Schloss Vogeloed (D 1921)

  • Gestern kam er an und heute sofort in den Player. Einer der frühesten, erhaltenen Stummfilme von F.W.Murnau von 1921.

    Nach all den expressionistischen Exaltationen im Spiel, die ich in der letzten Zeit gesehen habe, mal eine sehr angenehme Ausnahme. ^^

    Eine Mischung aus Kammerspiel und Krimi, den auf Wikipedia angekündigten Horrorfilm habe ich nur in Ansätzen entdeckt. Bis auf ein leichtes Zucken der Kamera, was man gutwillig als Schwenk ansehen könnte, wurde alles ganz statisch fotografiert. Dazu eine sehr geometrisch-sachliche Innenausstattung (es gibt nur wenige Szenen in der Natur) und eine fast choreografierte Personenführung im Raum. Das Leben auf Schloss Vogeloed ist eben streng gegliedert. Und trotzdem bebt es allerortens. Die Kamera hält ja durchaus Distanz, arbeitet viel mit Totalen, setzt Tiefenschärfe ein, um alle Personen gleichzeitig beobachten zu können. Und dann im entscheidenden Moment gibt es die Großaufnahme, um die Person aber auch sofort wieder zu verlassen, wenn der emotionale Höhepunkt der Szene vorbei ist. Wir bleiben also eher Beobachter, aber vor uns entfaltet sich in Spiel und Choreographie der Personen im Raum, durch Licht und Dekor, durch Schnitt, Montage und Viragierung das Geschehen und es ist unglaublich spannend. Letztlich ein Whodunnit, aber unglaublich gut serviert.

    Es ist nicht Murnaus Meisterwerk, aber man spürt in einem fort die Hand eines Meisters. Absolut sehenswert!

  • Vogel Specht Wenn wir hier so weitermachen, bekommen wir auch ohne das Stummfilmforum ein recht gutes Archiv an Stummfilmkritiken hier ins Forum :thumbup: Zumal wir hier viele Filme besprechen, zu denen es sonst immer nur Kritiken aus der Konserve gibt.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Ja wunderbar :) Natürlich bevorzuge ich strukturierte Kritiken für die Artikel-Rubrik, aber ausführliche und seriöse Meinungen hier im Forum sind natürlich auch großartig. Macht auch spaß zu lesen :)

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Wobei ich zugeben muss, dass mich Schloss Vogelöd bei all seinen Qualitäten bis jetzt immer recht auf Abstand hält. Es gibt handwerklich viel schwächere Filme, wo mich eine Sache wirklich packt und dann auch einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt, wie neulich Martha Novelly in Die Liebe der Maria Bonde (D/1918). Da kann ich dann auch leichter über viele Dinge hinwegsehen. Schloss Vogelöd bietet mir da nichts. Bei Murnau habe ich aber sowieso das Problem, dass ich einige Filme großartig finde, zu anderen Filmen aber überhaupt keinen Zugang finde. Der negative Höhepunkt in der Richtung ist übrigens Tartüff. Den finde ich einfach nur langweilig.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)