Keiler - Der Menschenfresser

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Datum: 17.11.2009 | VÖ: 10.12.2009 | Herausgeber: Ascot Elite Home Entertainment GmbH | Kategorie: Film

"Dieses Monster-Schwein suhlt sich lieber in Blut und Eingeweiden als im Schlamm. Dieser Film wir Ihren Appetit auf Wildschwein-Braten gewaltig reduzieren!"

Was für ein geiler Klappentext, denkt man sich beim Betrachten der DVD-Hülle. Hier geht's mal endlich wieder brachial zur Sache und es gibt lecker Gekröse und feinsten Brechstangen-Gore allererster Kajüte - so hofft man. Leider vergebens, aber eins nach dem anderen.

Sameri ist das "Dorf ohne Verbrechen" irgendwo nahe einer koreanischen Berglandschaft. Alles ist so friedlich und harmlos, dass es ein gar nichts ausmacht, dass die Polizeiwache der Arbeitsplatz der größten Pfeifen im Ort ist.
Dann geschieht aber doch etwas Irreguläres: man findet ein geöffnetes Grab und als Überreste des Verblichenen nur noch einen Finger und den Kopf. Dann wird ein Jäger vermisst, dann ein junges Mädchen.
Derweil bekommt in Seoul der Polizist Kim (Eum Tae-Woong) endlich seine Versetzung genehmigt, allerdings wird er nach Sameri geschickt, was nicht wirklich auf seiner Wunschliste stand. Zumindest muss er dank der beim Dörfchen vorgefundenen Leichenteile nicht den ganzen Tag auf Traktoren aufpassen, sondern wird sofort in die Ermittlungen um die Tode in Sameria eingeschlossen.

Die Leichenteile, die man noch finden konnte, zeichnen ein eindeutiges Bild: es war ein Tier, ein wildes, großes Tier - am ehesten ein Keiler von noch unbekannten Ausmaßen.
Ein Tier, das auf Menschen Jagd macht, kann sich das Dorf nicht leisten, denn man lockt gerade Investoren mit der hiesigen Öko-Landwirtschaft, also werden gleich richtig schwere Geschütze aufgefahren: man engagiert Meisterjäger (oder auch "Jägermeister" haha) Baek (Yoon Jae-Moon), um das mörderische Wildschwein zu erlegen.
Was Baek wenig später stolz der Presse präsentiert, ist zwar ein beeindruckendes Schwein, doch bei manchem bleiben starke Zweifel, ob das auch der Killer-Keiler sei - zu Recht!

Das geile Gekröse und Gemansche, auf das ich mich so gefreut hatte, blieb leider aus. Ein paar sehr anregende, schmatzende Soundeffekte und das Ausnehmen des von Baek erlegten Schweins sind die traurigen Höhepunkte des Films, wenn man ihn von der Warte des Appetitanregers sieht.
Ein enormer Großteil des Films dreht sich so gut wie gar nicht um das Tier, sondern verhandelt einfach nur Irrelevantes. Ein wenig um die Kernhandlung herum zu erzählen ist ja immer sehr fein, aber hier hat man das Gefühl, dass man hingehalten wird.
Immer wenn man dann den Eindruck hat, dass das Schwein nun endlich in den Vordergrund rückt, liefert das Vieh doch wieder bloß einen vorbeihuschenden Kurzbesuch ab. Man kann nicht einmal behaupten, dass eine völlig unnötige Handlung abseits der Schweinerei entwickelt werden würde, denn es wird nicht wirklich irgendetwas erzählt. Man lernt Kims Situation etwas näher kennen: seine Frau ist hochschwanger und seine Nachbarin und seine Mutter liefern sich scheinbar einen Wettstreit darin, wer die größere Meise hat.
Neben Dorf-Neuzugang Kim gibt es noch den geldgeilen Bürgermeister, die beiden Naturforscher, den alten Mann, dessen Enkelin früh im Film stirbt (und welcher der hervorstechend beste Schauspieler im Ensemble ist - zumindest am Anfang) und die Chaostruppe von Polizei.

Speziell an den Dorfpolizisten bemerkt man ein verstörendes Element des Films: den Klamauk.
Der Film beginnt damit, dass die Polizisten einen Hang herunterpurzeln, mehr als einmal.
Die Absurditäten gipfeln dann später in jenen Moment, in welchem Jäger Baek seinen Hund sprechen hört und in vollem Ernst antwortet.
Mitunter entsteht der Eindruck, dass der eigentliche Kern des Films vertuscht werden soll. Man manövriert sich um den bedrohlichen Gedanken eines wilden Keilers, der auf Menschen geht, bis es dann doch dringend notwendig wird, dass das Tier auch mal in voller Präsenz auftritt.
Das tut es dann auch endlich, endlich! Es erscheint ein im Computer zusammengehackter Fellbatzen, so groß wie ein Pferd und von der Textur eher an einen wuscheligen Teddybären erinnernd. Der erste große Auftritt des Keilers geschieht in einer Art Scheune oder Dorfhalle und anstatt wie eine besengte Sau alles niederzumähen, stuppst der "wilde" Eber einzeln die Leute gegen die Wand und promeniert auch gern mal in normalem Schritttempo umher. Der Keiler ist einfach überhaupt nicht animalisch, sonder fügt sich brav dem Anspruch der jeweiligen Szene. Er lauert, rastet aus, blickt wild um sich, lauert wieder usw.
Wirkliches Rasen, Tobsucht, Tollwut, das Bestialische eines jagenden Monstrums wird nie spürbar. Der Keiler ist im Endeffekt genau so verpeilt wie die Knallköpfe aus dem Dorf.

Der letzte Teil des Film besteht dann daraus, dass ein aus schablonenhaft flachen Figuren Marke Bilderbuch zusammengestellter Trupp die Jagd aufnimmt und dem Keiler ans Fell will.
Dynamik kommt nicht einmal dann auf, wenn der Keiler den Jägern direkt auf dem Fersen ist, denn obwohl das Schwein schnaubend Vollgas rennt, bleibt es stets hinter den strauchelnden und torkelnden Menschen.
Dass nebenbei noch die Mitgefühlsschiene dank der kleinen Frischlinge des Keilers ausgepackt wird, ist nur eine weitere Randnotiz ohne Relevanz. Der Film ist einfach nichts so richtig ganz: weder totaler Klamauk noch richtiger Schocker oder irgendetwas halbwegs anderweitig Konsequentes dazwischen oder sonstwo.
Einerseits ist der Film in Sachen Handlung völlig ohne Schwung oder Zug, andererseits sind die Figuren mit Klischees nur so aufgeladen und völlig überspitzt.
Vielleicht ist es einfach nur das koreanische Kino, an dem mein Filmverständnis scheitert, aber ich war froh, als die 117 Minuten "Keiler" vorbei waren.

Die DVD ist allerdings ganz nett gestaltet, es gibt verschiedene Trailer, Interviews und ein "Making of", welches aus unkommentierten Aufnahmen rund um den Dreh besteht. Sehr putzig fand ich übrigens, dass die Funktion "Film starten" hier bei diesem Film "Jagdsaison" heißt. (mp)

Wertung: 2 von 10 Punkten (2 von 10 Punkten)

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