Babylon Berlin (BRD, 2017)

  • Ende des Monats strahlt die ARD das erste Mal die Serie "Babylon Berlin" aus, die vorher schon bei Sky zu sehen war. Das Projekt interessiert mich sehr, das ich mich für Berlin, für deutsche Geschichte, für die 20er Jahre usw. sehr interessiere und die Serie wohl wirklich gut gemacht ist und bisher viele positive Reaktionen hervor gerufen hat. Bei imdb.com ist sie mit 8,5 von 10 Punkten bewertet.


    Ich werde - so Gott will - die Serie auf alle Fälle bald sehen, ich weiss nur noch nicht über welchen Weg.


    Kennt von Euch jemand "Babylon Berlin" und was sind Eure Eindrücke? Gerade Rückmeldungen der Filmfreunde wären interessant, denn ihr kennt ja die 20er und 30er Jahre recht gut und könnt den Film ggf. noch einmal auf einer anderen Ebene bewerten als die normalen Zuschauer heute.


    [...]


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    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

    Einmal editiert, zuletzt von Vogel Specht ()

  • Ich habe die Serie bereits im letzten Jahr auf Sky gesehen. Habe mir extra dafür ein Sky Abo zugelegt ( und danach wieder gekündigt).

    Um es kurz zu machen: DIe Serie ist Hammer!!!! Nicht das jetzt die Erwartungen zu hoch geschraubt werden, aber sie ist schon ein Leckerbissen. Visuell, musikalisch und von der Story her ist die Serie state of the Art. Noch dazu ist der Hintergrund ( Berlin in der Weimarer Republik) auch eine hochinteressante Zeit, in der vieles passiert ist, und in der es erschreckend viele Paralellen zur heutigen Zeit gibt.


    Für mich einziger Wermutstropfen: Das showdown am Ende ist mir etwas zu hollywood-like á la Indiana Jones, und damit zu unauthentisch.


    Ansonsten ist die Austattung und die Details bis hin zum kleinsten Requisit sehr authentisch. Auch wenn es doch ein paar kleine, nicht in die Zeit passende Details gab, die aber wohl nur absolute nerds entdecken...


    Gefallen haben mir auch Reminiszensen z.B. an den frühen Tonfillm, es gibt eine Tanzszene die stark von Lilian Harvey & Willy Fritsch und Ihren Tonfilmoperetten inspiriert ist.

    Dann gibt es aber auch wieder Konzessionen an den heutigen Geschmack, besonders was die Musik und Tanzszenen in den Clubs angeht. Das sind dann manchmal Stilbrüche, die aber sehr gut gemacht und eingebaut sind. Das ist wohl einfach notwendig, um auch das mainstream Publikum heutzutage zu bedienen... Jedenfalls bleibt mir die Musik im Ohr und ist ein Ohrwurm...


    Auf jeden Fall ansehen. Großes Kino!

  • Ich sehe es genauso wie sisterandi - die Serie ist der Hammer! Man sollte keine Folge davon verpassen! Ich habe sie ebenfalls auf Sky gesehen (und bin Abonnentin geblieben ;)), werde sie jetzt wieder angucken und definitiv auch kaufen, wenn sie als DVD rauskommt.


    Eine tolle Besetzung, sehr authentisch, bis in die Dialoge hinein. Irgendwo hatte mal ein schlauer Kritiker geschrieben, Liv Lisa Fries könne nicht berlinern - aber das stimmt nicht! Ich bin ja Berlinerin, und sie spricht im Film exakt so wie meine Oma gesprochen hat, das Alt-Berlinische eben.

    Man fiebert regelrecht mit. Bei Sky war es ja so, dass immer die beiden kommenden Folgen eine Woche vor der Ausstrahlung schon gestreamt wurden - ich habe es nicht ausgehalten, bis zur Ausstrahlung zu warten, sondern hab sie marathon-mäßig immer sofort angeschaut.


    Man sollte aber kein "Abfilmen" der Zwanziger Jahre erwarten. Wie sisterandi auch geschrieben hat, ist zum Beispiel die Musik ja nagelneu. In der allerersten Szene mit Musikuntermalung ertappt man sich dann auch dabei, dass man denkt: huch, das passt jetzt aber nicht. Aber man gewöhnt sich ganz schnell daran, und in der Tat schlägt die Musik dann den Bogen zum Jetzt. Der Titelsong ist jedenfalls sehr gut gewählt, ein echter Ohrwurm.

    Andere Serie machen das mit der Musik außerdem noch krasser. Bei Netflix gibt es ja die - ebenfalls gute - Serie "Die Telefonistinnen". Da sind dann richtig moderne Popsongs drin, aber selbst das stört nicht, wenn der Rest authentisch ist.

  • Mir ist das ehrlich gesagt zu "poppig". In diesem Kontext ist das nicht so mein Fall.

    Ich mag auch die neuen Serienproduktionen aus England nicht, die auf "historisch" machen. Bei "Marie Antoinette" mit Kirsten Dunst brauch ich diesen Pop zB auch nicht.


    Irgendwie fehlt mir da was an Authentizität bzw. es ist mir zu "widersprüchlich".


    Ich bin halt festgefahren in den TV-Produktionen der 80er Jahre... Was solls? :D:D

    "Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht"


    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Irgendwie fehlt mir da was an Authentizität bzw. es ist mir zu "widersprüchlich".

    Aber es ist doch gerade "authentisch", also im weitesten Sinne, wenn man ein Gefühl dafür bekommt, wie die Zeit gewesen sein könnte, eben weil sie einen Bezug zum Heute hat. Man merkt jedenfalls dadurch, wie modern die Zwanziger eigentlich gewesen sind, denn sooo ein großer Unterschied besteht gar nicht.

    Denke ich auch immer, wenn ich Alltagsfotos aus der Zeit angucke. Das, was im Hintergrund zu sehen ist, irgendein banaler Heizkörper oder Lichtschalter oder so, sieht oftmals schon aus wie heute - und wenn die Bilder farbig und klar wären, würde man keinen Unterschied merken. Diese Modernität transportiert auch Babylon Berlin.


    Aber wenn Du generell kein Fan von sowas bist, Mathias77 , ist wahrscheinlich schwer Dich dafür zu begeistern. Mochtest Du denn z.B. "Unsere Mütter, unsere Väter", "Charité", "Kudamm 56" und solche Serien? Ich liebe die ja!!

  • Die von Dir genannten Produktionen habe ich alle nicht gesehen, weil mich TV-Produktionen abschrecken. Wenn ich mal eine schaue - auch wenns ein Tatort ist - bin ich in der Regel schwer enttäuscht. Und prinzipiell interessieren mich viele der Themen, aber wenn ich dann einen Tom Schilling oder die typische Garde an Schauspielern sehe - Ferres, Ferch, Liefers und co - die ihre Wirkung schon so kaputt gespielt haben in unzähligen öden TV-Filmen, da vergeht mir leider die Lust. Auch wenn es dann wieder Ausnahmen gibt.


    Für Babylon Berlin bin ich offen, weil das eine andere Ebene hat und von Leuten wie Tom Tywker gedreht wurde. Es also ein richtiges Prestige-Projekt ist, das nicht nur von den üblichen TV-Sendern produziert wrude, und kein hochgepuschter ARD-Zweiteiler.

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    Konfizius

  • Fräulein G.

    Ist ehrlich gesagt alles nicht so mein Fall. Dann lieber "Café Wernicke", "Ein Mann will nach oben", "Kartoffeln mit Stippe" usw. Die neuen Produktionen sind mir persönlich zu wenig nostalgisch. Das betrifft neben der Musik auch oft die Maske (Frisuren) und die Kostüme.

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    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Kann ich nachvollziehen, ich bin aber offen für alles, soweit es mich anspricht und es gut gemacht ist. Dieser "Moderne" Aspekt bei "Babylon Berlin" reizt mich ehrlich gesagt - das ist ja das was Kunst bewirken soll. Und was künstlerische Freiheit ermöglicht.

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    Konfizius

  • Da bin ich in gewisser Hinsicht halt doch sehr nostalgisch oder lege Wert auf historische Details. Wenn die Musik nicht 20er Jahre mäßig passt oder die Damen- und Herrenfrisuren wirken nicht zeitgemäß (kein "strenger" Herrenscheitel oder keine Damen-Hochfrisur wie um 1900)....Also ich weiß nicht. Ich denk mir da immer "Früher konnten die das besser umsetzen im TV". Dann schau ich mir gleich lieber Filme und Produktionen an, die in der Gegenwart spielen. Ich bin übrigens auch kein Fan von modernen Operninszenierungen, deswegen schau ich mir kaum noch eine Produktion auf der Bühne an. ;)

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    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Das mit Oper geht mir auch so. Der Rest eigentlich auch, aber wenn es lediglich Nuancen sind oder kleine Dinge, finde ich es ggf. ganz reizvoll und interessant. Aber es kommt wie immer auf den Einzelfall an.

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    Konfizius

  • Mich haben halt auch sehr die 70er und 80er Jahre Serien (zB "Die Onedin Line", "Das Haus am Eaton Place" , die Grenada-Serie "Sherlock Holmes" mit Jeremy Brett als britische Beispiele usw.) geprägt und auch meine spätere Präferenz für alte Filme "in Schwung" gebracht. Deswegen hab ich da auch immer mein bestimmtes Bild oder besser meine Vorstellung zu einer bestimmten Dekade...

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    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Also, Babylon Berlin ist schon sehr authentisch. Kostüme, Frisuren, und selbst kleinste Requisiten sind absolut authentisch und wie in den 20ern. In einem "making of" Video gibts ein Interview mit der zuständigen Austatterin für die Kleidung. Und sinngemäß wurde gesagt, dass man lieber auf originale 1920er Klamotten zurückgegriffen hat, wo es ging, da die nachgemachten Retro Klamotten alle andere Schnitte usw haben, und das halt nicht authentisch ist. Auch bei den Frisuren und der Maske z.B. hat man es einfach natürlicher gelassen, ohne viel Styling und Make-up. Denn wenn man sich Alltags Fotos der Zeit anschaut, sind die wenigsten "gestylt" herumgelaufen, sondern eher natürlich.


    Das einzige was eben eine Brücke ins heute schlägt ist die Musik. Wobei es aber nicht so wie bei anderen gerade angesagten "historischen" Serien ist, dass wirklich moderne Popmusik gespielt wird, sondern die Instrumentierung so ist, dass es auch in den 1920er hätte gespielt werden können, auch die Melodien usw sind von der Zeit inspieriert sind, nur die Komposition an sich ist halt modern. Dadurch wohl auch der Ohrwurm Charakter.

  • sisterandi "Nur die Komposition an sich ist halt modern". Das find ich schade und ist auch bei vielen Stummfilm-Kompositionen nicht so mein Ding. Vlt. ist auch das ein Grund dass ich Stummfilme nicht so gerne anschaue. Das überdeckt für mich dann die 20er Jahre Atmosphäre. Die Aufnahmen mit Max Raabe von neuen Kompositionen gefallen mir auch nicht. Kein Vergleich mit den Anfängen.

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    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • sisterandi "Nur die Komposition an sich ist halt modern". Das find ich schade und ist auch bei vielen Stummfilm-Kompositionen nicht so mein Ding. Vlt. ist auch das ein Grund dass ich Stummfilme nicht so gerne anschaue. Das überdeckt für mich dann die 20er Jahre Atmosphäre. Die Aufnahmen mit Max Raabe von neuen Kompositionen gefallen mir auch nicht. Kein Vergleich mit den Anfängen.

    Prinzipiell gebe ich Dir Recht, und mir geht es oft auch so. Auch beim anschauen der Serie war ich enttäuscht, als auf einmal diese Musik kam und in der Szene die Leute dazu modern tanzten. Es sind eben doch keine abgefilmten 20er Jahre, wie Fräulein G. schon schrieb. Aber im Nachhinein, und nach öfteren hören der Musik, fand ich es ok. Und wie es Fräulein G sinngemäß auch schon geschrieben hat, schrumpft dadurch die zeitliche Distanz zu dieser Zeit zusammen, und der Zuschauer, der sich normalerweise nicht mit der Zeit beschäftigt, kann sich besser in die Zeit reindenken, weil auch damals die Leute gefeiert haben wie heute, wenn nicht sogar mehr und heftiger. Originale Musik der 20er klingt für viele antiquiert und Oma mäßig, weil wir sie von unseren Großeltern kennen. Damals war diese Musik revolutionär und etwas kolossal anderes als die Musik davor . Durch die moderne Komposition, ist diese damalige Modernität der 1920er Jahre besser nachvollziehbar für den heutigen Zuschauer, und damit wird diese Zeit für die meisten auch lebendiger und interessanter. Letzlich wurden die immensen Kosten dieser Serie ja investiert, um möglichst viele Zuschauer zu gewinnen, und nicht um einige wenige Nerds und Historiker zufriedenzustellen.

  • Mathias77 Bei Serien oder Filmen der 70er und 80er Jahre fällt mir immer wieder auf, dass man es Ihnen anmerkt, dass Sie z.B in der 70ern entstanden sind. So haben viele Figuren trotzdem z.B. 70er Jahre Frisuren und den Kostümen sieht man auch die Schnitte der 70er Jahre an. Ichhabe gerade mal in "Café Wernicke" auf youtube angeschaut, und gleich in der ersten Szene ist mir das aufgefallen:

    Make-up der Frau, Frisur des Mannes, Jackett Schnitt des Mannes sind 70er Jahre pur und hätte es in den 20er nicht gegeben. Ich finde die Authenzität der meisten historischen Filme und Serien ist schon eher gering.

  • sisterandi Da hast du schon recht damit. Deswegen schrieb ich ja auch von "meiner" persönlichen TV-Vorstellung dieser Dekaden, die allerdings aus den 70er bzw. 80er Jahren (die frühen 90er auch noch) stammen und mich geprägt hat.

    Und zur Musik: ich bin halt auch ein Fan der alten Schlager, deswegen find ich es schade dass man die dann durch Neukompositionen ersetzt, warum auch immer. Die von dir genannten Gründe treffen sicherlich zu. Und das mit dem "Nicht-Abfilmen" hat Fräulein G. wirklich gut getroffen. Wahrscheinlich ist es das, was ich dann in diesen Fällen vermisse.

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    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • sisterandi

    Das stimmt absolut mit den 70er Jahre Frisuren. Das fällt mir auch oft auf, dass bei historischen Stoffen die 70er Jahre dennoch voll spürbar sind - u.a. auch wegen den Frisuren. Aber wer weiss, ggf. war die Mode z.B. im Jahr 1820 so, dass die Frisuren aussahen wie in den 1970er Jahren ;)

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    Konfizius