Partisanenkampf Zweiter Weltkrieg

  • Kennt sich jemand von euch mit dem Partisanenkampf während des Unternehmens Barbarossa im Zweiten Weltkrieg aus?

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Nein, leider nicht. Das war vor meiner Zeit, und Krieg ist ohnehin nicht so meins. Ich weiß, wann sie anfingen, wann sie aufhörten, aber um Details kümmere ich mich nicht. Nenn mich ignorant, aber ich erfreue mich mehr an 72 Jahre Frieden und wie das passieren konnte. :)

  • Ich sehe den Frieden als höchstes Gut an und hoffe, dass es mal wieder zu einen Frieden in Europa und vielleicht auch irgendwann auch auf der ganzen Welt kommt. Dennoch oder gerade deswegen ist die Aufarbeitung der Geschichte enorm wichtig. Wobei es natürlich legitim ist, wenn es jemanden nicht interessiert bzw. man sich nicht damit befassen möchte.


    Mit Partisanen habe ich mich bislang noch nicht viel beschätigt. Ich bin in Verbindung mit den Krieegn 1870/71, 1. Weltkrieg und 2. Weltkrieg schon öfter auf das Thema gestoßen, gerade in Verbindung mit alten Briefen und Tagebuchtexten. Gerade letzte Nacht habe ich einen Zeitzeugenbericht vom Massaker in Glaserhau in der Slowakei veröffentlicht (verübt von Partisanen). Ein außergewhnlicher Fund war mal ein Tagebuchtext aus dem 1. Weltkrieg bzgl. Partisanenangriffe in Belgien (die ja gerne so dargestellt werden, als wenn sich die deutschen Soldaten nur eingebildet hätten, dass sie von Partisanen angegriffen würden) - mit grausamen Vergeltungsmaßnahmen.


    Willst Du etwas bestimmtes wissen, Conrad?

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Ein Verwandter von mir war im Zweiten Weltkrieg beim Russlandfeldzug als Offizier im Partisanenkampf eingesetzt. Der wurde offenbar von beiden Seiten sehr brutal geführt. Das ist für mich eine gewisse Verunsicherung, weil ich nicht weiß, was für Taten er begangen hat, zumal er Major war. Genaues wird man vermutlich nicht mehr herausbekommen, aber mich würde interessieren, ob man davon ausgehen muss, dass auch er an Grausamkeiten oder sogar Kriegsverbrechen beteiligt war. Nach der Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" habe ich mit ihm konkret über das Thema gesprochen. Er hat nach vielem Nachfragen gesagt, er sei an einem Ort vorbeigekommen, an dem eine Massenerschießung stattgefunden habe, wisse aber nicht ob das ein Kriegsverbrechen war. Außerdem hat er irgendwann davor etwas von Soldaten erzählt (ich nehme an deutschen), denen man die Geschlechtsteile abgeschnitten hatte. Das hat mich natürlich extrem schockiert. Genaueres habe ich aber nie von ihm gehört. Deshalb sind nach seinem Tod wichtige Fragen offen geblieben.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Er wird sicherlich direkt oder indirekt an Tötungen von Menschen beteiligt gewesen sein. Aber ein Kriegsverbrechen per se ist das sicher noch nicht. Wer als Soldat verpflichtet wird, der wird auch dazu verpflichtet, das zu tun, was im zivilen Leben eigentlich sogar verboten ist.


    Ich weiß nicht, ob dein Verwandter jemals die Zeit psychisch aufgearbeitet hat. Vieles kam erst nach Jahrzehnten hoch, als die Menschen in den Ruhestand gingen und nun endlich Zeit zum Nachdenken hatten. Dabei hätte er sicher nicht für sich entscheiden können, ob er Kriegsverbrechen begangen hat. Das lässt sich jetzt vermutlich auch nicht mehr feststellen. Wenn man weiß, in welchen Kampfverbänden er war oder an welchen Schlachten er teilnahm, ließe sich eventuell etwas recherchieren.


    Laut Wikipedia gehörten Partisanen nicht der regulären Armee an. Es wurden offenbar zahlreiche Kriegsverbrechen an Partisanen begangen.

  • Dass viele Fragen offen bleiben, wird wohl bei vielen Schicksalen so sein. Gerade die Frage, ob Person x und y an Kriegsverbrechen beteiligt war oder nicht.


    Soweit ich weiss (wie gesagt, ich bin kein Experte), ist Partisanentum kriegsrechtlich in keinster Weise legitimiert, sodass das Hinrichten von Partisanen im Rahmen des 2. Weltkriegs meines Wissens nach kriegsrechtlich gedeckt war. Nun war es aber so, dass von deutscher Seite aus abschreckend gehandelt wurde, um die enorme Partisanentätigkeit und auch Unterstützung zu unterbinden, weil die Partisanen, soweit ich weiss, den deutschen Soldaten extrem zugesetzt haben. Deswegen wurden, wenn Dörfer in Verbindung mit Partisanen gebracht werden konnten, Teile der Dorfbevölkerung als Vergeltung erschossen - was, soweit ich weiss, als Kriegsverbrechen gerechnet wird. Auch Dörfer wurden abgebrannt.
    Jedoch ist es auch hier schwer, alles korrekt zu beurteilen und zu erforschen, denn der Befehl der verbrannten Erde stammte ursprünglich nicht von Hitler, sondern damit hat Satlin begonnen, als die deutschen immer tiefer in Russland eingtreten sind - er wollte den deutschen Soldaten keine intakten Strukturen hinterlassen. So wurden viele Dörfer von russischer Seite aus niedergebrannt, vieles Zerstört usw. Da ist es heute nicht mehr so einfach nachzuvollziehen, was nun
    - Die Russen während des Rückzuges zerstört haben
    - Die Deutschen aus Vergeltung zerstört haben
    - Während Kämpfen zerstört wurde
    - Die Deutschen auf dem Rückzug zerstört haben


    Das Massaker von Katyn zeigt, dass man manche Verbrechen gerne mal den deutschen in die Schuhe geschoben hat, während es andersherum sicher genauso in einigen Fällen passiert ist.


    Ein gutes Beispiel wie "relativ" Gräuel und Verbrechen im Krieg sind, also wo man nur schwer sagen kann, was nun genau geschehen ist und wer schuld ist an welchen Grausamkeiten, zeigt die Leningrader Blokade. Deutsche Truppen haben Leningrad eingekesselt - haben aber einen Sektor frei gelassen, damit die Bevölkerung aus der Stadt raus kann um nach Russland zu fliehen. Stalin hat das aber streng verboten (und ich glaube auch mit Erschießungen gedroht). Nun sind in Leiningrad unendlich viele Leute gestorben, verhungert, es gab Seuchen (soweit ich es richtig im Kopf habe) usw.


    Das alles zeigt, wie grausam Krieg ist und wie sehr sich das zuspitzt, sodass man am Ende oftmals nur schwer entscheiden kann, was nun legitim ist und was nicht. Das Töten von Zivilbevölkerung ist verbrecherisch, aber wenn es schon Krieg gibt, sollte es in gewissen Regeln ablaufen (eben um die Zivilbevölkerung zu schützen) und das löst sich dann im Rahmen von Partisanenkämpfen komplett auf - zumal Partisanen oftmals keinerlei Recht mehr kennen.


    Hier ein Bericht aus Russland, den ich in einem Tagebuch mal finden konnte (ähnlich Grausam wie das, was Conrad als Beispiel schilderte):
    http://geschriebene-geschichte…land-prowoslavna-1941.htm


    Hier einige Beispiele:
    http://geschriebene-geschichte…45/1939-1945-russland.htm
    Besonders das erste und das letzte Zitat.
    Im Zitat vom 26. November wird das Thema auch kurz aufgegriffen ("schäbige Kampfweise")


    Und hier das Masasker in der Slowakei
    http://geschriebene-geschichte…owakei-glaserhau-1944.htm


    Und hier ein Beispiel aus dem 1. Weltkrieg was zeigt, wie hart und grausam schon dort reagiert wurde auf Partisanentätigkeiten (Tötungen von Frauen und Kindern):
    http://www.geschriebene-geschi…4-1918-erschiessungen.htm

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    Konfizius

    2 Mal editiert, zuletzt von Vogel Specht ()

  • Vielen Dank für eure Informationen!


    Inwieweit mein Verwandter psychisch etwas aufgearbeitet hat, weiß ich nicht. Von seinen Gefühlen hat er so gut wie nichts preisgegeben. Ein Psychologe hat mir einmal gesagt, dass er nach sechs Jahren Krieg und fünf Jahren russischer Kriegsgefangenschaft total verhärtet gewesen sein muss.


    Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen. Dafür war ich zu jung. Aber das würde auch zu dem passen, was ich von anderen Verwandten kürzlich gehört habe. Allerdings habe ich ihn auch anders erlebt. Seiner Frau ging es in den letzten Jahren wegen einer schweren Krankheit imer schlechter. Und als wir sie in dem Heim, in dem sie war, besucht haben, hat er sie umarmt, und ich habe für einen Moment gesehen, dass er geweint hat. Total verhärtet kann also auch nicht stimmen.


    Ich habe vor einiger Zeit die Kinder eines SS-Offiziers kennengelernt, der wegen eines Kriegsverbrechens zu mehrjähriger Haft verurteilt wurde. Da habe ich gesehen, wie traumatisch so etwas sein kann. Die Kinder sind immer noch damit beschäftigt zu verarbeiten, dass ihr Vater, der sensibel und wohl auch liebevoll gewesen ist, dieses Verbrechen begangen hat und dass sie plötzlich mit dieser Tatsache konfrontiert wurden. Letzten Endes läuft es genau auf diese Frage raus: Was hat unser Vater dabei empfunden? Diese Frage wird nie beantwortet werden, und deshalb werden sie dieses Trauma nie verarbeiten können.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Ich denke, dass es einerseits eine extrem individuelle Sache ist - also abhängig davon, was man genau erlebt hat, unter welchen Umständen es geschehen ist (rechts/unrechtsgefühl), wie man selbst tickt, wie man damit umgeht, wie man etwas verabreitet - ob man etwas verarbeitet oder ob ein lebenslanger Schock und/oder Verdrängung bleibt.
    Wer solche extremen Situationen (wahrscheinlich auch in einer sehr extremen Dichte) nicht selbst erlebt hat, wird wohl auch nicht nachvollziehen können, wie hart das unter Umständen an einem nagt.

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    Konfizius

  • Bei meinem Vater war das ähnlich. Er konnte durchaus Gefühle zeigen, doch fiel ihm das schwer. Vom Krieg hat er nie gesprochen, nur von der Disziplin, die damals herrschte. Er gehörte zum berüchtigten Jahrgang 1929; im Jahr 1945 wurden noch 15- und 16-Jährige sinnlos in den Kampf geworfen. Ich weiß nicht was er da erlebt hat, er erzählte darüber zeitlebens nichts.

  • Weiß jemand von euch etwas über die Kriegsgefangenenlager der Alliierten? In den russischen muss es ja mit Abstand die meisten Toten gegeben haben.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Gibt es konkrete Fragen zu den Lagern? Ich bin in vielen Themen nur am Rande drin, weil ich mich dann eher mit konkreten Brief- oder Tagebuchpassagen befasse und dann in dem Rahmen recherchiere. Das einzige Thema bei dem ich etwas tiefer drin bin ist die Außenpolitik NS-Deutschlands in den 30er Jahren.


    Totesfälle in größeren Zahlen muss es bei allen großen Kriegsparteien gegeben haben. Wobei es wohl auch immer abhängig ist, welche Lager es waren und wo sie waren. Im Rahmen des Russlandfeldzugs waren die Gefangenenzahlen extrem hoch, dass man dem kaum Herr geworden ist. Die russischen Kriegsgefangenen haben wohl auch nicht "viel gezählt" aus deutscher Seite. Da müssen extrem viele verhungert sein. Ich habe ein Tagebuch (Text ist noch nicht veröffentlicht), wo jemand ein solches Lager besichtigt hat und von Kannibalismus geschrieben hat.


    Französische Kriegsgefnagene ging es bei den Deutschen beispielsweise recht gut, was ich mitbekommen habe.


    Den deutschen Kriegsgenfangenen im Westen soweit ich weiss auch. Schlimm wurde es hier erst am Ende des Krieges und nach Kriegsende, da hat man viele deutsche Kriegsegfangene als "entwaffnete Feinde" und nicht als Kriegsgefangene behandelt. Rheinwiesenlager ist da so ein Stichwort.
    Deutsche Kriegsgefangene im Osten (bis in die 50er Jahre hinein) ging es unterschiedlich gut. Ich habe da viele Tagebücher aus der Kriegsegfangenschaft. Da ist es eben auch davon abhängig, wie sehr man die Leute für die Arbeit brauchte, für welche Arbeit usw.


    Ich denke, dass man unterm Strich sagen kann, dass es in allen Ländern alle Varianten gab, immer von vielen Faktoren abhängig. Deutsche Kriegsgefangene die sich z.B. in Russland den Russland angeschlossen haben und sich für den Kommunismus eingesetzt haben, wurden natürlich gut behandelt.

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    Konfizius

  • Conrad Glückwunsch zu 900 Beiträgen :)


    Gerade habe ich ein Tagebuch aus dem 2. Weltkrieg vor mir und muss an das Thema hier denken (weil ich genau das hier angesprochen hatte) - das Zitat stammt von einem Leutnant, der seiner Truppe eine Ansprache hält, bezieht sich inhaltlich aber auf russische Soldaten, nicht auf Partisanen:


    „Was sollen wir Gefangene machen – wir haben nicht unsere Verpflegung gestohlen – den mußten wir Lager bauen – dies ist bei den herrschenden Nachschubschwierigkeiten unmöglich, also weg mit den Bolschewiken, und der Ltn. Bemüht sich sichtlich Stimmung zu machen"


    Auch weitere krasse Kriegsschilderungen sind im Tagebuch mit drin. Sowas sieht man selten. Das muss ich in Ruhe mal auswerten.

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    Konfizius

  • Auch um den Partisanenkampf geht es


    Menschen im Porträt: Er überlebte die Schlacht von Stalingrad (Hans-Erdmann Schönbeck)


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