Sterne über Colombo + Die Gefangene des Maharadscha (BRD 1953/54)

  • Der Zweiteiler „Sterne über Colombo“ und „Die Gefangene des Maharadscha“ aus Ilse Kubaschewskis Gloria-Divina-Produktion war in der Saison 1953/54 mit unterm Strich rund 7 Millionen DM Produktionskosten und Außenaufnahmen in Ceylon und Indien der bis dato teuerste deutsche Nachkriegsfilm. Auch wenn die Kosten durch Verzögerungen und Produktionsschwierigkeiten explodiert waren und ein großer Teil des Budgets nicht in den Film geflossen ist, sondern schlichtweg aufgefressen wurde, war das Ergebnis für damalige deutsche Verhältnisse immer noch gigantisch. Im Dezember 1953 berichtete „Der Spiegel“ ausführlich über die widrigen Produktionsumstände. Nebenbei mutet es wie ein Treppenwitz an, dass ausgerechnet der umstrittene Veit Harlan, der in jenen Jahren eher Mühe hatte, Regie-Aufträge zu erhalten, somit zum Regisseur der bis dahin teuersten deutschen Nachkriegs-Spielfilmproduktion wurde.


    Inhaltlich und konzeptionell kann der Streifen seinen Charakter als recht dreistes Plagiat der alten Stumm- (1921) und Tonfilmerfolge (1937) „Der Tiger von Eschnapur“ und „Das indische Grabmal“ nicht verleugnen. Trotzdem fand ich Harlans Werk seit jeher überzeugender und interessanter als Fritz Langs ebenso buntes wie unbeholfenes 1958er Remake der Originale.


    Die Atelieraufnahmen und Bearbeitung fanden bei der Bavaria in München statt. Obwohl naturgemäß viel O-Ton zu hören ist, wurden einige Darsteller synchronisiert, allen voran die Inderin Sujata Jayawardena und Paul Busch vom Zirkus Busch. Bei dem berühmten Tigerdompteur Gilbert Houcke habe ich leise Zweifel, ob er es selbst ist oder nicht Wolfgang Lukschy eingesprungen sein könnte mit einer leichten Tendenz, dass es nicht Lukschy ist. Dann ist da noch Regisseur Veit Harlan in einer ungenannten Mini-Rolle als Zirkus-Conferencier und Sänger zu sehen. Auch hier bin ich unschlüssig, ob er beim Dialog nachsynchronisiert wurde; gesungen haben wird er wohl kaum selbst. Auch beim Gesang von Kristina Söderbaum bleiben mir Zweifel, ob sie da selbst singt.



    „Sterne über Colombo“ - Kristina Söderbaum und Fritz Moritz Harlan

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    Im Folgenden nur die Darsteller, die ggf. nachsynchronisiert wurden:


    Deutsche Bearbeitung: Bavaria, München (1953)


    Yrida - Kristina Söderbaum - Gesang: sie selbst (?)

    Navarani - Sujata Jayawardena - ?

    Ambo - Gilbert Houcke - er selbst (?) oder Wolfgang Lukschy (?)

    Michael Götz jr. - Paul Busch - Hans Clarin

    Zirkus-Conferencier / Sänger - Fritz Moritz Harlan


    Sujata Jayawardena und Gilbert Houcke

    https://vocaroo.com/7aoHWy51nPm


    Wer weiß mehr?

  • Yrida - Kristina Söderbaum - Gesang: sie selbst (?)

    Eine gute Frage. Zunächst klingt die Stimme schon mal nach Kristina Söderbaum (vgl. "Kolberg") - später in dieser Szene...dieser Sopran. :/ Möglicherweise wurde da was gemischt. Klingt später in der Aufnahme schon sehr nach "Stimmbildung", bzw. nach einer Stimme, die auch ausgebildet wurde.

    "Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht"


    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Die Gesangsstimme passt wirklich hervorragend zu Kristina Söderbaum und weist Ähnlichkeit zu ihrem Gesang auf, den man aus früheren Filme kennt. Der Unterschied ist jedoch, dass sie früher meist nur ein kleines Liedchen zu singen hatte, für das eine gute Naturstimme noch ausreicht. Hier hört man hingegen eine ausgebildete Sängerin; diese Partie schafft man mit einer guten Naturstimme und ohne professionelle Stimmbildung nicht mehr. Leider weiß ich nichts darüber, inwieweit Söderbaum eine Gesangsausbildung genossen hat. Doch selbst wenn es so wäre, erfodert es für eine eher ungeübte Stimme einiges Können, um so eine Performance zu meistern. In jenen Jahren war es gang und gäbe, Schauspieler mit professionellen Sängern zu doubeln, wenn es erforderlich war. Ich würde darauf tippen, dass hier eine sehr gut gewählte Profi-Sängerin zum Einsatz kam.


    Was Harlan betrifft, so erinnert mich der Sänger deutlich an den Tenor Kurt Reimann, der in den frühen 50er Jahren mehrfach in deutschen Kinofilmen und auch gelegentlich in Synchronfassungen sang. Am bekanntesten davon dürfte seine Interpretation des Weihnachtsliedes in der ersten Synchronisation von Walt Disneys "Susi und Strolch" von 1956 sein. Diese Aufnahmen Reimanns aus den frühen 50er Jahren klingen dem Sänger in "Sterne über Colombo" imho sehr ähnlich:


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  • Irgendetwas an Veit Harlans Cameo in „Sterne über Colombo“ hat mich schon immer irritiert. Offiziell wird er als Schauspieler nirgends aufgeführt; wo dies geschieht, wird ihm die Rolle eines Clowns zugeschrieben. Außer Hermann Schomberg kommt jedoch im ganzen Film kein markanter Clown und auch sonst niemand vor, der auf Harlan passt. Es kann nur der Conferencier und Sänger gemeint sein. Der hat einerseits eine deutliche Ähnlichkeit mit Harlan; in manchen Szenen mehr, dann wieder weniger. Andererseits ist sein Gesicht vergleichsweise zu schmal und die Gesichtszüge erinnern zwar an Harlan, dann aber auch wieder nicht. Auch verwundert, warum Harlan sich selbst ausgerechnet eine Rolle gegeben haben soll, in der er überwiegend zu singen hat. Die Lösung ist ebenso einfach wie verblüffend: der Conferencier im Film ist gar nicht Veit Harlan, sondern sein zwei Jahre jüngerer Bruder Fritz Moritz Harlan (1901 - 1970).


    Und schon macht plötzlich alles Sinn: Fritz Moritz Harlan war Opernsänger (Bariton). Er war verheiratet mit der Operettensoubrette Ingeborg de Freitas und ist der Vater von Christiane Kubrick und Jan Harlan. Tiefergehende Informationen und Fotos von ihm sind auf Anhieb nicht zu finden, aber es gibt ein Bild von ihm in Frank Noacks Harlan-Biographie und einen Schmalfilmausschnitt in Felix Moellers Harlan-Dokumentarfilm. Auch wenn zwischen den Bildern Jahre liegen: Bingo - das ist eindeutig der Conferencier aus „Sterne über Colombo“. Der Credit für Veit Harlan wird irgendwann so zu Stande gekommen sein, dass jemand sich von der nicht von der Hand zu weisenden Ähnlichkeit täuschen ließ und die Info so Eingang in diverse Publikationen gefunden hat. Warum dies als „Clown“ geschah, muss wohl ein Rätsel bleiben.


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    Gesangsaufnahmen von Fritz Moritz Harlan konnte ich keine finden, doch es dürfte dann auf der Hand liegen, dass er hier selbst gesungen hat. Es wirkt nun ein bisschen so, als ob die Familie Harlan die Außenaufnahmen zu dem Film parallel für einen gemeinsamen Urlaub genutzt hat. Aufgrund des unfertigen Drehbuchs und der turbulenten Produktionsbedingungen könnte es durchaus auch eine spontane Idee von Veit Harlan gewesen sein, seinen Bruder, dem seine kleine Rolle sichtlich Spaß macht, in dieser Form in den Film einzubauen.


    Womit sich die nächste Frage stellt, die damit gar nicht mehr so sehr fern liegt: doubelte dann vielleicht gar Fritz Moritz Harlans Frau Ingeborg de Freitas den Gesang von Kristina Söderbaum? Von ihr habe ich leider auch keine Gesangsaufnahme finden können.

  • Die Info, dass Veit Harlan in "Sterne über Colombo" einen Clown spielt, hat Harlan-Biograph Frank Noack von Maria Körber erhalten. Wenn dies zutrifft und man den Film durchgeht, kommt dann nur noch der Clown mit der großen grünen Schleife am Hals in der Schlußszene in Frage. Der Clown nimmt den Hut ab und man sieht, dass es ebenfalls ein weißhaariger älterer Mann ist, der von der Statur Harlan und auch Fritz Moritz Harlan ähnlich sein könnte. Auch die Stimmen der beiden ähneln sich. Auf Basis der Backgroundinfos würde ich nun davon ausgehen, dass dieser Clown Veit Harlan ist, auch wenn er so stark maskiert ist, dass man es mit absoluter Gewißheit sicher nie mehr nachprüfen können wird.


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    Einerseits macht es durchaus Sinn, dass man, wenn man im Ausland dreht und dadurch kein geeigneter Darsteller greifbar ist, selbst in so eine kleine Rolle schlüpft. Andererseits stand der gesamte Circus Busch mit seinen Artisten zur Verfügung, da wäre sicher auch ein echter Clown in der Nähe gewesen. Harlan wollte sich in jenen Jahren wohl eher nicht exponiert auf der Leinwand zeigen, aber das Clown-Kostüm bot ihm Anonymität. Andererseits setzte er seinen Bruder, der ihm so sehr ähnlich sieht, dass man ihn für Harlan halten könnte, in einer sehr markanten Rolle ein, ohne dass dieser namentlich irgendwo erwähnt wird. Merkwürdig und in jedem Fall eine harlansche Charade erster Güte...

  • Bei dem Corps-Studenten hatte ich nur das Gefühl, dass es kein völlig Unbekannter ist und ich ihn irgendwoher kenne, konnte das aber nicht greifen. Jetzt ist es mir eingefallen: er erinnert mich an Heinz Weiss. Ich bin mir aber unschlüssig ob er es ist.


    Hier die Filmszene...

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    ... und hier Heinz Weiss in seiner ersten offiziellen Filmrolle in "Wenn die Conny mit dem Peter" (1958)

  • Womit sich die nächste Frage stellt, die damit gar nicht mehr so sehr fern liegt: doubelte dann vielleicht gar Fritz Moritz Harlans Frau Ingeborg de Freitas den Gesang von Kristina Söderbaum? Von ihr habe ich leider auch keine Gesangsaufnahme finden können.


    Ich habe über die Galerie Kubrick / Childwickbury House an Christiane Kubrick und Jan Harlan - die Kinder von Fritz Moritz Harlan und Ingeborg de Freitas - unter Verweis auf den Filmausschnitt angefragt, ob der Gesang von Kristina Söderbaum von Ingeborg de Freitas synchronisiert sein könnte. Sie liessen ausrichten, dass hier definitiv nicht ihre Mutter zu hören ist.

  • Caspar Harlan - der jüngste Sohn von Veit Harlan und Kristina Söderbaum - hat mir mitgeteilt, dass er es nicht mit Sicherheit bestimmen kann, nach mehrmaligem Hören aber davon ausgeht, dass seine Mutter hier nicht selbst singt.


    Ich möchte mich dieser Einschätzung anschließen. Der Film wurde bei der Bavaria in München bearbeitet und ich denke, dass man für die Gesangsaufnahme eine Opern- oder Operettensängerin ins Studio geholt hat, die damals in München aktiv war.