Überreichweitenempfang

  • Heute mittag habe ich etwas interessantes erlebt, was ich sonst nur vom Hörensagen kannte. Ich war mit meinem Auto im nordhessischen Raum unterwegs und hatte das Autoradio an. Dabei habe ich zum ersten Mal einen Überreichweitenempfang gehabt. Normalerweise reichen UKW-Signale ja nicht sehr weit, in der Regel nur so weit, wie die optische Sichtweise vom Sender aus ist, maximal 200 km. Aber manchmal gibt es aufgrund besonderer atmosphärischer Bedingungen sogenannte Überreichweitenempfänge geben. Heute mittag hatte ich auf 89,1 MHz im Wechsel zwei spanische (!) Radiosender empfangen, vielleicht sogar noch einen dritten. Es handelte sich dabei hauptsächlich um den Sender "Cadena Cien" aus Badajoz (Südspanien?), aber auch der Sender "Onda Cero" kam durch. Die Empfangsqualität schwankte, sie war aber streckenweise so gut, das sogar das RDS-Signal durchkam und der Empfang rauschfrei war. Sonst hätte ich ja den Sender nicht identifizieren können. Dieser Empfang hielt etwa eine halbe Stunde während der Fahrt an. Wer von euch kennt auch solche Überreichweitenerscheinungen, oder betreibt sogar jemand hobbymäßig Überreichweitenempfang? So etwas gibt es ja auch.

  • Ich habe natürlich auch gestern nicht schlecht gestaunt, als ich plötzlich einen spanischen Sprecher im Radio vernommen habe. Aber das Phänomen als solches war mir schon aus Berichten bekannt. Es gibt ja genug Leute, die Überreichweitenempfang als Hobby betreiben und den ganzen Tag über die UKW-Skala systematisch nach Fernempfängen absuchen. Gestern habe ich noch in einem anderen Forum gelesen, daß an diesem Tag viele spanische Sender in Deutschland über UKW empfangen werden konnten. Aber ich habe auch schon Berichte gehört, wo jemand sogar türkische Sender über UKW in Deutschland empfangen hat. Überreichweitenempfang gibt es übrigens auch im Fernsehen.

  • Sender aus Österreich können auch weit nach Bayern hereinstrahlen, wenn der Sender etwa auf einem hohen Berg steht. Aber wenn Du meinst, daß der Empfang von Radio Salzburg selten ist, dann war das wohl eine sogenannte "troposphärische Überreichweite". Diese treten häufiger bei herbstlichem oder winterlichem Nebelwetter auf. Dann reichen die Signale oft deutlich weiter als üblich, also einige hundert Kilometer.
    Jedoch den Empfang aus Spanien, den ich neulich hatte, das ist ein ganz anderes Phänomen. Das ist eine "ionosphärische Überreichweite". Hier werden die Signale in der oberen Atmosphäre reflektiert und sind dann sehr weit entfernt an bestimmten Punkten zu empfangen. Im Gegensatz zu troposphärischen Überreichweiten halten die ionosphärischen aber nur kurze Zeit an.

  • Angeblich wollen die das, aber ob sich das digitale Radio wirklich so schnell durchsetzen wird? Über Satellit und Kabel ist die Digitalisierung kein Problem, aber auch über Antenne? Momentan gibt es verschiedene digitale Radioformate, die miteinander konkurrieren und sich nicht unbedingt großer Beliebtheit erfreuen. Evtl. könnte DAB das Rennen machen. Aber ich glaube, das gute alte UKW-Radio wird uns noch eine Weile erhalten bleiben. Die Digitalisierung beim Fernsehen geht mit Sicherheit wesentlich schneller voran.

  • Die jetzige Wetterlage ist ideal für sogenannte troposphärische Überreichweiten. Bei diesem Hochdruckwetter mit Nebel und Temperaturinversionen (d.h. in der Höhe ist es wärmer als im Tal, gewöhnlich ist es umgekehrt) breiten sich UKW-Wellen besonders gut aus. Darum bin ich heute mittag mal mit meinem Radio rausgegangen und habe mal geschaut, was man an einem solchen Tag alles hereinbekommt. Nicht ohne Erfolg. Ich habe hier oberhalb von Marburg tatsächlich einen Radiosender aus Dänemark (!) in relativ guter Qualität empfangen können, es war der Sender DR P4. Aber auch ansonsten kamen teilweise Sender herein, die von ca. 250 km entfernten Standorten hereinkamen, z. B. von Leipzig oder Steinkimmen (Region Bremen). So konnte ich in Marburg z. B. Radio Regenbogen aus Baden-Württemberg oder Hitradio RTL Sachsen empfangen, was normalerweise natürlich nicht geht.

  • Die Sommerzeit ist meistens auch die Zeit der ionosphärischen Überreichweiten (oder auch Sporadic-E genannt, nach der E-Schicht in der Atmosphäre). Heute waren bis zum frühen nachmittag sehr gute Empfangsbedingungen auf UKW dafür. Ich hatte vorhin mehrere italienische und spanische Radiosender im unteren UKW-Band. Es war auch ganz kurz ein Empfang aus Nordafrika (Algerien oder Tunesien) dabei. So konnte ich z.B. hier in Marburg auf der 90,7 MHz über mehrere Minuten mehrere Telefoninterviews in einer italienischen Informationssendung verfolgen. Der Empfang dieser Sender war meist stark schwankend und teilweise nur sekundenweise, teilweise aber auch für kurze Zeit in rauschfreier Qualität. RDS konnte jedoch nicht ausgelesen werden.

  • Auch heute waren wieder einmal Überreichweitenempfänge auf UKW aus Südeuropa möglich und damit Ihr Euch vorstellen könnt, was das bedeutet und was wirklich möglich ist, stelle ich Euch einfach mal meine identifizierten Empfänge von heute am späten Nachmittag vor. Wie gesagt, alles ganz normal im Autoradio in Marburg in Hessen empfangen!


    Radiosender aus Spanien:


    88,2 RNE Radio Nacional
    88,2 RNE Radio Clasica
    88,8 RNE Radio 5
    88,9 COPE
    89,1 COPE
    89,8 Los 40 Principales
    89,9 Onda Cero
    90,4 Onda Cero
    92,6 Radio Voz
    93,0 RNE Radio Clasica


    Radiosender aus Portugal:


    88,9 Radio Comercial
    92,7 ERA FM
    92,8 RDP Antena 1


    Und das alles wurde in knapp einer Stunde empfangen, teilweise in einwandfreier Qualität wie einheimische Sender. Erstaunlich, oder?

  • Überreichweiten sind gerade im Sommer ganz normal, besonders nachts. Insbesondere Kurzwellen sind davon betroffen. Meist eine kurzzeitige Erscheinung, die lediglich ein paar Stunden anhält.


    Ende der 70er Jahre kam es in Deutschland zu dem monatelang andauerndem Phänomen, dass die italienischen CB-Funker (insbesondere diejenigen mit verstärktem Sender) hier so stark zu hören waren, dass der hiesige CB-Funk nicht mehr genutzt werden konnte. Selbst hierzulande ortsnah zueinander gelegene CB-Stationen konnten keine Verbindung mehr untereinander aufnehmen. Dabei benutzten die italienischen CB-Funker keine neuen, leistungsverstärkten 'Brenner' (Sendeverstärker), sondern ihre bisherigen, die schon seit Jahren im Einsatz waren und unter den bisherigen günstigen Bedingungen gerade mal die Nachbarländer erreichte. Bedingt durch erhöhte Sonnenfleckentätigkeit kam es aber dermaßen zu Überreichweiten, dass die CB-Funkwellen aus Italien sogar die CB-Funkwellen in Deutschland überlagerten. War zu dieser Zeit selbst CB-Funker mit Fest- und Mobilstation, bei Verbindungen über 2-3 km gab es damals schon Probleme, normalerweise waren bis zu 20 km problemlos möglich. Nachts bei hohem Standort, ruhigem Kanal und gutem Wetter sogar bis zu 50 km. Aktuell sind aber die wetterbedingten Bedingungen Ursache für Überreichweiten, denn die Sonnenfleckentätigkeit ist schon seit längerer Zeit beunruhigend niedrig.


    Ach ja, es gibt nicht nur Funkwellen, die sich durch die Luft bewegen, sondern auch in Bodennähe. Diese sogenannten Bodenwellen erzielen gelegentlich eine höhere Reichweite als die per Air - selbst bei denjenigen, die von der Ionosphäre zur Erde zurück reflektiert werden.


    "RTL macht im Gegensatz zur landläufigen Meinung nicht mehr Fernsehen, sondern Gewinn. Das Programm wird nur billigend in Kauf genommen."

    (Geert Müller-Gerbes, Journalist & TV-Moderator)


    "Die Zuschauer sind gar nicht so dumm, wie wir sie mit dem Fernsehen noch machen werden."
    (Hans-Joachim 'Kuli' Kulenkampff, Schauspieler & Quizmaster)


  • Das mit dem CB-Funk klingt sehr interessant, damit habe ich mich noch nicht beschäftigt. Interessierst Du Dich eigentlich auch für UKW-DX oder TV-DX oder hast Du Dich dafür interessiert? CB-Funk findet ja in einem ganz anderen Frequenzbereich statt (um 27 MHz herum). Darum ist der CB-Funk relativ schnell von ionosphärischen Überreichweiten (Sporadic-E) betroffen, er kommt ja auch frequenzmäßig direkt nach dem kürzesten Kurzwellenband, wo die Raumwelle ja noch der Normalfall ist. Dann kommt ja das VHF-Band I, in dem (analoges) Fernsehen ausgestrahlt wird bzw. wurde. In Deutschland hat man das VHF-Band I ja schon geräumt, so daß DXer dort nun bessere Möglichkeiten haben, vor allem osteuropäische und südeuropäische Fernsehsender während den Sommermonaten zu empfangen. Besonders häufig dabei ist TVE 1 aus Spanien, RAI Uno oder auch Pervij Kanal aus Rußland. Manchmal kommt aber auch der Iran oder Syrien durch. Ich selber beschäftige mich aber nicht mit TV-DX, sondern hauptsächlich mit UKW-DX. Das mache ich immer mit dem Autoradio, weil bei mir zuhause der Empfang so schlecht ist.


    Hier gibt es übrigens eine Übersichtskarte, auf der man sich die Verbreitung von Sporadic-E-Wolken in Europa in Echtzeit anschauen kann:


    http://www.vhfdx.net/spots/map.php?Frec=MUF


    Und in diesem Forum werden regelmäßig Empfangsberichte für Überreichweiten (sowohl Sporadic-E als auch wetterbedingte, troposphärische Überreichweiten oder einfach nur "Tropo" genannt) erstattet:


    http://forum.mysnip.de/list.php?12097


    Ich bin dort auch unterwegs und zwar unter dem Namen "Lahnwelle".


    Was mich mal interessieren würde, machen sich im CB-Funk denn auch troposphärische Überreichweiten bemerkbar?

  • Selbstverständlich gibt es auch im CB-Funk troposphärische Überreichweiten. So gab es je nach Wetterlage auch den Effekt, dass die Funker einer anderen Stadt oder sogar eines anderen Landes so stark in das eigene Gebiet hereinkamen, dass man selbst kaum funken konnte - im Grunde das Gleiche, was auch durch Sonnenfleckentätigkeit auftrat. In dieser Hinsicht konnte man früher öfter skandinavische 'Kollegen' hören, ob das heute noch so ist, weiß ich nicht, da ich schon lange nicht mehr funke. Bei erhöhter Sonnenfleckentätigkeit waren es eher die südeuropäischen Breaker, die einen lokal 'platt machten'.


    Offensichtlich wurden aber in beiden Fällen die Reflexionseigenschaften bestimmter atmosphärischer Schichten entsprechend beeinflusst, um diesen Effekt hervorzurufen. Nach meiner Erfahrung sind tropospärisch bedingte Überreichweiten im KW-Bereich aber eher nachts zu beobachten, tagsüber sind die Reflexionseigenschaften in den Schichten der Ionosphäre weitaus ungünstiger. Liegt vielleicht auch daran, dass der 27MHz-Bereich gerade noch so eben im Reflektionsbereich liegt. Bin jetzt kein Fachmann, aber als CB-Funker bekam man mit der Zeit automatisch einiges mit, zumal man ja die Antenne optimal ausrichten wollte und sich daher auch selbst mal kundig machte, was es mit der sogenannten 'Stehwelle' auf sich hatte. Der Rest war halt "im Informationspaket mit enthalten", wenn ich mal so sagen darf.


    Zwischen 1973 und 1975 war ich Radio-DXer - also direkt vor meiner Breakerzeit 1975 bis 1982. War interessant, kostete nur etwas Briefporto und Zeit. Und man bekam Zeitungen und Infos aus den verschiedensten Ländern. Begehrt waren die Wimpel der Sender, da sie auch nur selten abgegeben wurden. Man musste schon mehrmals die Empfangsberichte zu demselben Sender hinschicken, bevor man damit rechnen durfte, einen zu erhalten. Den besten Empfang hatte ich mit einem alten dicken Röhrenradio von Löwe mit 'Auge'. Wegen des erstklassigen Lautsprechers konnte man selbst bei schwierigen Sendern noch etwas heraushören. Die danach genutzten moderneren Geräte konnte man alle 'in die Tonne kloppen'.


    TV-DX hatte ich nie betrieben. Ich konnte lediglich in Dortmund die regelmäßig ausgestrahlte Amateur-TV-Rundsendung aus Unna empfangen, die Sonntagvormittags über den Sender Schwerte ausgestrahlt wurde (auf dem Turm war ein Relais). Aber auch nur, weil ich bei meinem alten Fernseher die Frequenz noch mit einem Drehrad einstellen musste/konnte - Amateur-TV war direkt am Skalenrand.


    "RTL macht im Gegensatz zur landläufigen Meinung nicht mehr Fernsehen, sondern Gewinn. Das Programm wird nur billigend in Kauf genommen."

    (Geert Müller-Gerbes, Journalist & TV-Moderator)


    "Die Zuschauer sind gar nicht so dumm, wie wir sie mit dem Fernsehen noch machen werden."
    (Hans-Joachim 'Kuli' Kulenkampff, Schauspieler & Quizmaster)


  • Gestern gegen 18 Uhr gab es herrliche Überreichweiten auf UKW, es kamen massenhaft Radiostationen aus Tunesien und Algerien herein, viele davon in einwandfreier Qualität. Es wurde fast auf dem gesamten UKW-Band arabisch gesprochen! Bei den tunesischen Sendern kam oft sogar die RDS-Kennung durch, was das identifizieren erleichtert. Hingegen die algerischen Sender haben überhaupt kein RDS.
    Heute mittag kamen einige Spanier herein.