War Dünkirchen die entscheidende Wende?

  • Ich lese gerade, dass "Dünkirchen" am 5. Juni war und die Schlacht um Frankreich erst am 22. Juni beendet war. Das würde zur 2. These passen, wieso Hitler die Briten hat entkommen lassen. Zwar kein Beweis, aber ein Indiz.

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Vogel Specht Ich bin selbstverständlich überhaupt kein Militärhistoriker, aber das hört sich für mich schon plausibel an.


    No Nick Zu deiner These, was Hitler wollte. Ich perönlich glaube nicht, dass wir in der Lage sind, zu verstehen, wie Diktatoren denken oder fühlen, und damit kriegen wir erst recht nicht raus, was sie explizit wollen. Gerade, was die ersten zwei Punkte angeht, bin ich auch wirklich froh drüber ;)

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • ...deshalb kann ja auch jeder seinen Senf dazu abgeben ;) Vorausgesetzt, die Ideen gehen nicht aus ^^

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Ich lese gerade, dass "Dünkirchen" am 5. Juni war und die Schlacht um Frankreich erst am 22. Juni beendet war. Das würde zur 2. These passen, wieso Hitler die Briten hat entkommen lassen. Zwar kein Beweis, aber ein Indiz.

    Ergänzend noch der Gedanke, dass Hitler eigentlich erst nach dem Frankreichfeldzug so eine Stellung hatte, sich ohne Probleme über alle hinwegzu setzen. Gerade bei den Militärs war er ja stets der Gefreite, sodass ich mir schon vorstellen kann, dass diese Entscheidung, die Briten entkommen zu lassen, noch in Absprache mit hohen Militärs erfolgt ist. Das ist aber reine Vermutung - zu dem Thema gibts sicher reichlich Literatur und interessant wäre auch zu wissen, wie in der zeitgenössischen Presse das Thema vermittelt wurde damals.

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    Konfizius

  • Das ist aber reine Vermutung - zu dem Thema gibts sicher reichlich Literatur und interessant wäre auch zu wissen, wie in der zeitgenössischen Presse das Thema vermittelt wurde damals.

    Wurde das überhaupt so genau vermittelt? Meine Großmutter (jahrgang 1909) hat mir in den 80er Jahren erzählt, dass die Berichte zumindest gegen Kriegsende reine Propaganda waren. Sie hat gesagt, auch während es immer nur zurück ging, wurde von der Front nur von Siegen berichtet. Allerdings hat sie sich da auf die Ostfront bezogen.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Ich beschäftige mich ja nur mit Briefen und Tagebücher aus der Zeit. Und das was Deine Großmutter erzählt hat ist auch mein Eindruck - zumindest was das Kriegsende betrifft. Ich habe Brieftext(e?) in Erinnerung wo genau das geschildert wird und den Leuten eigentlich klar war, dass es nur noch eine Frag eder Zeit ist, bis die Front bei ihnen ankommt.


    Aber Anfang der 40er Jahre war das noch anders denke ich. Ob und wie die Sache mit Dünkirchen vermittelt wurde in der Presse, das ist die Frage. Es kann gut sein, dass man Thema erst gar nicht angesprochen hat. Es kann aber auch sein, dass man es in Bezug auf eine der beiden ersten Thesen propgandistisch mit eingeflochten hat - also Hitler dargestellt hat als handausstreckender Friedenskanzler in Bezug auf England, die sein "großzügiges Entgegenkommen" nicht wertschätzen und ähnliches...? Hätte sich ja gut angeboten das aus Propagandasicht zu nutzen.
    Genauso gut kann ich mir vorstellen, dass es (These 2) ganz kriegstaktisch aufgearbeitet wurde und man dann vielleicht lediglich geschildert hat wie siegreich alles war und man das englische Material erbeutet hat und die Engländer "geflohen" sind - und dass man die Möglichkeit hatte sie in Gefangenschaft zu nehmen hat man dann vielleicht erst gar nicht erwähnt, um keine Fragen aufkommen zu lassen.

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    Konfizius

  • Hier der Wochenschaubeitrag zu Dünkirchen, gerade entdeckt und noch ungesichtet (bezieht sich aber ggf. nicht auf die hier diskutierte Frage sondern nur um die Gefechte vor/bei Dünkirchen)


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    Konfizius

  • Im letzten Drittel wirds interessant.


    Tatsächlich wird erwähnt, wieviel Material erbeutet wurde und wie aufgerieben die englischen Truppen waren. Wieso man die Truppen nicht gefangen genommen hat, wird nicht angesprochen.


    Wenn die Truppen wirklich so aufgerieben waren, war mit Gegenwehr wohl nur im kleinen Rahmen zu rechnen. Trotzdem war das vielleicht ein Aspekt? Man war von dem Sieg gegen Frankreich so überrascht, dass man das "große ganze" vielleicht nicht weiter überblickt hat und dieser Erfolg so enorm war, dass für alle der Krieg (also insgesamt der Krieg, nicht nur gegen Frankreich) einfach zu Ende war, keine andere Möglichkeit in Betracht gezogen wurde. Und man so vielleicht weitere Verluste einfach umgehen wollte/konnte...? Ich will Hitler hier nicht als Humanisten darstellen, aber dass er kein Interesse an einen Krieg gegen England hatte, ist ja allgemein bekannt. Und wenn der Krieg sowieso zu Ende ist (in seiner Vorstellung) sobald die Engländer das Festland verlassen haben und man Rest-Frankreich geschlagen hat - wieso sollte man die Gefahr eingehen noch Gefechte mit englischen Truppen zu führen und dabei in Gefahr laufen dabei "zu stolpern" und vielleicht sogar in eine Falle zu laufen und/oder eben hinterrücks noch von anderen Truppen, die man nicht auf dem Schirm hat, angegriffen zu werden. Da ist es dieser Logik nach noch sinnvoll die Englänger ziehen zu lassen.


    Es ist nur immer leicht im Nachhinein eine Lage zu beurteilen, weil man ja die wichtigsten Aspekte kennt und auch weiss, wie es weiter ging. Aber man muss einfach rückblickend mal betrachten, welche Bedeutung dieser Sieg gegen Frankreich hatte - der 1. Weltkrieg lag nicht weit zurück und hat über JAHRE viele viele Opfer gefordert ohne sonderlich nennenswerten Landgewinn. Da fühlte sich Hitler, das Militär, die Generäle vielleicht so unbesiegbar, dass sie sich gar nicht vorstellen konnten, dass England den Krieg weiter führen könnte.....?


    Ein weiterer Aspekt ist die Versorgung von sovielen Soldaten - zumal der Krieg ja weiterhin lief, man also gar nicht wusste wie es weiter geht. Und hunderttausende Soldaten zu versorgen und zu bewachen benötigt auch logischte Anstrenungen und bindet Soldaten, die man für den restlichen Feldzug ggf. noch gebraucht hat.


    Zumal das deutsche Heer damals soweit ich weiss total ausgelastet war. Erst in der Zeit nach dem Frankreichfeldzug wurden das alles im großen Stile weiter aufgebaut. Ich meine mal gelesen zu haben, dass der Polenfeldzug zum teil mit tschechischen Panzern geführt wurden die im Rahmen der Zerschlagung der Resttschechei erbeutet wurden.

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    Konfizius

  • Auch ein extrem interesseanter Fakt von Wikipedia:

    Zitat

    Bis dahin hatte die französische Marine tausende französische Soldaten, die aus Dünkirchen gerettet worden waren, wieder zum weiteren Kampf von Southampton nach Frankreich zurücktransportiert und so gerieten diese Soldaten doch noch in deutsche Kriegsgefangenschaft.[17]

    d.H. Frankreich hat französische Soldaten, die von Dünkirchen (zusammen mit den Engländern) nach England geflohen sind, wieder zurück nach Frankreich geholt für weitere Kämpfe.

    Für Frankreich gibts da natürlich um "alles". England war es dann wohl zu riskant sich dem anzuschließen und hat sich wohl schon auf den Luftkrieg eingestellt....?


    Aber dieser Fakt zeigt einfach, dass der Krieg in Frankreich mit Dünkirchen definitiv noch nicht final zu ende war.

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    Konfizius

    Einmal editiert, zuletzt von Vogel Specht ()

  • Also das Zitat stammt von einer Seite die ich hier nicht verlinken will. Es scheint aber aus einem offiziellen Buch zu stammen, nämlich aus:


    Hermann Giesler: Ein anderer Hitler, Druffel & Vowinckel-Verlag, 2005, 7. Auflage, S. 414, ISBN 3806111723 : https://amzn.to/2ZJcmlc [Anzeige]


    Dort scheint Hitler 1942 rückblickend folgendes gesagt zu haben:

    Zitat

    "Oh, ich weiß, nicht nur aus dem Kreis des so klugen Generalstabs wird meine Entscheidug »Dünkirchen« als großer Fehler hingestellt! – Diese Allesbesserwisser und die mit dem so christlichen Gemüt meinten, das sei meine größte Dummheit gewesen, die geschlagenen Engländer bei Dünkirchen nicht restlos vernichtet zu haben. Verschiedene Überlegungen hielten mich davon ab, sie zu vernichten.

    Zunächst die militärischen Gründe. Das flandrische Niederungsgebiet beschränkt im Wesentlichen den Einsatz der Panzer auf die Straßenräume. Damit waren langwierige Kämpfe mit eigenen Verlusten und möglicherweise hohem Ausfall von Panzern zu erwarten. Für die weiter notwendigen Operationen nach Westen und Süden, in das eigentliche Frankreich hinein, konnte ich jedoch auf keinen Panzer verzichten. Vor allem aber, wir durften uns kräftemäßig nicht verzetteln und Zeit verlieren. Der Feind war geschockt, nun mußte alles Schlag auf Schlag erfolgen.

    Auch meine engste militärische Umgebung war nach Anhörung von Rundstedt dieser Auffassung; es galt vordringlich, ohne Verzögerung den weiteren Angriff nach Westen und nach Süden vorzutragen, ehe es dem Gegner gelang, eine starke Verteidigung an der Somme und Aisne aufzubauen. Unser folgender Ansturm traf dort schon auf harten Widerstand. Es mußte auch damit gerechnet werden, daß die Engländer weitere Truppenkontingente über den Kanal mit Artillerieunterstützung durch ihre Kriegsschiffe einsetzen würden, – sie konnten doch Frankreich nicht so im Stich lassen wie die Polen! Sie taten es!

    Wir mußten nach Westen angreifen, sehr schnell mußten Paris und Nordfrankreich genommen werden, um den Engländern die Landung neuer Truppenkontingente unmöglich zu machen. Wir mußten nach Süden offensiv werden, mit einem Durchstoß hinter den französischen Festungswerken, wir mußten die endgültige Entscheidung erzwingen und damit den Frankreich-Feldzug schnell beenden; denn es gab noch einen anderen Grund, militärpolitischer Art. Ich blieb nicht einseitig orientiert: Längst horchte ich besorgt nach Osten! Und bestand jetzt nicht doch eine, wenn auch geringe, vage Möglichkeit zum Frieden, die ich mir durch eiskalte Vernichtung der englischen Dünkirchen-Armee verbaut hätte?“

    Wenn das Zitat stimmt, dann ist meine Vermutung, dass man dort nicht stolpern ("sich verzetteln") wollte, weil der Krieg noch nicht in Frankreich entschieden war, man keine Zeit verlieren wollte usw. wohl richtig. Aber der Friedensschluss-Aspekt bzgl. England spielte trotzdem auch eine Rolle, wenn auch untergeordnet. Aber die Tatsache, dass Hitler sowieso keinen Krieg mit England wollte, spielte da einfach grundlegend schon mit rein.


    Interessant besonders diese Sichtweise Hitlers:

    Zitat

    Es mußte auch damit gerechnet werden, daß die Engländer weitere Truppenkontingente über den Kanal mit Artillerieunterstützung durch ihre Kriegsschiffe einsetzen würden, – sie konnten doch Frankreich nicht so im Stich lassen wie die Polen! Sie taten es!

    Ebenso ganz wichtig bei der Sache: Paris war noch nicht eingenommen!


    Also von daher kann ich das - aus der Zeit heraus (und rein militärtaktisch gesehen) - natürlich verstehen, dass man "da oben" kein Risiko eingehen wollte. In dem Moment ging es erstmal nur um Frankreich.


    Solche Zitate sind natürlich auch immer mit Vorsicht zu genießen. Sie stammen zwar von Zeitzeugen, aber es ist hier 1:1 zitiert, und soweit damals kein Protokoll angefertigt wurde oder ein Tonband mitglief (was es ja so gut wie nicht gibt von Privatgesprächen Hitlers) handelt es sich hier lediglich um ein Gedächtnisprotokoll aus dem Jahr 1978 (da ist das Buch erstmals veröffentlicht worden).

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    Konfizius

  • Wir haben das Thema ja wirklich spannend aufgearbeitet, wie ich finde. Meine Theorie, wieso damals so entschieden wurde, wird hier gleich als erste Möglichkeit genannt, ab 21.40 ca.


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    Kurz danach noch etwas, was ich noch nicht wusste. Während die Landtruppen geschont wurden (was ein Grund für den Halt vor Dünkirchen gewesen sein könnte - das wirkt auf mich sehr plausibel, schließlich war Frankreich noch nicht geschlagen), hat Göring versprochen, die britischen Truppen aus der Luft heraus zu vernichten.

    Das wirkt auf mich sehr schlüssig. Jedoch hat dieser Luftkampf nicht geklappt. Ähnlich wie Görings Stalingrad-Versprechen.


    Wenn das nachweisbar ist, dass Göring das versprochen hat und wenn es nachweisbar ist (und das wird es wohl leicht sein?), dass die Luftwaffe versucht hat die britischen Truppen aus der Luft heraus anzugreifen, dann fällt der Haltegrund, dass Hitler damit England zu einen Friedensschluss bewegen wollte, weg. Denn dann hätte es diese Luftangriffe nicht gegeben...?

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    Konfizius

  • Zeitgeschichte in Bild und Ton: 1940 - Warum gab Hitler den "Haltebefehl" von Dünkirchen?


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