Teil 4 - Fernsehen in der Deutschen Demokratischen Republik

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Die sowjetische Besatzungsmacht hatte im Bereich des Rundfunkwesens nach dem Zweiten Weltkriege in Berlin Vorteile und gründete einen deutschsprachigen Rundfunksender: "Berliner Rundfunk". Die Rundfunkarbeit wurde in der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) der staatlichen Verwaltung unterstellt. Zunächst war der Rundfunk der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung zugeordnet, 1952 wurde jedoch ein Staatliches Rundfunkkomitee nach sowjetischem Standard gebildet. Bald wurde die politische Aufsicht über die Programme von "Berliner Rundfunk", "Radio DDR" und "Deutschlandsender" noch verstärkt.

Am 20. Dezember 1951 wurden im neu errichteten Fernsehzentrum Berlin-Adlershof erste kleine Fernsehsende- und Empfangsversuche unternommen. Über ein halbes Jahr lang probierte man an der Fernseh- und Übertragungstechnik innerhalb Berlins. Am 21. Dezember 1952 startete das "Öffentliche Versuchsprogramm" des Fernsehens in Berlin. Um 20 Uhr gab es eine kurze Fernsehbegrüßung, anschließend sendete die "Aktuelle Kamera" Nachrichten. Empfangen konnten das Programm nur etwa 60 Fernsehteilnehmer in Berlin, daher war die "Aktuelle Kamera" über Jahre hinweg noch lange kein Sprachrohr der SED. Das kam viel später, als das Pendant zur westdeutschen neuen Wochenschau, nämlich "Der Augenzeuge" (im DDR-Kino), nicht mehr von vielen Zuschauern gesehen wurde. Die aktuellen Berichte verlagerten sich langsam von dem in den 50er Jahren noch wichtigen "Augenzeuge" (Kino) zur "Aktuellen Kamera" (Fernsehen), die für politische Verlautbarungen immer wichtiger wurde, da die Anzahl der Fernsehzuschauer stets anstieg.

Mitte der 50er Jahre wurde das Fernsehnetz immer weiter ausgebaut, sodass auch außerhalb Berlins das Programm empfangen werden konnte und am 2. Januar 1956 wurde das Fernsehversuchsprogramm eingestellt. So wie die ARD sein erstes Fernsehgemeinschaftsprogramm "Deutsches Fernsehen" nannte, wurde auch eine Wortmarke für das Fernsehen der DDR gebildet: "Deutscher Fernseh-Funk DFF" (Sendestart: 3. Januar). Die Bezeichnung "Fernsehen der DDR" wollte man zunächst nicht, da eine Ausstrahlung bis in die Bundesrepublik vorgesehen war, technisch aber nicht hundertprozentig gelungen wollte. Allein Bundesbürger nahe der DDR-Grenze wohnend konnten ein (schwaches) Bild empfangen. Aber auch DDR-Bürger waren " außer im Bezirk Dresden und Vorpommern " fähig, das Deutsche Fernsehen der ARD zu sehen.

Zwei Jahre später wurde das Vormittagsprogramm eingeführt: Ab dem 7. Oktober 1958 wurde ein Programm für Spätschichtarbeiter gestaltet, mit Informations- und Unterhaltungsteilen sowie Wiederholungen vom Vorabend. Das berühmte Sandmännchen wurde zum ersten Mal am 8. Oktober als Abendgruß vom Fernsehfunk für die Kinder ausgestrahlt. Die Fernsehteilnehmer wuchsen rasch an: so waren zu dieser Zeit etwa 300.000 Fernsehempfänger angemeldet (Fernsehgebühr: 5 Mark).

Am 3. Oktober 1969 wurde erstmals in Farbe im neuen zweiten Programm "DFF 2" gesendet. Um sich vom westdeutschen Farbsystem PAL zu unterscheiden, wählte man SECAM als Farbfernseh-Übertragungsverfahren. Die meisten DDR-Bürger sahen jedoch noch lange schwarzweiß, obwohl fortan die Programmdauer und Anzahl der Sendungsreihen (auch in Farbe) stets zunahmen, denn bis Ende der 70er Jahre waren noch nicht alle Sender im Lande mit farbtüchtigen Anlagen ausgestattet. Tüftler versuchten, mithilfe von in Westdeutschland beschafften PAL-Modulen, das bunte Westfernsehen illegal zu empfangen. Wer beide DDR-Programme empfangen konnte, hatte 10 Mark Fernsehgebühr zu entrichten.

Die politische Macht über das Fernsehen wurde stärker und der Deutsche Fernseh-Funk wurde am 11. Februar 1972 in "Fernsehen der DDR erstes und zweites Programm" umbenannt. (Die Rückumbenennung zu DFF erfolgte erst am 12. März 1990 mit dem Zusatz "Länderkette".) Der Schwerpunkt des Fernsehprogramms hat sich im Verlaufe der 70er Jahre deutlich in Richtung Unterhaltung verschoben. Obwohl die Propagandaarbeit des DDR-Regimes das staatliche Fernsehen voll einbezog, hat die steigende Bekanntheit westlicher Programme Einfluss auf die DDR-Fernsehprogrammgestaltung genommen. Vor allem Unterhaltungsprogramme und das Fernsehspiel wurden bei den DDR-Bürgern immer beliebter. Nun hatte sich der Programmaustausch zwischen BRD- und DDR-Fernsehen stärker ausgedehnt: das Fernsehen in der DDR interessierte sich für die Übernahme an Westsendungen und umgekehrt, denn die Qualität der DDR-Produktionen (vor allem Fernsehspiele) hat sich derart erhöht, dass auch das Deutsche Fernsehen Sendungen übernommen hat.

Da alle Bemühungen der DDR-Staats- und Parteiführung, den Empfang von Westfernsehen einzudämmen, misslangen, wurde seit Mitte der 70er Jahre das Empfangen von Westfernsehen nicht mehr unter Strafe gestellt. Bis dahin haben Lehrer die Kinder aufgefordert, einmal die Uhr aus dem Fernsehen nachzuzeichnen. Einige malten Uhren mit Strichen (ARD), andere mit Punkten (DFF). So konnte man die Westfernsehseher ausfindig machen.

In den 80er Jahren wurden im DDR-Fernsehen von der SED vermehrt Sendereihen für die Jugend entwickelt, um diese, die sich an den Westmedien orientierten, ans Staatsfernsehen der DDR zu binden. Ende der achtziger Jahre ignorierte das Fernsehen noch Massenflucht und Proteste der eigenen Bevölkerung, doch als am 18. Oktober 1989 Erich Honecker und andere Machthaber des Zentralkomitees der SED zurücktraten, reformierten Hör- und Fernsehfunk ihre Programme schlagartig: der berüchtigte "Schwarze Kanal" wurde am 30. Oktober eingestellt. Das Ende des Rundfunks der DDR schien gekommen zu sein. Der Deutsche Fernsehfunk "DFF-Länderkette" wurde im Februar 1990 zunächst Mitglied von 3sat. Dort versuchte man, in der neuen Mitmachsendung "Donnerstagsgespräch", Fernsehzuschauer per Telephon mit einzubeziehen. Das Ganze wurde vom DDR-Geheimdienst anfangs noch kritisch überwacht.

Der DFF wurde als öffentlich-rechtlicher Sender erklärt. Diese Erklärung wurde aber am 3. Oktober 1990 wieder aufgehoben. Man versuchte nun, aus den Studios in den Bezirken der DDR regionale und kommunale Berichterstattung zu senden. Der Einigungsvertrag zwischen der BRD und der DDR sah im Artikel 36 vor, dass die Einrichtung des Hör- und Fernsehfunks der DDR mit allen Liegenschaften, Eigentum, Mitarbeitern und Programmmaterialien bis zum 31. Dezember 1991 aufgelöst werden muss.

Die erste Stufe der Abschaltung bestand darin, dass die ARD am 15. Dezember 1990 die Senderkette des DFF übernahm und das Farbsystem auf PAL umgelegt wurde. In der Silvestersendung 1991 verabschiedete man sich und der DFF wurde um Mitternacht abgeschaltet. "Erben" des ostdeutschen Fernsehens wurden der ORB-Brandenburg und der MDR-Leipzig (Mitglieder der ARD). Am 1. Mai 2003 fusionierten der Sender Freies Berlin und der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg zum Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB).

Text: Christian Bönisch

Lesen Sie weiter im fünften Teil: Farbfernsehen in der Bundesrepublik Deutschland