich nicht ganz zufrieden, was die Auswahl der Kauf-DVD`s betrifft.
    Diese Firma kannte ich bisher noch nicht und so wäre mir diese DVD durch die Lappen gegangen.
    Es gibt ja unzählige Firmen, die Kauf-DVD`s herausgeben - wie soll davon der Endverbraucher erfahren?
    Es gibt ja kein zentrales Register und oftmals fällt, mir jedenfalls, ein Titel erst ein, wenn ich ihn auch lese.


    Obwohl ich die ungeschnittene Fassung schon habe, bin ich doch immer wieder an eine Qualitätsverbesserung interessiert.


    Nebenbei muß ich aber noch betonen, daß Du und Alexa immer wieder für Überraschungen gut seit, was Neuveröffentlichungen oder TV-Ausstrahlungen betrifft. Da habe ich schon so manchen Film entdeckt.

  • Morisel machen bisher eigentlich eine ganz gute Figur, finde ich. Sie konzentrieren sich zwar auf Filme mit historischem Sujet wie "Danton", "Der Choral von Leuthen" oder eben "Morgenrot", die eigentlich gar nicht mal unbedingt mein zentrales Interesse sind, aber immerhin: schön, daß es überhaupt ein Label gibt, das deutsche Filme dieser Zeit in qualitativ hochwertigen Veröffentlichungen herausbringt. Bei "Morgenrot" befürchte ich, daß die FSK18-Freigabe es schwerer machen wird, den Film zu bekommen. Bei amazon muß man die ja per Einschreiben mit den entsprechenden Mehrkosten bestellen, und andere Online-Versender haben solche Filme gar nicht.


    Wie auch immer, ich hoffe, daß Morisel am Ball bleiben werden. Im Rahmen der 'historischen' Filme wünsche ich mir dringend Veröffentlichungen von "Flüchtlinge" oder "Die letzte Kompanie".

  • Ich denke um die damalige Zeit bzw. die Filme zu verstehen ist es sinnvoll nicht nur zu verurteilen, sondern den Versuch zu starten, zu verstehen, warum es so war bzw. etwas so gemacht wurde. Nur so kann man die damalige Zeit, die damaligen Filme und die Intentionen verstehen, ohne das natürlich gut heißen zu müssen. Ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir in den damaligen Umständen aufgewachsen wären, anders gedacht hätten, als wir es heute tun.

    Ich will noch mal kurz auf das eingehen, was du hier schreibst, Sebastian. Ich will dich darin absolut unterstützen. Ich hab mich über ein Jahr mit einer Biographie aus dem Dritten Reich beschäftigt. Man muss extrem aufpassen. Wir tun uns sehr leicht darin, jemanden zu verurteilen, weil wir das Dritte Reich aus der Distanz kritisch betrachten können. Das konnte damals niemand. Aber in einer Hinsicht sind wir uns zwangsläufig alle gleich: Jeder von uns kann mal seine Werte, für die er sich jetzt auch engagiert einsetzt, in ihrer Entstehung und auch späteren Prägung zurückverfolgen. Irgendwann kommen wir alle an einen Punkt, den wir nicht mehr beurteilen können. Das kann ein zufälliges Ereignis sein oder Erzählungen oder was auch immer. Aber das hat alles in Gang gesetzt. Und spätestens da müssen wir darauf vertrauen, dass wir die richtigen Schlussfolgerungen gezogen haben.
    Ich hatte einige Gespräche mit einer Person, die immer wieder betont hat, wie dumm die Leute waren, die damals nicht emigriert sind und später verfolgt wurden. Er sei sich sicher, er wäre emigriert, denn er kenne seine Einstellung. Was er da sagt, ist nicht in Ordnung. Seine Einstellung ist höchstwahrscheinlich fast nur von dem geprägt, was nach dem Dritten Reich passiert ist, denn er ist irgendwann um 1965 geboren.
    Das hört sich jetzt vielleicht sehr besserwisserisch an, aber es ist mir sehr wichtig. Als ich mich mit der Biographie im Dritten Reich beschäftigt habe, habe ich nur versucht, die Handlungen der Person nachzuvollziehen. Und ich habe meine Schlussfolgerungen für die Zukunft daraus gezogen. Aber der Mensch selber ist dabei kaum ins Zentrum gekommen. Das war auch für seine Angehörigen extrem wichtig, denn sie haben seit Jahrzehnten sehr darunter gelitten, dass zu schnell vorverurteilt wurde.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

    3 Mal editiert, zuletzt von Austernprinzessin ()

  • Ich kann Dir vollkommen Beipflichten, Conrad. Das Problem ist dass diese Problematik scheinbar kaum jemand versteht oder nachvollziehen kann/will (vielleicht weil es gemütlicher ist einfach zu urteilen?). Ich lese im Moment ein spannendes Tagebuch aus der Zeit von 1934 bis 1939 und die meisten Leute wären erschüttert, wenn sie lesen würden wie Hitler von der jungen Frau verehrt wurde, aber die Frau kannte natürlich nicht die Ansichten auf diese Zeit, die heute gepflegt werden. Sie hat ihre Meinung durch die damaligen Medien, die damaligen Umstände und die eigenen Erfahrungen gesammelt. Das Problem ist, dass vieles heute so gedreht wird, dass es leicht zu schlucken ist, also schwarz/weiss denken usw. Hitler der Demagoge, das verführte und gehässige Volk usw. Aber dass kaum jemand Lust auf einen Krieg hatte, dass es nicht einfach nur einen "Überfall" gab, sondern über Monate bzw. im Grunde sogar Jahrelange Verhandlungen dahinter steckten und dass in den Reden und der Propaganda nur von den Friedensbemühungen des "Führers" gesprochen wurde und die Untergrabungen dieser Bemühungen des Auslandes, sieht man heute natürlich nicht mehr, weil man dafür einfach sehr tief in die Materie eintauchen müsste.


    Gerade bei Eckpunkten die heute besonders kritisch betrachtet werden, finde ich die individuellen Brief- und Tagebuchaussagen von damals besonders spannend.


    z.B.


    - Einführung der Wehrpflicht ("Der Führer ist besorgt" / oder im Sinne von "Wir müssen wieder wehrfähig werden damit die Knechtung/unterdrückung aufhört")


    oder das heiße Eisen:


    - Totaler Krieg, hier habe ich zwei Zitate bereits veröffentlicht: http://geschriebene-geschichte…39-1945-totaler-krieg.htm


    Da sieht man dass es bei den Leuten (zumindest den Beispielen zu denen ich bislang Aussagen gefunden habe) jetzt nicht um Totale Vernichtung von Städten oder Völkern ging, sondern, dass der Krieg endlich bald zu Ende sein wird.


    Das nur mal als Beispiel für das 3. Reich. Über die DDR, BRD, USA usw. kann man solche Beispiele ebenfalls bringen. Die Geschichte bzw. das Leben ist einfach zu komplex und hat zuviele Facetten um so etwas schlicht und pauschal zusammenfassen zu können.


    Das ist aber ein Thema, zu dem wir eigentlich direkt ein neues Thema beginnen können, falls noch jemand darauf eingehen möchte.

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius