Kopf hoch, Johannes (1941) mit Klaus Detlef Sierck und Gunnar Möller

  • Nachdem über einen langen Zeitraum (fast) keine Jugendfilme produziert wurden, kam mit dem Film "Kopf hoch, Johannes" (1941) wieder ein Jugendfilm in die Kinos. Auch wenn der Film, den Einspielergebnissen nach zu urteilen, beim Publikum einen Erfolg verzeichnen konnte, kam der Film, obwohl es sich um einen Propagandafilm handelte, bei Propagandaminister Joseph Goebbels nicht gut an. Die Kritiken der Presse hingegen waren, besonders den Hauptdarstellern gegenüber, positiv. Klaus Detlef Sierck, der in dem Film die Titelrolle verkörpert, und der damals noch vergleichsweise unbekannte Gunnar Möller, wurden von der Kritik besonders hervorgehoben.
    Der heutzutage zurecht umstrittene Film, in dem die Hitlerjugend eine zentrale Rolle spielt, zählt seit dem Kriegsende zu den Vorbehaltsfilmen.


    Ich bin vor kurzem auf ein Foto zum Film gestoßen. Ich vermute, dass es sich bei dem auf dem Bild im Vordergrund stehenden Jungen um Gunnar Möller handelt. Ich bin mir aber nicht sicher, da ich von Gunnar Möller keine Autogrammkarten/klar zugeordnete Fotographien aus der Zeit gefunden habe. Hier ist das besagte Foto:


    Wissen Sie möglicherweise, um wen es sich bei dem im Vordergrund stehenden Darsteller handelt?

  • Gunnar Möller eindeutig. Habe den Film letztes Jahr in Top Qualität in Wien bei einer Retrospektive im Kino sehen dürfen. Leider liegt er nur in eher schlechterer Bildqualität in Sammlerkreisen vor


    "Mein wichtigstes Lebensmotto war immer: Treue. Auch mir selbst gegenüber."
    (Heinz Rühmann, 1902-1994, Schauspieler)


  • Eine Anzeige zur Erstaufführung von "Kopf hoch, Johannes" (1941). Neben der großen Anzeige befindet sich links die Aufführungszeit mit dem Vermerk "Jugendliche über 14 Jahren haben Zutritt". Somit handelt es sich bei "Kopf hoch, Johannes" (1941) um einen Film, der nur für Jugendliche (und Erwachsene?) bestimmt war. Das war mir bisher gar nicht bekannt: http://anno.onb.ac.at/cgi-cont…&ref=anno-search&seite=15

  • In den letzten Monaten habe ich im Rahmen meiner Nachforschungen zu dem Film "Kopf hoch, Johannes" einiges in Erfahrung bringen können. Auf der Suche nach den Kinder- und Jugenddarstellern des Films habe ich folgendes in Erfahrung bringen können:


    Zuerst habe ich mich mit dem Kinder- und Jugenddarsteller Albrecht von Wechmar beschäftigt. Da ich unter seinem Namen bisher kaum etwas herausfinden konnte, habe ich zu dem Adelsgeschlecht von Wechmar recherchiert und bin so auf die Autobiografie von Rüdiger von Wechmar (1923-2007) aufmerksam geworden. Zu Albrecht von Wechmar habe ich leider in den Kapiteln zu seiner Jugendzeit bisher nichts finden können. Jedoch schreibt Rüdiger von Wechmar, dass er selbst auch an dem Film "Kopf hoch, Johannes" (1941) mitgewirkt hat. Auf der Suche nach jugendlichen Darstellern war der Filmregisseur Viktor de Kowa auch in der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Berlin - Spandau, die Rüdiger von Wechmar damals besuchte. Zwei Jungen aus der Napola Spandau wurden für die Mitwirkung an dem Film ausgewählt, einer von ihnen war Rüdiger von Wechmar.

    Rüdiger von Wechmar machte sich später u.a als Diplomat und Regierungssprecher einen Namen.


    Bei der IMDb wurde neulich die Besetzungsliste des Films aktualisiert. Demnach stand der Schauspieler Gerlach Fiedler (1925-2010) bereits im Jugendalter für den Film "Kopf hoch, Johannes" vor der Kamera. In einem Interview erzählt er, wie er damals zum Film gekommen ist. Klaus Detlef Sierck, der jugendliche Hauptdarsteller des Films "Kopf hoch, Johannes" war damals einer seiner Mitschüler. Bereits 1938 stand er zum ersten Mal gemeinsam mit ihm vor der Kamera. Später machte er sich in diversen Berufen der Film- und Theaterbranche einen Namen.


    Drehort des Films war die Nationalpolitische Erziehungsanstalt Oranienstein bei Diez an der Lahn. Die Schüler der Napola Oranienstein wirkten als Komparsen an dem Film mit. Daher habe ich mir die Autobiografie des ehemaligen Napola-Schülers Hans Günther Zempelin (geb. 1926) zugelegt und gelesen. Hans Günther Zempelin berichtet, dass das Titellied des Films von dem Schüler-Orchester der Napola Oranienstein gespielt wurde. Da Hans Günther Zempelin zeitweise auch im Schüler-Orchester war, wäre es möglich, dass er an den Musik-Szenen im Vorspann als Musikant zu sehen ist. Eventuell gelingt es mir ja, Herrn Zempelin über den R.-G.-Fischer-Verlag, der seine Autobiografie veröffentlicht hat, zu erreichen.


    Weitere ehemalige Schüler der Napola Oranienstein sind u.a der Geschichtswissenschaftler Prof. Dr. Horst Lademacher (geb. 1931) und der spätere Filmregisseur Harald Schäfer (1931-2001). Die Autobiografie von Horst Lademacher habe ich mir bereits zugelegt, die in Buchform veröffentlichten Erinnerungen von Harald Schäfer an seine Zeit in der Napola Oranienstein sind leider schon vergriffen.


    Das Kapitel, in dem Horst Lademacher über seine Zeit in der Napola Oranienstein berichtet, habe ich mir bereits durchgelesen, zu dem Film konnte ich allerdings nichts finden. Da Herr Lademacher im Telefonbuch steht, werde ich ihn aber bald anschreiben.


    Ist Ihnen / Euch eventuell noch etwas zu den Kinder- und Jugenddarstellern des Films oder zu den Film-Komparsen, den Schülern der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Oranienstein bekannt?

  • Was meine Nachforschungen zu dem Film "Kopf hoch, Johannes" betrifft, gibt es mittlerweile wieder einige Neuigkeiten. Leider stehe ich jetzt (unerwartet) wieder unter Zeitdruck, weshalb ich jetzt nicht dazu komme, die neuen Erkenntnisse ausführlich zu schildern. Das werde ich aber auf jeden Fall nachholen sobald ich dazu komme.


    Folgendes möchte ich aber schon mal mitteilen: Ich stehe zurzeit mit einem ehemaligen Schüler der Nationalpolitische Erziehungsanstalt Oranienstein in Kontakt, der damals an dem Film "Kopf hoch, Johannes" mitgewirkt hat. Er hat mich gebeten, ihm meine Fragen per E-Mail zu schicken. Gerade bin ich damit beschäftigt, meine Fragen zu den Dreharbeiten des Films aufzuschreiben.


    Falls Ihr noch Fragen zu den Dreharbeiten von "Kopf hoch, Johannes" habt, schreibt mir diese ruhig! Dann kann ich Eure Fragen auch noch in die E-Mail an ihn mit aufnehmen.

  • Mich würde v.a. interessieren ob der Betreffende Erinnerungen hat die erhellen, wie Viktor de Kowa sich persönlich zum NS-Regime und dem Projekt stellte. Wie verhielt er sich bei den Dreharbeiten, welche Überzeugeungen wurden dabei spürbar? De Kowa hat nur drei Filme als Regisseur gedreht und war an sich gar nicht prädestiniert dafür, ausgerechnet einen solchen Tendenzfilm zu inszenieren. Dadurch steht mit diesem Film seit jeher schon immer die Frage nach einer Anbiederung de Kowas an die Machthaber im Raum. Vielleicht kann er ja dazu ein paar Eindrücke wiedergeben und eine Einschätzung aus damaliger wie heutiger Sicht treffen.

  • Mich würde v.a. interessieren ob der Betreffende Erinnerungen hat die erhellen, wie Viktor de Kowa sich persönlich zum NS-Regime und dem Projekt stellte. Wie verhielt er sich bei den Dreharbeiten, welche Überzeugeungen wurden dabei spürbar? De Kowa hat nur drei Filme als Regisseur gedreht und war an sich gar nicht prädestiniert dafür, ausgerechnet einen solchen Tendenzfilm zu inszenieren. Dadurch steht mit diesem Film seit jeher schon immer die Frage nach einer Anbiederung de Kowas an die Machthaber im Raum. Vielleicht kann er ja dazu ein paar Eindrücke wiedergeben und eine Einschätzung aus damaliger wie heutiger Sicht treffen.

    De Kowa war mit https://de.wikipedia.org/wiki/Michiko_de_Kowa-Tanaka verheiratet. Viktor de Kowa war im Kontext der NS-Zeit eher " liberal" eingestellt.

    "Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht"


    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Nach Stoffen wie "Schneider Wibbel" (1939) und "Casanova heiratet" (1940) kann man sich zumindest kaum vorstellen, dass er ausgerechnet diesen Film nicht gemacht hätte, wenn er es denn nicht selbst ausdrücklich gewollt hätte. Das Engagement brachte ihm dann allerdings offensichtlich nicht den erhofften Dank ein.


    Regisseur de Kowa äußerte sich entsprechend euphorisch:

    „Die Aufgabe, ein Abbild zu schaffen von dem Leben dieser jungen Generation, dieser zukünftigen Führerschaft Großdeutschlands – das ist eine Arbeit, für die man sich ehrlich und ohne Vorbehalte begeistern kann.“


    Bereits eine frühe Schnittfassung konnte Goebbels allerdings nicht völlig begeistern (Tagebucheintrag vom 12. August 1940: „Zu laut und in der Regie nicht ganz gekonnt, im Thema dagegen gut“). Im Tagebucheintrag vom 25. November 1940 wird die Kritik deutlicher: „Ein Napola-Film „Kopf hoch, Johannes!“ Ganz schlecht und unter der Regie von de Kowa vollkommen mißraten. Wird kaum noch zu retten sein.“ Rettungsversuche wurden trotzdem unternommen; Szenen mussten entfernt, andere nachgedreht werden.


    Störend waren vor allem die zu ausgeprägten propagandistischen Aspekte des Films: Goebbels bevorzugte im Spielfilm unterschwellige Propaganda. Zudem legt der Film in der Darstellung der NPEA den Schwerpunkt auf Spiel, Körperertüchtigung und Charakterbildung, während das Wesen der Anstalt als Eliteschule (herausragende schulische Leistungen waren bereits Aufnahmevoraussetzung) kaum erkennbar ist. Auch in der fertigen Schnittfassung kommt das eigentliche schulische Lernen im Klassenzimmer kaum vor. Eine ursprünglich vorhandene Szene, in der Johannes’ schlechte Noten sogar explizit erwähnt werden, wurde herausgeschnitten.
     

    https://de.wikipedia.org/wiki/Kopf_hoch,_Johannes!

  • Ehrlich gesagt glaube ich nicht mehr an diese pfeilgeraden Schlussfolgerungen à la "A war der Fall. Infolgedessen muss auch B der Fall gewesen sein." Die menschliche Psyche ist einfach viel zu komplex als dass man sie so eindeutig analysieren könnte. Opfer können gleichzeitig auch Täter sein und umgekehrt. Jede Situation ist individuell zu betrachten und zu analysieren. Und selbst dann dürfte das Ergebnis nicht eindeutig ausfallen.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • c.n.-tonfilm

    Vielen Dank für Deine Fragen, die ich in die E-Mail an den ehemaligen Schüler der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Oranienstein mit aufgenommen habe.


    Leider hatte ich in den letzten Monaten sehr viel zu tun, da blieb mir leider lange zu wenig Zeit, um mich in das Thema einzuarbeiten und meine Fragen zu formulieren. Jetzt habe ich alle Fragen fertig vorbereitet und ihm die E-Mail zugeschickt.