So rächt die Sonne (D, 1915)

  • Zunächst eine Klarstellung: "So rächt die Sonne" wird aus irgendeinem Grund online durchgehend "So rächt sich die Sonne" genannt, allerdings lautet der Titel der Kopie eindeutig "So rächt die Sonne".

    Der Film ist besonders interessant, als hier der meines Wissens einzige online für uns greifbare Auftritt Leontine Kühnbergs vorliegt. Man war sich ihres Starstatusses selbstverständlich bewusst, und so muss der Fan beinahe bis zur Hälfte des Films warten, bis er sie zum ersten Mal zu Gesicht bekommt.

    Es handelt sich um ein Melodram über einen Wirt, der einen erfolgreichen Spielmann tötet, um das Geld für die Behandlung seiner kranken Frau zu bekommen und dadurch zu einem reichen Mann wird. Allerdings holt ihn der Fluch des Sterbenden, "Die Sonne wird mich rächen", eines Tages ein. So weit, so vorhersehbar ;) Der Film gewinnt durch die hervorragende Kameraarbeit (Axel Graatjaers? Seine Mitarbeit ist nicht gesichert), die die Kulissen und Emotionen hervorragend ins Bild setzt. In Zusammenarbeit mit der Regie William Wauers werden diese wundervoll in Szene gesetzt, was die Stimmung der Natur und der Gebäude heute immer noch erlebbar werden lässt. Hell-Dunkel-Effekte und Mise en Scène konstruieren das Filmbild nicht nur bis ins Kleinste durch, sondern verleihen ihm bisweilen eine Tiefenschärfe, die fast an 3D-Effekte erinnern lässt.

    Die Schauspielernamen sind leider nur teilweise bekannt. Hermann Vallentin ist versteckt hinter einer Unmenge an Barthaaren und nimmt aus heutiger Sicht allzu häufig Zuflucht zu aufgerissenen Augen und und offenem Mund. Im Prinzip gilt das auch für alle anderen Darsteller. So entgeht auch Frida Richard diesem Schicksal nicht ganz. Sie ist allerdings durch ihr individuelles Charisma immer noch unverkennbar und hinterlässt einen starken Eindruck. Leontine Kühnberg hat ebenso eine sehr individuelle Ausstrahlung und ist in der Lage, ihre Emotionen durch ein Jahrhundert hindurch auf die heutigen Bildschirme zu übertragen. Insbesondere zwei unbekannte Darsteller, die treffsicher ausgewählt wurden, verdienten darüber hinaus eine genauere Untersuchung, nämlich der Darsteller des Arpad, des Freunds der Tochter des Mörders, sowie eine Kinderdarstellerin, die die Tochter, Aranka, als Jugendliche spielt.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)