Neues Reclam-Buch über den NS-Film ist erschienen

  • Zitat Fräulein G.:

    Zitat

    Ich finde, es ist beim genauen Hinsehen in ganz vielen Filmen was drin, und wenn es nur ein Satz ist oder sich aber über das definiert, was NICHT drin ist.

    Ich bin in der aktuellen Debatte nicht so drin, aber nachdem ich mir das Buch durchgelesen habe, habe ich den Eindruck bekommen, dass man auch in den Betrachtungen der Filme teilweise angefangen hat, die Filme mehr aus der Zeit raus zu betrachten und weniger in feste und starre Kategorien wie "Propagandafilm ja/nein" einzuteilen. Auf mich wirken diese starren Kategorien immer so, als wären die Filmschaffenden einmal zur Seite getreten, hätten einen neutralen Blick auf das Dritte Reich geworfen und dann beschlossen: "Hier machen wir Propaganda und hier nicht". Das geht halt nur bis zu einem gewissen Grad, aber man vernachlässigt dabei, wie sehr die Filmschaffenden selber ein Produkt ihrer Zeit und ihres Umfelds waren und auch der Zeit davor.

    Es ist wichtig, dass man sich mit diesen ganzen Thesen auseinandersetzt, auch wenn sie etwas mit dem Vorschlaghammer vorgebracht werden wie das wohl bei Siegfried Kracauer der Fall war (?) oder generell zum Dritten Reich die Goldhagen-Debatte, zur Wehrmacht die Wehrmachtsausstellungen usw. Das bringt wichtige Erkenntnisse (Ich weiß noch sehr gut, wie ich nach meinem Besuch der Wehrmachtsausstellung so schnell wie möglich mit meinem Großvater geredet habe und ihn konkret befragt habe. Und das war das einzige Mal, dass er ansatzweise etwas von entsprechenden Erfahrungen im Partisanenkampf in Russland preisgegeben hat). Aber seitdem ich mich ein wenig mit sozialpsychologischen Betrachtungsweisen auseinandergesetzt habe, ist es für mich persönlich auch sehr gewinnbringend, wenn man sich sensibler und nuancierter mit dem Thema auseinandersetzt - also Einzelsätze betrachtet, den Hintergrund von Filmschaffenden über ihre Arbeit hinaus ansieht usw.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

    2 Mal editiert, zuletzt von Austernprinzessin ()

  • Was sagt das Buch jetzt konkret im NS-Bezug zum österreichischen Film "Burgtheater" (1936)? Würde mich wirklich interessieren. Abgesehen von den sog. "Illegalen" in Österreich, kann es in diesem Jahr nämlich keinen tatsächlichen Kontext geben, Dollfuß und Schuschnigg waren keine NSDAP-Mitglieder oder hatte der "Bock von Babelsberg" vlt. damals schon seine Finger in der späteren Filmindustrie der sog. "Ostmark"???

    "Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht"


    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Ist schon eine Weile her, dass ich das gelesen habe. Ich glaube in diesem Artikel wird vor allem Willi Forst betrachtet, der tatsächlich eine Art Sonderstatus erhält als jemand, der es erfolgreich geschafft hat, sich da völlig rauszuhalten.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Ich hab zwar das Buch nicht gelesen, aber auch wenn es sich da um die Person Willi Forst und sein Verhalten gegenüber dem Regime ab ´38 und/ oder auch davor in Bezug auf das Deutsche Reich handeln sollte, komm ich auf keinen grünen Zweig.

    Was die österreichische und noch nicht irgendwie geartete nationalsozialistische Produktion "Burgtheater" aus dem Jahre 1936 (also 2 Jahre vor dem Anschluss) mit einem sog. "NS-Film" auch im entferntesten zu tun haben könnte, bleibt zumindest mir weiterhin schleierhaft.

    "Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht"


    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Wie gesagt, ich hab das Kapitel nicht mehr im Kopf. Und im Moment habe ich auch nicht genug Zeit um es nochmal zu lesen. Aber so isoliert war Österreich ja nicht von Deutschland, dass es damals keine Verbindungen gegeben hätte. Werner Krauß ist auch ein Name, der für sich spricht usw. Aber wie gesagt, wenn ich mich richtig dran erinnere, wird Burgtheater als vollkommen neutraler Film gesehen. Er hat wohl auch einen ganz anderen Stil als Filme, die von der Thematik her verwandt sein könnten.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Bei der 1958er Version von Mädchen in Uniform ist auf jeden Fall Therese Giehse als Oberin besser. Richtig furchterregend, aber als eine Vertreterin des Königshauses vorbeischaut, wird die Oberin ganz devot und man hat fast Mitleid mit ihr. Vor ein paar Monaten gab es in der Zeitschrift Film Comment eine DVD-Rezension des 1958er Films, in der er als der Fassung von 1931 überlegen bezeichnet wird.

  • Bei der 1958er Version von Mädchen in Uniform ist auf jeden Fall Therese Giehse als Oberin besser. Richtig furchterregend, aber als eine Vertreterin des Königshauses vorbeischaut, wird die Oberin ganz devot und man hat fast Mitleid mit ihr. Vor ein paar Monaten gab es in der Zeitschrift Film Comment eine DVD-Rezension des 1958er Films, in der er als der Fassung von 1931 überlegen bezeichnet wird.

    Stimmt - es gibt Filme - wenn auch wenige, die als Neuverfilmung besser waren und "Mädchen in Uniform (1958) gehört dazu.


    Unter anderem auch "Der Tiger von Eschnapur" und das "Indische Grabmal" bei de 1938 - die Verfilmungen von 1958 waren besser

    Außerdem "Kohlhiesels Töchter" von 1943 war besser als die Verfilmungen von 1920 und 1930

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    Geschmacksache: Auch die Neuverfilmung von "13 Stühle" - mir gefiel die Version von 1957 besser


    Zu guter Letzt: "Der Etappenhase" von 1956 war auch besser als die Version von 1937

  • Ich wurde gefragt, an welchen Büchern ich noch beteiligt gewesen bin. Das waren u.a. ein Kapitel über den Film im Nationalsozialismus in dem großen Bildband "Filmmuseum Berlin" (2000) und ein Kapitel über Anny Ondra in "Die Frauen von Babelsberg" (2012). Für "CineGraph Lexikon zum deutschsprachigen Film" habe ich Porträts über Hans-Otto Borgmann, Katja Flint, Manon Hahn, Hilde Körber, Thomas Kretschmann, Theo Mackeben, Aribert Mog, Maria Orska, Ilse Steppat, Erich Waschneck, Dorothea Wieck, Herbert Windt, Judy Winter und Wolfgang Zeller verfasst.

  • Frano

    Sehr spannend! Die meisten, der von Ihnen genannten Namen sind mir bekannt. Von einigen Darstellern habe ich schon öfter Filme gesehen, vor allem Hans-Otto Borgmann begegnet mir bei meinen Nachforschungen immer öfter. Ich bin ja selbst auch sehr an Biografien von Filmpersönlichkeiten interessiert, und habe mich schon öfter gefragt, wie es ist, in diesem Bereich beruflich tätig zu sein. Arbeiten Sie als freiberuflicher Biograf oder sind Sie bei einem Verlag angestellt?