Biographie über den Komiker Charley Chase

  • Sollte jemand von euch sich für amerikanische Stummfilmkomiker interessieren und nicht ausschließlich was über Chaplin, Keaton oder Laurel & Hardy lesen wollen, kann ich wärmstens Smile When the Raindrops Fall - the Story of Charley Chase (1998) empfehlen. Das Buch lag jahrelang bei mir im Regal, und jetzt habe ich es endlich mal gelesen ;)

    Brian Anthony und Andy Richmonds haben um 1980 rum noch viele Weggefährten von Charley Chase interviewt (z.B. seine Tochter June, Ernie Morrison von Our Gang, die Komikerin Dorothy Granger und den Filmproduzenten Hal Roach) und versucht, die Ergebnisse mit einer gewissen kritischen Distanz mit einfließen zu lassen. Außerdem machen sie selbstverständlich keinen Hehl daraus, dass sie Charley Chase-Fans sind, aber trotzdem betrachten sie ihn und seine Filme durchaus auch produktiv kritisch.

    Man merkt allerdings, dass sie von der Fülle des Materials etwas überwältig sind. Damit meine ich, dass sich die, die sich vor allem für seine Filme interessieren, sagen werden: Bitte mehr über seine Filme. Und die, die sich vor allem für ihn als Person interessieren, werden sagen: Bitte mehr über Charley selber. Ich würde das allerdings nicht als Makel anführen. Immerhin ist Charley Chase (1893-1940) erst in den 90er Jahren wieder neu entdeckt worden. Und in den letzten Jahren sind auch interessante DVD-Reihen mit Filmen von ihm veröffentlicht worden, was alles dazu geführt hat, dass er mittlerweile zur ersten Reihe der Stummfilmkomiker gezählt wird. Ich würde eher sagen, dass zu hoffen ist, dass irgendwann ein neues Buch erscheint, das sich noch mehr einzelnen Aspekten widmet. Aber auf jeden Fall haben Brian Anthony und Andy Richmonds mit ihrem Buch eine Wegmarke gesetzt, hinter die ganz bestimmt nicht mehr zurückgegangen werden wird. Davon bin ich überzeugt.


    Fräulein G.

    Wie war das eigentlich bei deinem Buch über Willy Fritsch? War es da schwer, Schwerpunkte zu setzen, damit sich der Umfang im Rahmen hält?

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Fräulein G.

    Wie war das eigentlich bei deinem Buch über Willy Fritsch? War es da schwer, Schwerpunkte zu setzen, damit sich der Umfang im Rahmen hält?

    Ja, das war schwer. Es wurde auch stark gekürzt, ursprünglich waren es im Manuskript über 700 Seiten, jetzt ja „nur“ noch 472.

    Ich musste aber auch Kritik einstecken, dass meine Film-Inhaltsangaben teilweise zu ausführlich wären und der „Mensch“ Willy Fritsch dadurch - im Vergleich - etwas zu kurz käme. Aber ich fand das wichtig, denn man kann zum einen ja nicht mehr alle Filme sehen/im Handel erwerben, dann sollen sie wenigstens beschrieben sein. Zum anderen geschieht das zwangsläufig, denn ich konnte mit Willy Fritsch ja nicht sprechen und fragen: wie haben Sie denn hierüber und darüber gedacht. Das Persönliche in dem Buch entspringt der Recherche und Gesprächen mit oder Äußerungen von Dritten, die ihn kannten sowie Interviews. Das liegt also alles an der alten Materie, deshalb macht der Sachbuchcharakter am meisten Sinn.

    Würde ich ein aktuelles Buch über z.B. Matthias Schweighöfer schreiben, wäre der Schwerpunkt ganz sicher ein anderer, denn die Filme kann jeder sehen, also wären ihre Beschreibung und zeitliche Einordnung nicht so wichtig, dafür aber der Mensch, der regelmäßig in der Zeitung steht. Da fragt man sich doch viel eher als bei Fritsch: was ist das eigentlich für einer? Und der einschlägige Vorteil ist, dass man sich mit Schweighöfer direkt unterhalten könnte als Autor, was bei den alten Ufa-Stars ja nicht mehr ging. Dann wird es automatisch persönlicher.

  • Zitat

    Es wurde auch stark gekürzt, ursprünglich waren es im Manuskript über 700 Seiten, jetzt ja „nur“ noch 472.

    Hast du die Kürzungen wenigstens selbst gemacht, oder wurde dir da etwa reinredigiert?

    Zitat

    Ich musste aber auch Kritik einstecken, dass meine Film-Inhaltsangaben teilweise zu ausführlich wären und der „Mensch“ Willy Fritsch dadurch - im Vergleich - etwas zu kurz käme. Aber ich fand das wichtig, denn man kann zum einen ja nicht mehr alle Filme sehen/im Handel erwerben, dann sollen sie wenigstens beschrieben sein.

    Von wem kam denn die Kritik? Ich schätze mal, an den Menschen Willy Fritsch wird man ja nur noch rankommen, was seine späten Jahre angeht.

    Ich habe jetzt außerdem dermaßen viel Problematisches über die Aussagen von Zeitzeugen gehört, dass ich mich mittlerweile freue, wenn vor allem bei schwierigen Themen wie dem Dritten Reich Quellenforschung betrieben wird und keine Zeitzeugen mehr befragt werden.

    Ich schätze aber, dass man als Einzelperson, die sich an so eine Biographie macht, allein schon aus Kapazitätsgründen nur eingeschränkt Quellenforschung betreiben kann, oder?

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Hast du die Kürzungen wenigstens selbst gemacht, oder wurde dir da etwa reinredigiert?

    Von wem kam denn die Kritik? Ich schätze mal, an den Menschen Willy Fritsch wird man ja nur noch rankommen, was seine späten Jahre angeht.

    Ich habe jetzt außerdem dermaßen viel Problematisches über die Aussagen von Zeitzeugen gehört, dass ich mich mittlerweile freue, wenn vor allem bei schwierigen Themen wie dem Dritten Reich Quellenforschung betrieben wird und keine Zeitzeugen mehr befragt werden.

    Ich schätze aber, dass man als Einzelperson, die sich an so eine Biographie macht, allein schon aus Kapazitätsgründen nur eingeschränkt Quellenforschung betreiben kann, oder?

    Nein, ich hab selbst gekürzt, aber auf Anregung einer Lektorin, die meinte, dass es große Verlage nur nehmen, wenn es unter 300 Seiten ist. Das hab ich nicht geschafft und es hat ja dann auch kein großer genommen. Aber während des Kürzens ist mir selber aufgefallen, dass einige Passagen im Grunde überflüssig sind. Nur was für Hardcore-Fans...und die gibt‘s ja nicht mehr von Willy Fritsch. 😉


    Eingeschränkt war ich eigentlich nicht. Hab mir ja 10 Jahre Zeit genommen. Aber waren eben fast alle schon tot.