Krebs als Todesursache vor 1945

  • Als ich vor ein paar Tagen endlich die Todesursache von Hilde Knoth gefunden habe, stand, dass sie an einem "Brustleiden" litt, das ihr mehrere Jahre das Spielen kaum noch möglich machte, und an dem sie am 23.12.1933 auch gestorben sei. So ein jahrelanges schmerzhaftes Brustleiden mit letztendlicher Todesfolge kann ja eigentlich nur Brustkrebs gewesen sein.
    Ähnlich ist es mit Ressel Orla gewesen:
    Bei ihr steht: Wegen einer längeren, schweren Krankheit, der sie schließlich erlag, konnte Ressel Orla keine weiteren Verpflichtungen mehr annehmen. Sie starb am 23. Juli 1931 – wenige Wochen vor ihrem 42. Geburtstag
    Auch unter dieser Krankheit kann ich mir eigentlich nur Krebs vorstellen.


    Kennt ihr noch weitere frühe Fälle, die so unscharf formuliert wurden und wo ihr Krebs hinter vermutet?
    Konnte Krebs in der damaligen Zeit überhaupt schon zuverlässig diagnostiziert werden? Vielleicht wäre das ein Grund dafür, dass es (zumindest meinem Eindruck nach) zu dieser Zeit nie direkt erwähnt wird.

  • Der Begriff Krebs ist schon sehr alt und wurde bereits im 2.Jahrhundert n.Chr. verwendet, weil Tumore ein wenig wie Krebse aussehen (siehe hier - nicht erschrecken, sieht ein wenig unappetitlich aus).


    Es könnte sich auch um eine koronare Herzkrankheit handeln. Inwieweit das damals schon erforscht war, weiß ich allerdings nicht. Auch Erkrankungen der Lunge sind Krankheiten im Brustbereich. Da ist einiges möglich.

  • Vielen Dank für die Antwort. Ich habe bei Brustleiden automatisch an die weiblichen Brüste gedacht - wahrscheinlich weil in meinem Bekanntenkreis schon mehrere Frauen Brustkrebs hatten. Das war dann zu voreilig.
    Außerdem ist mir aufgefallen, wie selten man in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Krebs als Todesursache liest. Vor Gérard Philipe (1959) fällt mir niemand ein. Hat diese Krankheit dann urplötzlich zugenommen? Oder liegt es auch daran, dass die Lebenserwartung so stark angestiegen ist?

  • Da kann ich nur spekulieren, aber in den letzten Jahren war den Statistiken zu entnehmen, dass der Frauenanteil bei Lungenkrebs z.B. stark gestiegen sei. Das dürfte in erster Linie damit zusammenhängen, dass es bei Frauen früher als "nicht schicklich" angesehen wurde, wenn sie rauchten. Direkt verboten war es wohl nicht, aber nicht gern gesehen. Im Zuge der Gleichberechtigung ist es jetzt auch Frauen erlaubt, sich ihre Gesundheit nach Kräften zu ruinieren. :whistling:


    Die gestiegene Lebenserwartung dürfte sicher auch ihren Teil dazu beitragen.

  • In der TV-Zeitschrift habe ich gestern gesehen, dass ARTE Anfang Februar (erstes Februar-Wochenende) mal abends eine Doku über die Geschichte der Krankheit Krebs zeigt. Darin sind sicher einige interessante Infos zu finden.

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Die Diagnostik hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verbessert, das macht den Anschein als würden sich Krebserkrankungen häufen. Noch vor 50 Jahren gab es viele Krebserkrankungen welche nicht diagnostiziert werden könnten, so starb man eben an einem "Leiden". Es liegt übrigens die Vermutung nache daß Napoleon Bonaparte am Bauchspeicheldrüsenkrebs verstarb.

  • Ach so! Ja, so ähnlich habe ich mir das gedacht. Weißt du zufällig auch, wann es die ersten erfolgreichen Operationen gegen irgendeine Form von Krebs gegeben hat? Ich kann mich erinnern, dass es die in den späten 70er Jahren schon gab, allerdings waren das meinem Eindruck nach eher Ausnahmefälle, vor allem eine endgültige Heilung. So kam es mir zumindest vor.

  • Ich bin erst jetzt auf diesen Thread gestoßen, finde das Thema aber sehr interessant. Immer wieder wurde auch schon vor über 100 Jahren Krebs als Todesursache angegeben. Zum Beispiel Victoria von Großbritannien und Irland, die Mutter von Kaiser Wilhelm II., starb 1901 an Brustkrebs:

    Auch Klara Hitler, die Mutter von Adolf Hitler, hatte Brustkrebs und erlag diesem 1907.

  • Ich habe erfahren, dass in Filmzeitschriften und der populären Kultur Krebs als Todesursache auch bis zu einem gewissen Grad tabu war, weil er "unglamourös" war.


    Es gibt ein Buch von der Anglistikprofessorin Elisabeth Bronfen über die Kulturgeschichte schöner Frauenleichen: Nur über ihre Leiche. Tod, Weiblichkeit und Ästhetik. Und nach Olaf Brill hat Edgar Allan Poe den Tod einer schönen Frau als das poetischste Thema der Welt bezeichnet. Aber dazu kann man natürlich auch nicht jede Tote nehmen. Olaf Brill nimmt als Beispiel Gilda Langer, die als unwiderstehlich verführerisch und schön galt und deren früher Tod das mit Tragik verbindet und damit noch weiter erhöht. Suizidopfer wie z.B. Eva May oder Dorrit Weixler passen sicher auch in dieses Schema. Ich glaube, dass bei solchen Frauen die Jugend und Schönheit in den Blicken der Betrachter fest eingemeißelt ist und sie nie altern können. Ihr Tod ist ja auch nicht so richtig greifbar. Das gibt der Phantasie richtig Raum, weckt Sehnsucht und macht sie gleichzeitig unerreichbar.


    @ Darth Eder: Der unbestimmte Begriff "Leiden" ist mir auch schon öfter aufgefallen: Heute habe ich gelesen, dass Lupu Pick an einem Magenleiden starb und Bruno Rahn an einem langen Lungenleiden.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)