Stummfilme auf DVD

  • Fritz Schulz

    Das mit dieser neumodischen Musik ist mit ein Grund, weshalb mich Stummfilme so gut wie überhaupt nicht interessieren. Das zerstört doch nur das Flair der 20er Jahre. Wenn auch die Originalpartituren nicht mehr erhalten sind, warum verwendet man nicht andere Kompositionen, die vor 1930 geschrieben wurden? Wär doch möglich...Jedem das seine, aber für mich ist das einfach gar nichts.

    "Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht"


    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Wenn auch die Originalpartituren nicht mehr erhalten sind, warum verwendet man nicht andere Kompositionen, die vor 1930 geschrieben wurden?

    Das ist eine Möglichkeit, aber es ist auch nicht schwer im damaligen Stil zu komponieren, schau dir amerikanische Stummfilmveröffentlichungen an, da gehts doch auch! Hier mal ein kleines Beispiel einer richtig guten Vertonung: Die Foxtrot-Szene aus der "Austernprinzessin". ich bin mir in dem Fall nicht sicher, ob es nicht vielleicht sogar eine authentische Komposition ist, ich kenne die Melodie jedenfalls nicht und sie ist perfekt auf die Handlung getimet. Daher wäre es möglich, dass es eine neue Komposition ist. Jedenfalls hat man durch diese geniale Vertonung den Eindruck, dass es sich um den Vorgänger eines Busby Berkeley Revue-Film handelt. Und dann hör dir mal alle anderen Vertonungen an, die Komponisten sollten Latrinen putzen, statt Notenpapier vollzukritzeln!

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  • Ich kenne die Melodie. Das ist ein alter Ragtime. Möglicherweise hab ich ihn auf einer CD des "Paragon Ragtime Orchestra" drauf. Muß ich mal nachschauen. Das hier ist aber eine andere Aufnahme.

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    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Tja, "Herr von Wangenheim", das mit der Musik ist wirklich das größte Problem bei der Wiederveröffentlichung von Stummfilmen in Deutschland. Sofern die Originalpartituren noch erhalten sind, gelingt die Rekonstruktion auch wunderbar und wer zB die Musik von Gottfried Huppertz zu manchen Fritz Lang Filmen kennt, wird die Filme kaum noch mit anderer musikalischer Begleitung sehen wollen. Meistens ist die Originalmusik ja nicht mehr erhalten, oder es gab nie eine (sondern es wurde einfach irgendwas aus dem Orchesterfundus für die Begleitung herangezogen), aber ich frage mich, warum für DVD Projekte offensichtlich immer die experimentellsten der Experimentellen herangezogen werden müssen? Ich hatte mir zB mal "Das Kabinett des Dr. Calligari" auf VHS gekauft, mit irgendeiner Synthesizer Musik, nach 5 minuten hab ich den Ton abgestellt, mich ans Klavier gesetzt, einen Spiegel oben drauf gestellt, um den Film zu sehen und selbst begleitet. Oder die Musiken, die immer dieser Ajoscha Zimmermann für die Murnau-Stiftung schreibt. Es ist zum davonlaufen! Musiken dieser Art wären selbst im tiefsten Expressionismus nie für die Begleitung von Filmen herangezogen worden. Ich frage mich, warum für diese Projekte nie Musiker herangezogen werden, die sich musikwissenschaftlich mit dem damaligen Stil auskennen. In der ernsten Musik wird immer von historischer Aufführungspraxis gesprochen, aber beim Stummfilm wird in Deutschland alles unternommen, um eben den Film zu erhalten, aber durch die Musik dem Interesseirten den Genuss zu vermiesen...

    Ich stimme Dir voll und ganz zu, mit Ausnahme bei Aljoscha Zimmermann. Seine Kompositionen waren ( er ist leider schon verstorben) nicht experimentell, er hat schon auf Geige und Klavier sehr passende Begleitungen z.B. zu den Fritz Lang Filmen gespielt, wie ich finde.

  • Ich stimme Dir voll und ganz zu, mit Ausnahme bei Aljoscha Zimmermann. Seine Kompositionen waren ( er ist leider schon verstorben) nicht experimentell, er hat schon auf Geige und Klavier sehr passende Begleitungen z.B. zu den Fritz Lang Filmen gespielt, wie ich finde.

    Aber es handelte sich dabei eben auch nicht wirklich um eine zeitgenössische Begleitung. Jede Harmonie musste zumindest einen dissonanten Störton enthalten, wie auch jede musikalische Phrase nicht aus dem Notenmaterial der zugrundeliegenden Tonart bestehen durfte. Natürlich, Strawinsky, Hindemith, Schulhoff und so weiter haben damals auch so komponiert. Aber diese Musik hat man sich halt für den Konzertsaal aufgehoben. Bei der Begleitung von Stummfilmen folgte man zumindest musikalisch noch der Spätromantischen Tradition.

  • Zitat von Mathias77

    Wenn auch die Originalpartituren nicht mehr erhalten sind, warum verwendet man nicht andere Kompositionen, die vor 1930 geschrieben wurden? Wär doch möglich...

    Das wäre auch gar nicht so aufwendig. Bei den DVD-Veröffentlichungen der Laurel und Hardy-Filme sind unter den Extras auch oft Stummfilme, meistens Solo-Filme von Stan Laurel und Oliver Hardy. Diese Filme sind musikalisch mit original Musikaufnahmen aus den 1920er und 1930er Jahren unterlegt, das hört man auch am leichten Rauschen der Aufnahmen. Das Rauschen empfinde ich jedoch nicht als störend, es passt finde ich, ziemlich gut zu alten Filmen. Jedoch wäre eine Neuvertonung eventuell doch etwas besser, um ein noch größeres Publikum ansprechen zu können...

  • Fritz Schulz

    Es handelt sich bei dem Stück in diesem Clip um eine Variante des Black and White Rag (1908), komponiert von George Botsford.


    https://en.wikipedia.org/wiki/Black_and_White_Rag



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    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Aber es handelte sich dabei eben auch nicht wirklich um eine zeitgenössische Begleitung. Jede Harmonie musste zumindest einen dissonanten Störton enthalten, wie auch jede musikalische Phrase nicht aus dem Notenmaterial der zugrundeliegenden Tonart bestehen durfte. Natürlich, Strawinsky, Hindemith, Schulhoff und so weiter haben damals auch so komponiert. Aber diese Musik hat man sich halt für den Konzertsaal aufgehoben. Bei der Begleitung von Stummfilmen folgte man zumindest musikalisch noch der Spätromantischen Tradition.

    Nun, ich bin kein Musiker ( zumindest keiner der sich mit E-Musik auskennt). Mir persönlich hat die Begleitung von Aljoscha Zimmermann immer gefallen. Ich konnte ihn im Münchner Filmmuseum auch mal live ( zusammen mit seiner Tochter ) erleben. Ich fand seine Begleitungen durchaus passend zu den jeweiligen Filmen. Für mich muss die Musik auch nicht immer absolut original und zeitgenössisch sein. Ein moderner Soundtrack kann die Stimmung eines Films, und die Intention des Regisseurs auch sehr gut unterstreichen, denn meist geht es in den Filmen um menschliche Empfindungen und Emotionen, und diese sind zeitlos. Deshalb funktionieren auch Stummfilme sehr gut noch in heutiger Zeit, weil die Probleme und zwischenmenschlichen Beziehungen immer aktuell sind. Wenn es eine Moderne Begleitung schafft, dass herauszustellen und damit auch eine Brücke ins Heute zu schlagen, so habe ich nichts dagegen.

    Was ich allerdings schlimm finde, sind zeitgenössische Begleitungen, die den Film als Videoclip zu Ihrer Musik degradieren. Bei der es also primär um die Musik geht, und nicht um den Film. Da gibt es leider, leider etliche Beispiele, mir fallen auf Anhieb besonders der Sountrack zu "Mutter Krausens Fahrt ins Glück", wie er auf arte vor einigen Jahren lief, und als absolute Frechheit den Soundtrack zu E.A.Duponts "Variete" ein, wie er auch auf der DVD der Murnau Stiftung leider alternativlos zu hören ist!!. Diese Begleitungen zerstören die Filme und ihre Stimmungen. Das macht man den ganzen Aufwand einer originalgetreuen Restaurierung auf einen Schlag zunichte, weil diese Filme mit solcher Begleitung einfach nicht mehr funktionieren.

  • Es handelt sich bei dem Stück in diesem Clip um eine Variante des Black and White Rag (1908)

    Sicher, dass es der Black and White Rag ist? Also melodisch ist es streckenweise durchaus ähnlich, aber irgendwie hört sich das Stück für mich doch anders an ;)

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  • Fritz Schulz Sicher? Nein. :););) Deswegen hab ich auch mal Variante geschrieben. Das Intro ist sowieso ein ganz anderes. Das klingt meiner Meinung nach in dem von dir verlinkten Clip eher nach Joplin. Diente der Black and White Rag evtl. nur als Vorbild oder könnte man deiner Meinung nach bei diesem Stück noch von einem Ragtime nach "Motiven nach dem Black and White Rag" sprechen ? :?:;):)

    "Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht"


    Anderl Heckmair (1906-2005), deutscher Bergführer und Alpinist

  • Ich stimme Dir voll und ganz zu, mit Ausnahme bei Aljoscha Zimmermann. Seine Kompositionen waren ( er ist leider schon verstorben) nicht experimentell, er hat schon auf Geige und Klavier sehr passende Begleitungen z.B. zu den Fritz Lang Filmen gespielt, wie ich finde.

    Ich habe vor einem Jahr ein paar Murnau-Filme im Filmmuseum gesehen. Seine Tochter hat Musikkompositionen zur Livebegleitung verwendet. Das war wirklich ein Genuss. Es macht einfach einen Riesenunterschied ob man die Musik live hört oder nicht.

    Übrigens war ich vor zwei Wochen im Stadtmuseum und wollte die DVD von Der Gang in die Nacht kaufen. Sie stand zwar im Katalog, aber geliefert kann sie anscheinend immer noch nicht werden.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Ich habe Gang in die Nacht bereits seit ca 1 Monat hier . Direkt auf der Seite der Edition Filmmuseum bestellt .

    Wie ist denn die Qualität von SCHERBEN? Der Film ist glaub ich nicht restauriert, oder?

    Und was hältst du von GANG IN DIE NACHT? Ich hab immer das Gefühl, dass Murnau zwischen SCHLOSS VOGELÖD und DER BRENNENDE ACKER einen gewaltigen Qualitätssprung gemacht hat. So gesehen, dürfte ich meine Erwartungen an den Film ja wohl nicht übersteigern :/

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Wie ist denn die Qualität von SCHERBEN? Der Film ist glaub ich nicht restauriert, oder?

    Und was hältst du von GANG IN DIE NACHT? Ich hab immer das Gefühl, dass Murnau zwischen SCHLOSS VOGELÖD und DER BRENNENDE ACKER einen gewaltigen Qualitätssprung gemacht hat. So gesehen, dürfte ich meine Erwartungen an den Film ja wohl nicht übersteigern :/

    Stimmt, Scherben ist nicht restauriert, aber wirklich anschaubar. Vor ca 10 -20 Jahren wäre das noch eine gute Qualität gewesen, Durch HD sind wir natürlich verwöhnt. Ehrlich gesagt habe ich die neue Restaurierung von "der Gang in die Nacht" noch nicht gesehen. Aber ich habe den Film vor einigen Jahren in der vollständigen Fassung gesehen, und es ist ein halt ein früher Murnau. "Der Brennende Acker" gefällt mir persönlich besser. "Der Gang in die Nacht" ist schon sehr existentiell tragisch und lebt vor allem von Conrad Veidts Spiel, der hier ähnlich wie in Orlacs Hände agiert, Für eine genauere Bewertung sollte ich mir die DVD auch mal anschauen ;)