Sag die Wahrheit (D, 1944/45 - 1946)

  • ja leider. Aber es ist leider so. Finde einmal jemanden der sich für die alten deutschen Filme interessiert. Vielleicht 1 von 1.000.000 der sich eventuell für die Ufazeit interessiert.

    Es wird ja leider auch nichts dagegen getan, dass sich das ändert. Im ARD und ZDF werden - wenn überhaupt- nur die Klassiker mit Rühmann ausgestrahlt. Sie könnten ja wenigstens mal versuchen auf ihren Spartensendern etwas zu etablieren.... Vielleicht einmal die Woche zu einem bestimmten Termin. Und man müsste das dann natürlich auch vernünftig anpreisen mit kurzen Clips, wie man es bei anderen Sendungen ja auch macht...Aber die wollen es ja offensichtlich auch gar nicht. Bei den Sendern sitzen ja wahrscheinlich nur Leute, die selbst zu jung sind, um einen Bezug zu so alten Filmen zu haben.

    Ich frage mich, ob man in anderen Ländern auch so mit seinem Filmerbe umgeht. Aber die Gründe liegen sicher auch daran, dass wir das 3. Reich hatten. Und da ist dann alles, was damals gedreht wurde von vorne herein nicht zeigbar und man lässt es lieber im Archiv vergammeln anstatt es zu restaurieren - was aber natürlich auch wieder viel zu teuer ist...

    Was solls - wir werden es nicht ändern können.....

  • Restauriert und Digitalisiert wird nach wie vor, leider aber weniger als generell wünschenswert ist aus den Phasen bis 1945. Wenn man sich die jährlich erscheinenden Listen der Filmförderung in Bezug auf Restaurierungsanfragen durchliest, stehen einem buchstäblich die Haare zu Berge, um was es sich für Titel handelt. Z.B. dabei war "Der Schuh des Manitu" und ähnlich neue Titel, viele davon aus den letzten 40 jahren, die oftmals schon mehrmals im TV und auf DVD/Blu-ray - Ausgraben in brillanter Qualität liefen, bzw. erhältlich sind.

    Mir vollkommen unverständlich, warum diese relativ neuen Titel nochmals "restauriert" werden müssen und die Archive ihr dringend zu rettenden Nitrobestände weiterhin unberührt lassen, wenn eine abspielbare Belegkopie vorhanden ist. Doch zugänglich für die Allgemeinheit ist diese jedoch nicht....

    Wie auch die ganzen digitalisierten Titel der Murnau-Stiftung als DCP vorliegen...und auf Blu-ray, jedoch nur für den Verleih in Kinos.

    Die Hürden, als Privatmann an diese Titel zu kommen, sind mehr als hoch und nicht gerade preiswert.


    Weshalb die TV-Sender ihrem Kulturauftrag nicht nachkommen, Reihen mit Regisseur-, Komponisten- oder Schauspielerporträts in ihren Kanälen auszustrahlen, stattdessen immer nur Natur- oder Tierdokus zu allen Zeiten und auf allen Kanälen als Wiederholung der letzten 15 Jahre abzunudeln...?!?!??

    Wer weiss es???

    Ich nicht!

  • Ich frage mich, ob man in anderen Ländern auch so mit seinem Filmerbe umgeht.

    Offensichtlich ja. :( Schon 2007 haben sich die Engländer gefragt, wieso immer weniger alte Filme im TV gezeigt werden. Wie es dort mit den Digitalisierungen generell steht, kann ich aber nicht sagen..


    Where did all the great movies go?
    Film classics were all over terrestrial TV back in 1987. But where can the budding movie buff get a film education in 2007, wonders Matthew Sweet.
    www.theguardian.com


    2018 hat ein Nutzer demographische Gründe für das Verschwinden alter Filme im TV genannt..

    Also kein Zuschauer unter 40 wird sich an s/w-Filme erinnern, außerdem geht es dann noch um die Kosten, um Netflix etc. ...


    Zitat:


    No viewer under the age of 40 will recall a b/w tele, and most viewers who recall watching old b/w films in a cinema will be a demographic thats passed in a few years time. People viewing today on a huge 60" + tv thats cost them £1,200+ wont watch b/w anything on them. Itll be a blueray dvd, or as most of my friends have ( even of my age) , netflix. A quick flick through 100 channels; something on catchup, or a dvd or netflix. Thats the vast majority in 2018.

    We are a very small minority, now, us b/w film lovers!


    Where did all the old movies go? - Page 2
    Film4 show excellent old films one after the other during most of the day, every day. Its brilliant!
    forums.digitalspy.com

    "Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht"


    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Mein Eindruck ist, wenn "alt", dann "ganz alt". Bei "Nosferatu" oder "Metropolis" sind die Kinos voll, weil die mittlerweile als Kulturgut angesehen werden. Wer sich so einen Film anschaut, kann sich danach im Freundeskreis als gebildet und intellektuell bestaunen lassen, was allerdings bedeutet, dass man immer bei den gleichen Titeln landet. In meinem persönlichen Fall ist das gut für "Die Austernprinzessin", weil so fast jeder Ossi Oswaldas Gesicht kennt, gleichzeitig aber schlecht für Ossi Oswaldas Ruf, weil sich niemand traut, auch mal andere Filme von ihr zu zeigen.


    Ich könnte mir vorstellen, dass die Filmmuseen eine bestimmte Anzahl an Projekten vorweisen müssen, um ihre Förderung zu beziehen, und so kann es dann dazu kommen, dass man lieber 40 Jahre alte Produktionen mehrfach restauriert, als dass man aufwendig ein über 100 Jahre altes Fragment Stück für Stück einscannt und anschließend bearbeitet, nur um letzten Endes bei der gleichen Förderung zu landen.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Das es nun einmal fakt ist das Frühe Tonfilme (vielleicht abgesehen von einigen wenigen wie "Der Blaue Engel" "Casablanca" und "der Großen Diktator") für viele einen künstlichen wert gegen 0 haben brauchen wir glaube ich nicht weiter aus diskutieren. Die Frage ist wie man wieder einige Menschen vom Gegenteil überzeugen kann? Wie bekommt man ein interessantes Publikum?

    Garantirt auch nicht mehr durch TV Ausstrahlungen. In Deutschland sehe ich das Problem auch in der momentanen Haltung der Filmwissenschaft, wenn man abgesehen von Achtung, das ist Nazi Propaganda nix anderes über frühe Tonfilme hört nützt das den Image der Filme wenig (egal ob von 29-32 oder von 33-45, das ist für die Öffentlichkeit wahrscheinlich eh schwer auseinander zu halten). Man muss ihrgenwie einen fad zwischen wieder Einzug in Pop Kultur und gleichzeitiger kritischer Auseinandersetzung (die es mit Film jeder Epoche bräuchte aber vor allen mit den einer so weit von unseren Verständnis von Menschlichkeit entfernten) finden.

    Ich arbeite ja gerade sowohl privat als auch semi beruflich an Videos zur Filmgeschichte, schauen wir mal ob man damit wen erreicht :D

    „(Gaertner lehnt sich zurück und lacht lautlos.)

    Bauer: Was lesen Sie denn da Komisches?

    Gaertner: Ein Trauerspiel.

    Campe: Und ich freute mich schon! Ich dachte, Sie hätten über'n Lustspiel gelacht. -Mit Trauerspielen haben uns unsere Klassiker ja auf Jahrhunderte versorgt." (Die Frau nach Maß, S. 22f.)

  • Man muss ihrgenwie einen fad zwischen wieder Einzug in Pop Kultur und gleichzeitiger kritischer Auseinandersetzung (die es mit Film jeder Epoche bräuchte aber vor allen mit den einer so weit von unseren Verständnis von Menschlichkeit entfernten) finden.

    Ja, das ist ein mega-wichtiger Punkt. Giorgio Moroder war vor 40 Jahren DER Metropolis-Booster! Und Queen hat Brigitte Helm doch auch irgendwo eingebaut glaube ich.


    Dafür eignet sich ein Stummfilm natürlich ungleich besser als ein Tonfilm. Und vor den NS-Propagandafilmen scheinen Außenstehende immer mehr Angst zu bekommen, umso weniger sie diese Filme kennen. Ich hab vor einigen Jahren mal einem jungen Geschichtslehrer vorgeschlagen, mich um eine Vorstellung von "Jud Süß" zu bemühen. Nach seiner Reaktion habe ich mich erstmal nach einem Defilibrator umgesehen ^^

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Ja, das ist ein mega-wichtiger Punkt. Giorgio Moroder war vor 40 Jahren DER Metropolis-Booster! Und Queen hat Brigitte Helm doch auch irgendwo eingebaut glaube ich.


    Dafür eignet sich ein Stummfilm natürlich ungleich besser als ein Tonfilm. Und vor den NS-Propagandafilmen scheinen Außenstehende immer mehr Angst zu bekommen, umso weniger sie diese Filme kennen. Ich hab vor einigen Jahren mal einem jungen Geschichtslehrer vorgeschlagen, mich um eine Vorstellung von "Jud Süß" zu bemühen. Nach seiner Reaktion habe ich mich erstmal nach einem Defilibrator umgesehen ^^

    Ich bin der Meinung, gerade bei den Propagandafilmen wäre es wesentlich zielführender, wenn die Leute sich damit auseinandersetzen würden. Bill Niven, der 2022 sein Buch über "Jud Süß" vorgelegt hat, formuliert gegen Ende auch die Ansicht, es wäre weitaus besser, den Film in sorgfältiger Edition für das Heimkino verfügbar zu machen, als ihn wegzusperren bzw. seine Verbreitung irgendwelchen fragwürdigen Onlinequellen zu überlassen.


    Und da kann ich mich nur anschließen. Auch bei den Filmen, die mal vor Urzeiten auf VHS ausgewertet wurden, sind genug dabei, die seitdem in der Versenkung verschwunden sind, nie digitalisiert wurden, aber einem sehr viel über diese dunkle Zeit sagen können ("Flüchtlinge" von Gustav Ucicky zum Beispiel).

  • Ich bin der Meinung, gerade bei den Propagandafilmen wäre es wesentlich zielführender, wenn die Leute sich damit auseinandersetzen würden. Bill Niven, der 2022 sein Buch über "Jud Süß" vorgelegt hat, formuliert gegen Ende auch die Ansicht, es wäre weitaus besser, den Film in sorgfältiger Edition für das Heimkino verfügbar zu machen, als ihn wegzusperren bzw. seine Verbreitung irgendwelchen fragwürdigen Onlinequellen zu überlassen.


    Und da kann ich mich nur anschließen. Auch bei den Filmen, die mal vor Urzeiten auf VHS ausgewertet wurden, sind genug dabei, die seitdem in der Versenkung verschwunden sind, nie digitalisiert wurden, aber einem sehr viel über diese dunkle Zeit sagen können ("Flüchtlinge" von Gustav Ucicky zum Beispiel).

    Ja, genau. Zumal man an alle Filme, die einen interessieren, sowieso spielend rankommt. "Flüchtlinge" ist neben seiner Propaganda ein spannender Abenteuerfilm, "Robert und Bertram" ein flottes Musical. Und tatsächlich mit schockierenden antisemitischen Passagen. Und genau das gehört rausgearbeitet. Niemand wird durch solche Filme allein zum Neonazi oder Antisemiten. Dazu gehören immer persönliche Kontakte. Das hat die Extremismusforschung mittlerweile klar herausgearbeitet. Und dem müssen sich auch die Filmarchive stellen.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Ja, genau. Zumal man an alle Filme, die einen interessieren, sowieso spielend rankommt. "Flüchtlinge" ist neben seiner Propaganda ein spannender Abenteuerfilm, "Robert und Bertram" ein flottes Musical. Und tatsächlich mit schockierenden antisemitischen Passagen. Und genau das gehört rausgearbeitet. Niemand wird durch solche Filme allein zum Neonazi oder Antisemiten. Dazu gehören immer persönliche Kontakte. Das hat die Extremismusforschung mittlerweile klar herausgearbeitet. Und dem müssen sich auch die Filmarchive stellen.


    Völlig richtig. Der zuweilen polemisch, aber stets sehr aufschlussreich schreibende Hans Schmid von Telepolis hat das in seiner Reihe zu Filmen aus der NS-Zeit auch immer wieder herausgearbeitet, bei einigen VB-Filmen wie "Alarm in Peking" auch hinterfragt, wieso genau sie eigentlich auf der Liste stehen. Da wären mehr Nachvollziehbarkeit und Aufarbeitung wirklich wünschenswert.

  • Und auch ganz außerhalb der NS-Zeit: es gibt so viele alte Schätze, die völlig in Vergessenheit geraten. Als ich heuer endlich den Film Stresemann von 1956 sehen konnte, war ich sehr betrübt darüber, dass es den seit der Videokassette aus den 90ern in keiner Form mehr im Heimkino gab. Im TV anscheinend auch nicht. Und Kinovorstellungen waren auch nur sehr vereinzelt. Digitalisiert wurde er auch noch nicht.


    Wie so viele...

  • Die Wendtland-Buchserie behandelt jeden Film vom aufkommenden Tonfilm bis zur letzten Produktion 1945 und macht beim durchlesen Appetit auf die vorgestellten Titel. Das ist dann meist allerdings die große Schwierigkeit! Leider ist nur ein Bruchteil davon offiziell erhältlich.

    Ehrlich gesagt habe ich mich damals schon gefragt wie Karlheinz Wendtland die Filme überhaupt so bewerten konnte. Sein Stil wirkt schon so als habe er die Filme gesehen. Praktisch ist das ja aber gar nicht bei allen möglich.


    Andererseits muss man ihm schon zugestehen, dass er, was Fachwissen anging, wirklich ungemein breit aufgestellt war. In seinen biographischen Bänden waren zahlreiche Schauspielerinnen und Schauspieler zum Teil sogar mit aktuellen Angaben aufgeführt, die längst vergessen waren, nie eine großartige Rolle gespielt hatten bzw sonst nirgendwo aufgeführt waren.


    Ich meine, mich erinnern zu können, dass er in der ersten Fassung seines Bands zu den Filmen von 1933, die eher eine Art Fingerübung und noch sehr amateurhaft auf einer mechanischen Schreibmaschine getippt war, geschrieben hat, dass er die meisten der Filme gesehen habe.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Ehrlich gesagt habe ich mich damals schon gefragt wie Karlheinz Wendtland die Filme überhaupt so bewerten konnte. Sein Stil wirkt schon so als habe er die Filme gesehen. Praktisch ist das ja aber gar nicht bei allen möglich.

    [...] geschrieben hat, dass er die meisten der Filme gesehen habe.

    Wenn ich es richtig mitbekommen habe war dieser Karlheinz Wendtland bereits vor 45 in der Branche aktiv? Hatte er dann vielleicht schon in irgend einer Weise Zugang zum Reichs Film Archiv? Hatte die UFA in Babelsberg nicht auch ein Filmarchiv?

    Vielleicht könnte er dort schon Filme sichten die heute nicht erhältlich sind?

    (Ich muss mir die dringend besorgen)

    „(Gaertner lehnt sich zurück und lacht lautlos.)

    Bauer: Was lesen Sie denn da Komisches?

    Gaertner: Ein Trauerspiel.

    Campe: Und ich freute mich schon! Ich dachte, Sie hätten über'n Lustspiel gelacht. -Mit Trauerspielen haben uns unsere Klassiker ja auf Jahrhunderte versorgt." (Die Frau nach Maß, S. 22f.)