Heinz Rühmann

  • Was ich gefunden habe, weiß aber nicht, ob es den Tatsachen entspricht:

    Um seine Karriere nicht zu beeinträchtigen, lässt sich Rühmann auf Druck von Joseph Goebbels von seiner jüdischen Frau scheiden. Die Trennung vollzieht sich im beiderseitigen Einvernehmen, da die Ehe bereits zuvor zerrüttet war. Nach ihrer Auswanderung nach Schweden unterstützt Rühmann seine Ex-Frau finanziell weiter.

    https://www.dhm.de/lemo/biografie/heinz-ruehmann

  • Also ich mag Rühmann als Schauspieler ach sehr gern und will ihn menschlich nicht verurteilen, zumal man nie weiß, wie man sich selber unter ähnlichen Umständen verhalten hätte. Aber ganz so leicht sollte man ihm es nicht machen. Theo Lingen fuhr persönlich zur Gestapo, um seine jüdische Schwiegermutter zu befreien, Hans Albers arrangierte für seine jüdische Geliebte eine Scheinehe, Hans Moser weigerte sich bis zum Schluss, sich von seiner jüdischen Frau scheiden zu lassen. Und diese Leute waren ja nicht gerade weniger prominent als Rühmann. Selbst diejenigen, die weniger prominent waren, wie zB der Sänger Alexander Flessburg, der ab 1933 auch zahlreiche Herms Niel Märsche ins Mikrophon gröhlte, trennte sich nicht von seiner jüdischen Frau Frieda Weber-Flessburg. Sie lebten in priviligierter Mischehe, bis er verstarb und die arme alte Frau dann doch noch kurz vor Kriegsende deportiert und ermordet wurde. Es gibt also nur zwei prominente Beispiele für Leute, die nicht den Mut besaßen, sich in dieser Frage standhaft zu zeigen (außer man zählt Erwin Bootz von den Comedian Harmonists mit, dann sind es drei): Gustav Fröhlich und Heinz Rühmann. Ich mag sie beide gern in Filmen, aber menschlich waren sie halt feige, was will man da schön reden?

  • Nun wir können uns nicht mehr in diese Zeit versetzen, und auch nicht, ob er feige war. Wir wissen es nicht sicher.

    Doch er hielt solange an der Ehe fest, bis er seine Frau in Sicherheit wußte. Er hatte sie auch noch unterstützt als sie schon in Schweden war.

    Zitat

    Von den Nazis wegen seiner jüdischen Ehefrau unter Druck gesetzt, hielt er jedoch so lange an der Ehe fest, bis Maria Bernheim in Sicherheit war.

    http://www.spiegel.de/sptv/reportage/a-184455.html

  • Ich mag sie beide gern in Filmen, aber menschlich waren sie halt feige, was will man da schön reden?

    Bist du "feige", wenn du tust, was andere von dir erwarten?

    Oder bist du feige, wenn du gegen dich selbst handelst?


    Zitat

    Heinz Rühmann selbst rettete „Die Feuerzangenbowle“, indem er mit einer Aufführungskopie zum Führerhauptquartier Wolfsschanze fuhr. Dort wandte er sich an Hermann Göring, der über Adolf Hitler und Joseph Goebbels die Freigabe erwirken konnte.

    Mit deiner Ansicht müsstest du (und andere) die Feuerzangenbowle in die Tonne treten und nie wieder anschauen. Da nutzt dann auch nicht die Ausrede "Mensch Unterschied Werk".


    Zitat

    Erst 1938, als die Rettung und weitere Versorgung seiner Frau gesichert war, kam es zur Trennung. Rühmann heiratete wieder, die "Vierteljüdin" Hertha Feiler.

    Zitat

    Auf der anderen hielt er seinen jüdischen Freunde die Treue, versteckte bis Kriegsende einen jüdischen Regieassistenten in seinem Produktionsteam und kämpfte fast mit Erfolg für seinen Mitarbeiter Erich Knauf, den der Volksgerichtshof wegen Zersetzung zum Tod verurteilt hatte.

    Ich glaube mittlerweile viel eher, dass bis heute viele der Propaganda zum Opfer gefallen sind. Selbst im Fall Rühmann.

  • Mit deiner Ansicht müsstest du (und andere) die Feuerzangenbowle in die Tonne treten und nie wieder anschauen. Da nutzt dann auch nicht die Ausrede "Mensch Unterschied Werk".

    Also ich fand den Film ehrlich gesagt immer äußerst überbewertet (damit setze ich mich hier bestimmt ganz schön in die Nesseln :D ). Aber selbst wenn es sich um einen anderen Film handeln würde, den ich mehr schätze, finde ich es problematisch den Einsatz für die Aufführung eines Films gegen eine menschliche Existenz aufzuwiegen. Ich hab ja Rühmanns und Fröhlichs Autobiographien hier im Regal stehen. Beide Bücher sind übrigens äußerst unterhaltsame Lektüren, wobei Gustav Fröhlichs Buch fast schon pornographische Kapitel enthält... Was aber beide machen, wenn sie auf ihre jüdischen Frauen zu sprechen kommen, sie suchen Rechtfertigungen. Wenn sie sich nichts vorzuwerfen gehabt hätten, hätten sie auch schreiben können: "Ich hab mich falsch verhalten, es waren schwere Zeiten, es tut mir leid". Dafür hätte jeder Verständnis gehabt. Ich glaube nicht, dass Rühmann Nazi war, ich glaube nichtmal, dass Wolf Albach-Retty Nazi war, obwohl er schon sehr früh ein Förderer der SS gewesen sein soll. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass man auch zur damaligen Zeit eine Wahl hatte, wie man sich gegenüber dem Regime verhält. Man konnte den radikalen Weg wählen, wie Robert Stolz, der obwohl er kein Jude war, Deutschland 1933 verließ, oder man konnte eben, um seine Karriere zu sichern, Freunde, Kollegen und eben auch Ehefrauen fallen lassen. Die Rechnung ging ja auch auf, wer weiß, ob Rühmanns Karriere nach dem Krieg so problemlos weitergelaufen wäre, wenn er in en 30er Jahren Auftrittsverbot gehabt und vom Publikum vergessen worden wäre? Aber die Beispiele Moser, Albers und Lingen zeigen eben, dass es sich zumindest moralisch lohnt, gewisse Risiken einzugehen. Spekulationen über ihre Integrität erübrigen sich so zumindest.

  • Also ich fand den Film ehrlich gesagt immer äußerst überbewertet (damit setze ich mich hier bestimmt ganz schön in die Nesseln :D ).

    Nicht bei allen. Rühmann hat sicher bessere Filme gemacht. Aber ich glaube nicht, dass diese Filme das waren, was man 1944 hätte sehen wollen.


    Zitat

    Was aber beide machen, wenn sie auf ihre jüdischen Frauen zu sprechen kommen, sie suchen Rechtfertigungen. Wenn sie sich nichts vorzuwerfen gehabt hätten, hätten sie auch schreiben können: "Ich hab mich falsch verhalten, es waren schwere Zeiten, es tut mir leid". Dafür hätte jeder Verständnis gehabt.

    Das wäre zu hoffen, aber es war eine schwierige Zeit, man wusste nicht, wie es ausgehen würde. Man war bei jedem Verhalten immer der Gefahr ausgesetzt, dass man später gefragt wird, ob man alles richtig gemacht habe. Und man wusste nicht, ob es überhaupt ein später gab. Es sollte ein 1000-jähriges Reich werden. Würde man das überleben...?


    Zitat

    Ich glaube nicht, dass Rühmann Nazi war, ich glaube nichtmal, dass Wolf Albach-Retty Nazi war, obwohl er schon sehr früh ein Förderer der SS gewesen sein soll. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass man auch zur damaligen Zeit eine Wahl hatte, wie man sich gegenüber dem Regime verhält. Man konnte den radikalen Weg wählen, wie Robert Stolz, der obwohl er kein Jude war, Deutschland 1933 verließ, oder man konnte eben, um seine Karriere zu sichern, Freunde, Kollegen und eben auch Ehefrauen fallen lassen. Die Rechnung ging ja auch auf, wer weiß, ob Rühmanns Karriere nach dem Krieg so problemlos weitergelaufen wäre, wenn er in en 30er Jahren Auftrittsverbot gehabt und vom Publikum vergessen worden wäre? Aber die Beispiele Moser, Albers und Lingen zeigen eben, dass es sich zumindest moralisch lohnt, gewisse Risiken einzugehen. Spekulationen über ihre Integrität erübrigen sich so zumindest.

    Auch Marlene Dietrich hat dem Regime konsequent den Rücken zugewandt und hat dafür nach dem Krieg viele Vorwürfe hinnehmen müssen. Ich glaube auch, das Rühmann Fehler gemacht hat, weil er sich nicht eindeutig distanzierte. Das galt ja auch für Johannes Heesters, der wieder einen anderen Weg ging. Auch er hatte mit den Nazis nichts am Hut, bleib aber in Deutschland, trotz Auftrittsverbots in Berlin.


    Ich gebe zu, ich wäre auch feige gewesen, und zwar so feige, dass ich das Land verlassen hätte, egal wohin! Aber offen Feigheit zuzugeben - dazu gehört viel Mut.

  • Ich gebe zu, ich wäre auch feige gewesen, und zwar so feige, dass ich das Land verlassen hätte, egal wohin! Aber offen Feigheit zuzugeben - dazu gehört viel Mut.

    In diesem Fall ist das glaube ich nicht die Definition von Feigheit. Das Land zu verlassen oder zu bleiben, konnte damals über Leben und Tod entscheiden. Aber bei "arischen" Schauspielern, die nun partout gegen das Regime waren, war die Frage existenzieller Natur. Würden Sie im Ausland weiterhin als Schauspieler arbeiten können? Könnten sie ihren Lebensstandard halten? Obwohl in der Anfangszeit den jüdischen Menschen auch nicht viel anderes durch den Kopf gegangen sein dürfte, denn ich denke, dass vor 1938 niemand ernsthaft damit rechnete, an Leib und Leben gefährdet zu sein. Aber ansonsten gebe ich dir vollkommen Recht, Marlene Dietrich habe ich natürlich vergessen zu erwähnen, aber sie hatte es etwas bequemer, denn ihre Karriere in USA war zum Zeitpunkt der Machtergreifung zumindest schonmal gesichert. Was aber nicht über die anderen Probleme hinwegsehen lässt, zB seine Mutter in Berlin zurücklassen zu müssen etc. Es geht mir hier ja auch nicht darum, dass Andenken hervorragender Schauspieler zu beschmutzen. Aber wir sollten unsere geliebten Stars halt auch nicht zu sehr idealisieren. Sie waren Menschen, sie hatten Schwächen und Stärken, manche handelten primär eigennützig, andere nutzten ihren Einfluss, um anderen zu helfen, dabei immer ein persönliches Risiko eingehend. Also alles typische Eigenschaften eines vollkommen normalen, nicht perfekten Menschen. Aber ein Verbrecher war keiner von ihnen, da gab es andere...

  • Ich weiß nur, wäre ich an Rühmanns Stelle gewesen, hätte ich spätestens ab 1939 keine Filme mehr gedreht und hätte versucht, wegzukommen. Die Selbstachtung wäre mir wichtiger als materielle Existenz. Denn was nützt mir der Ruhm, wenn ich nicht der sein kann, der ich bin.


    In anderen totalitären Systemen dürfte das ähnlich sein. Manche glauben, man könne sich damit arrangieren. Heinz Rühmann konnte das wohl auch, eben weil er es sich auch erlauben durfte.

  • Für Rühmann stand ganz klar fest, hier in Deutschland zu bleiben. Er hatte auch keine Alternative und außerdem fühlte er sich verpflichtet sein Publikum zu unterhalten bzw. vom Kriegsalltag abzulenken. Außerdem galt Hertha Feiler damals als "Vierteljüdin" aber das wurde geduldet da sie Rühmanns Gattin war und noch dazu eine sehr beliebte und talentierte Schauspielerin.


    "Mein wichtigstes Lebensmotto war immer: Treue. Auch mir selbst gegenüber."
    (Heinz Rühmann, 1902-1994, Schauspieler)


  • Ich weiß nur, wäre ich an Rühmanns Stelle gewesen, hätte ich spätestens ab 1939 keine Filme mehr gedreht und hätte versucht, wegzukommen. Die Selbstachtung wäre mir wichtiger als materielle Existenz. Denn was nützt mir der Ruhm, wenn ich nicht der sein kann, der ich bin.


    In anderen totalitären Systemen dürfte das ähnlich sein. Manche glauben, man könne sich damit arrangieren. Heinz Rühmann konnte das wohl auch, eben weil er es sich auch erlauben durfte.

    Ja jeder Mensch ist anders. Rühmann wusste wie er mit den Hohen Tieren in der Partei umgehen konnte und stand in Hitlers Gunst an 1. Stelle. Das war sein Glück. Rühmann machte das sehr geschickt wie er auch in einem Lied der Zeit besingt "Ich mach das alles nur mit einem Lächeln"... ;) Gottseidank blieb Rühmann hier. Traurig nur dass seine Frau Hertha Feiler vor seinen Augen von Russen mehrmals vergewaltigt wurde... Das musst man erst mal aushalten...


    "Mein wichtigstes Lebensmotto war immer: Treue. Auch mir selbst gegenüber."
    (Heinz Rühmann, 1902-1994, Schauspieler)