Das Gladbecker Geiseldrama

  • Gestern und heute lief bzw. läuft eine Fernsehproduktion über das Geiseldrama von Gladbeck. Das hatte Sandra Maischberger gestern auch als Thema. Heute gibt's dazu um 21.45 eine Doku.
    Nachdem ich Fernsehfilme wegen der schlampigen Kameraeinstellungen und hektischen Schnitte meist extrem anstrengend finde, werd ich mir das sparen, aber vielleicht hat ja jemand von euch Interesse dran und kann mir ein Feedback geben.
    Vielleicht sehe ich mir die Doku an, aber auf jeden Fall Sandra Maischberger.
    Interessant wäre es gewesen, Frank Plasberg einzuladen. Der war ja damals auch einer der Journalisten, die die Geiselnehmer interviewt haben. Aber nachdem der in der ARD ja selber eine populäre Talkshow hat, war das für die ARD wohl doch ein zu heißes Eisen - schade.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Da ich das damals alles verfolgen konnte, hatte ich kein Interesse, mir das anzusehen. Ich weiß ja, wie es ausgeht. Ich weiß auch nicht, ob immer alles verfilmt werden muss, 30 Jahre lang konnte man die Finger davon lassen, nun ist es doch passiert.


    Aktuell ist es aber immer noch. Die Pressefreiheit ist ein sehr hohes Gut, das kaum Einschränkungen unterworfen ist. Das damalige Verhalten der Medien hat aber zu Diskussionen geführt. Wenn die Talkrunden darauf schwerpunktmäßig eingingen, wäre es ein Gewinn, zumal Journalisten mal die Gelegenheit hätten, sich selbstkritisch zu reflektieren, unabhängig davon, ob sie dabei waren oder nicht.

  • Verfolgt habe ich es damals auch nicht. Nachdem aber in den Nachrichten darüber berichtet wurde, hatte ich den Eindruck, alles sei nicht so schlimm und war sehr schockiert als ich plötzlich gehört habe, es sei jemand ums Leben gekommen. Daran kann ich mich noch gut erinnern.
    So richtig diskutiert und auch ausgeschlachtet wurde die Sache ja erst als das Geiseldrama vorbei war. Dabei ging es hauptsächlich um Silke Bischoff. Die anderen sind nicht so im Blickfeld gewesen. Vor allem der ums Leben gekommene Polizist hat niemanden wirklich interessiert.


    Die Diskussion bei Maischberger war eher eine Gesprächsrunde und hat mir schon einige neue Einblicke gegeben. Der Vorwurf eines Anwesenden, der Fernsehfilm würde Degowski glorifizieren, weil er genau jetzt zu Entlassung gezeigt wird, ist zwar sehr heftig, aber Sandra Maischberger konnte nur ziemlich bedröppelt sagen, die Macher hätten das nicht gewusst, als sie den Film gedreht haben. Das ist natürlich absoluter Unsinn. Insofern steht der Vorwurf jetzt unwidersprochen im Raum.


    Es stimmt, Pressefreiheit ist ein hohes Gut, aber die Würde der Menschen auch. Und zumindest bei Silke Bischoff wurde das meiner Meinung nach zu wenig beachtet. Und dieser Widerspruch wurde bis jetzt auch nicht zufriedenstellend aufgelöst.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Aus dem Geiseldrama hatte die Polizei offenbar gelernt. Heute weitgehend unbekannt ist, dass es gut 11 Jahre später eine ähnliche Situation in Aachen gab. Dass sie so wenig bekannt ist, dürfte vor allem an der Tatsache liegen, dass die Medien weitgehend rausgehalten werden konnten und die Polizei freies Geleit ablehnte. Adnan Hodzic überfällt eine Geldtransporter-Firma in Würselen, findet dort aber kaum Geld vor. So nimmt er drei Geiseln und fährt zur Landeszentralbank (LZB) nach Aachen, wo er sich eine Mio. DM aushändigen lässt. Raus kommt er allerdings nicht mehr, weil die Polizei das Gebäude umstellt hat.


    Der Täter fordert freies Geleit samt Geld und Geiseln. Er hängt ihnen Handgranaten um den Hals und schießt mehrmals um sich. Es ist ein Martyrium, das über 50 Stunden andauert.


    Schließlich bekommt Hodzic ein Auto, lässt zwei verletzte Geiseln zurück und fährt mit dem Geschäftsführer der Geldtransporter-Firma, Becker, davon. Was er nicht weiß: Der Motor ist ferngesteuert. Das Auto wird gestoppt, worauf der Geiselnehmer aussteigt, einen Stift aus der Handgranate zieht und sie Herrn Becker unters Hemd schiebt. Mit einem gezielten Schuss eines Polizisten wird er getötet. die Geisel bleibt unverletzt.


    Das passierte heute vor 20 Jahren.


    Der Einsatzleiter war übrigens der selbe wie in Gladbeck - Tobias Dammers. Aus Gladbeck hat er viel gelernt und es diesmal besser gemacht, weshalb wohl auch das Geiseldrama heute weitgehend in Vergessenheit geriet.


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