Hitlerjunge Quex (1933) mit Jürgen Ohlsen und Heinrich George

  • Der Film zählt zu den ersten Propagandafilmen in der NS-Zeit. Nach den eher weniger erfolgreichen Propagandafilmen wie z.B "Hans Westmar" (1933) war "Hitlerjunge Quex" (1933) ein großer Erfolg der frühen NS-Propaganda, der aber auch durch das NS-Regime erzwungen wurde. Schnell wurde der Film für die ersten HJ-Filmstunden verwendet und so ziemlich jeder der damaligen Hitlerjungen sah ihn, genauer gesagt, er musste ihn sehen.


    Anders als man vielleicht denken könnte, war der Propagandaminister Joseph Goebbels von dem Film nicht sehr begeistert. Er selbst sah den Film als ein zu oberflächliches und zu offensichtlich beeinflussendes Werk an, das er verabscheute. Er setzte daraufhin auf indirekte Propaganda und der Film verlor in den weiteren Jahren des NS-Regimes immer weiter an Bedeutung.


    Die Handlung des Films basiert auf dem Hitlerjungen Herbert Norkus, der 1932 in den Straßenkämpfen zwischen den Kommunisten und den Nationalsozialisten ums Leben kam. Vor der Veröffentlichung des Films ist bereits ein Roman mit dem Titel "Hitlerjunge Quex" verfasst worden.


    Neben dem prominenten Heinrich George spielt Jürgen Ohlsen die Rolle des Hitlerjungen Quex. Diese Rolle sollte ursprünglich Hermann Braun spielen. Dieser erkrankte jedoch kurz vor den Dreharbeiten. So erhielt der bis dahin unbekannte Jürgen Ohlsen die Rolle des Hitlerjungen Quex. Er wurde im Vorspann des Films nicht genannt wurde aber dennoch als Hitlerjunge Quex bekannt und wurde als Vorzeige-Hitlerjunge auf eine deutschlandweite Tournee geschickt. Doch sein Erfolg nahm ein jähes Ende, als an die Öffentlichkeit kam, dass er sich mit jüdischen Freunden zum Tischtennis traf. Seit 1940 ist er nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten. Ob er von NS-Regine "unauffällig beseitigt" wurde oder ob er 1994 in Düsseldorf eines natürlichen Todes starb, ist bis heute ungeklärt.


    Der Film zählt heutzutage zu den Vorbehaltsfilmen der NS-Zeit. Als besonders gefährlich wird an dem Film das Lied "Unsere Fahne flattert uns voran" angesehen.


    Ich habe in letzter Zeit zu diesem Film recherchiert, und obwohl nach wie vor viele Unklarheiten in diesem Bereich vorhanden sind, habe ich doch gemerkt, dass man einiges finden kann. Gerade Filmanalysen im historischen Kontext findet man ziemlich viele.


    Über die Dreharbeiten selbst findet man allerdings nur vereinzelt Informationsbrocken wie z.B hier: http://www.brandenburg-33.de/d…ndafilm-hitlerjunge-quex/

  • Die Besetzungsliste des Films ist aktualisiert worden: https://www.imdb.com/title/tt0…redits?ref_=tt_cl_sm#cast


    Somit ist mir jetzt auch bekannt, mit welchen Kinder- und Jugenddarstellern die anderen Rollen besetzt wurden. Folgendes finde ich besonders spannend: Hermann Braun, der ursprünglich die Hauptrolle (Hitlerjunge Heini Völker) gespielt hätte und dann krankheitsbedingt absagen musste, erhielt letztendlich doch noch eine Rolle in dem Film (Hitlerjunge Grundler). Anscheinend ist er dann doch noch früher wieder genesen.



    Folgende Kinder- und Jugenddarsteller wirkten an dem Film mit:


    Bisher bekannt waren mir namentlich:


    Jürgen Ohlsen (1917-1994)

    Hans Richter (1919-2008)

    Rotraut Richter (1915-1947)

    Helga Bodemer (unbekannt, laut RFK 1916-?)



    Durch die aktualisierte Besetzungsliste kommen noch hinzu:


    Franz Ramspott (unbekannt-?)

    Hermann Braun (1918-1945)


    In den kleineren Rollen wirkten noch weitere Kinder und Jugendliche der Hitlerjugend Berlin an dem Film mit.

  • Zitat von Heideland

    Was spricht denn für Düsseldorf 1994 ?

    Soweit ich weiß, stammt die Information, dass Jürgen Ohlsen in Düsseldorf gestorben ist, von der IMDb. Demnach hat ein Forscher (privat oder beruflich) zu dem Thema geforscht und in Erfahrung gebracht, dass Jürgen Ohlsen 1994 in Düsseldorf verstorben ist. Wie er das in Erfahrung gebracht hat, ist nicht genau bekannt, da gibt es viele Möglichkeiten.


    Ein Bekannter von mir hat auch mal zu Jürgen Ohlsen geforscht. Von ihm habe ich erfahren, dass Jürgen Ohlsen den 2. Weltkrieg überlebt hat. Allerdings kann man davon ausgehen, dass er eher zurückgezogen gelebt hat. Er hatte ja auch einen Verwandten in den USA, James Ohlsen, der ebenfalls nicht weiß, was aus Jürgen Ohlsen geworden ist.


    Zu dem Thema gibt es auch ziemlich viele offene Fragen. Ich bin auch schon gespannt, wie das noch weitergehen wird...


    Zu Jürgen Ohlsen habe ich auch mal ein Thema eröffnet: Jürgen Ohlsen

  • Der Film "Hitlerjunge Quex" wurde 2014 im Brotfabrikkino in Berlin-Weißensee aufgeführt. Zur historischen Einordnung wurde in diesem Rahmen auch die Dokumentation "Verbotene Filme - Das Erbe des Nazi-Kinos" gezeigt. Diese Aufführung des Films wurde vom Berlin-Film-Katalog organisiert.


    Der Flyer zur Aufführung ist noch im Internet zu finden und bietet weitere Informationen zum Film selbst und zum Berlin-Film-Katalog: http://www.berlin-film-catalog…r_Hitlerjunge_Quex_1_.pdf

  • Ich habe ihn mittlerweile auch gesehen. Ich muss sagen, mal ganz unabhängig von der politischen Aussage betrachtet, ist er für mich einer der besten und beeindruckendsten Filme dieser Zeit, den ich kenne. Ich kann mich Herbert Holbas Urteil (zit. nach Klassiker des deutschen Tonfilms, S. 86) nur voll und ganz anschließen: "Hitlerjunge Quex ist, künstlerisch gesehen, nicht nur einer der besten Propaganda-Filme, sondern auch einer der effektvollsten Jugend-Filme, die Deutschland je hergestellt hat"

    Das liegt nicht zuletzt auch an vielen großartigen Darstellern, allen voran Heinrich George, Berta Drews, Rotraut Richter, Hermann Speelmans und nicht zuletzt Jürgen Ohlsen. Ich glaube, dass letzterer das vor allem Hans Steinhoff verdankt, der ihn äußerst effektiv eingesetzt hat, so dass er (vergleichsweise) weniger "spielen" musste und umso mehr "wirken" konnte. Und das muss man wirklich sagen: Der Hans Steinhoff des Quex-Films ist alles andere als der "Scheißregisseur", als den ihn Billie Wilder angeblich einmal bezeichnet hat, sondern ein äußerst beeindruckender Regisseur, der hier eine hervorragende Leistung abgeliefert hat.

    Minuspunkte in dem Film sehe ich allenfalls in dem etwas hölzernen Spiel einiger Darsteller, allen voran Franz Ramspott und Helga Bodemer. Auch Karl Meixners Figur ist zu sehr over the top, um heutzutage wirklich ernst genommen zu werden. Das mag aber damals anders gesehen worden sein.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

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  • Ich habe ein Kriegstagebuch vor mir liegen, das bezieht sich auf die letzten Kriegstage 1945 und die darauffolgende Kriegsgefangenschaft. Der Autor hat das Tagebuch komplett in Gedichtform verfasst und nennt einen Denunzianten aus den letzten Kriegstagen "Hitler Junge Quex".

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Ich habe mir noch einmal einen Teil des Films angesehen. Also Jürgen Ohlsen muss ich doch Abbitte leisten. Er bietet eine sehr sensible und vollkommen überzeugende Leistung. Man muss bedenken, dass die Mikrofone damals so unsensibel waren und insbesondere Darsteller mit hellen Stimmen sehr laut, langsam und akzentuiert sprechen mussten. Und das betrifft natürlich auch Jürgen Ohlsen. Sowas hört sich dann leicht auswendig gelernt und starr an. Bei Jürgen Ohlsen ist das aber nie der Fall, auch nicht bei den meisten anderen Darstellern, außer Helga Bodemer und Franz Ramspott. Wobei ich nicht finde, dass sie schlecht spielen.

    Karl Meixners übertriebenes Spiel ist wahrscheinlich sogar Absicht. Ich könnte mir vorstellen, dass er bewusst Assoziationen zu seinem Hofmeister in "Das Testament des Dr. Mabuse" evozieren sollte.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)