Messer im Kopf (BRD, 1978)

  • Ich habe gestern einen der beeindruckendsten Filme der letzten Jahrzehnte gesehen. Reinhard Hauffs Psychothriller MESSER IM KOPF handelt vom Biogenetiker Berthold Hoffmann, der bei der Räumung eines von der Polizei als "konspirativ" eingestuften Jugendzentrums von einem Polizisten niedergeschossen wird. Er erwacht ohne Erinnerung, motorisch stark eingeschränkt und ohne Sprache. Die Polizei wirft ihm vor, den Polizisten mit dem Messer angegriffen zu haben. Zusammen mit den motorischen Fähigkeiten, seiner Erinnerung, seinen Gefühlen und seiner Sprache "lernt" er außerdem, er sei ein gewalttätiger Mensch. Zum Schluss

    Für mich persönlich ist das einer der pazifistischsten Filme, die ich kenne. Das offene Ende ist eigentlich gar nicht offen, sondern der Zuschauer schreibt es zuende, weil er sich in die Rolle des Hoffmann versetzt sieht und in seinem eigenen Leben entscheidet, ob er die Spirale der Gewalt durchbricht, oder ob er sie weiterführt.

    Zumindest war das meine spontane Reaktion darauf.

    Bruno Ganz geht mit seiner Darstellung des Hoffmann, der anfangs wie ein hilfloses, lallendes Etwas ist, das Schritt für Schritt neu lernen muss, sich erinnern muss und von verschiedenen Seiten geprägt und auch benutzt wird, an die Grenze des Darstellbaren. Natürlich wird der eine oder die andere dem Film hin und wieder vorwerfen, etwas zu plakativ zu sein, aber das ist mir viel lieber, als reine Intellektualität für Eingeweihte.

    Nebenbei: Wer sich nicht auf tiefergehende Fragen einlassen will, hat immer noch einen tollen Psychothriller vor sich.

    Dazu kommt, dass der Film zwar eindeutig ein Zeitdokument ist, auf der anderen Seite aber mit seiner pazifistischen Aussage zugleich zeitlos. Und mit der Darstellung von Angst, Gewalt und Gegengewalt, was zu einer Gewaltspirale führt, wie der Film zum Ausdruck bringt, ist er zudem hochaktuell.


    Mein Eindruck: rundum gelungen und einer der besten Filme, die ich kenne :thumbup:

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

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  • Den habe ich zwar nur mehr dunkel, jedoch als außergewöhnlich und sehenswert in Erinnerung und im Bereich politischer Film der späten 70er bis frühen 80er irgendwo zwischen Katharina Blum und Kaltgestellt eingeordnet. Nur die Handlung ist mir eben nicht mehr präsent, weshalb ich den Text bloß überflogen habe, damit ich an den Film möglichst unvoreingenommen herangehen kann.

    Ich wollte mir erst die Ausstrahlung kürzlich auf 3sat ansehen, bis ich gesehen habe, dass jetzt auch eine Blu-ray erschienen ist.