Crips and Bloods: Made in America

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Datum: 23.09.2009 | VÖ: 14.08.2009 | Herausgeber: Sunfilm Entertainment | Kategorie: Dokumentation

Stacy Peralta, Ikone der kalifornischen Surf- und Skaterszene ("Riding Giants"), hat hier eine Dokumentation über die zwei größten amerikanischen Jugendbanden, die "Crips" und die "Bloods", verfasst, die einen fast aus dem Sessel haut. Er machte sich Gedanken, warum sich seit mehreren Jahrzehnten diese beiden Banden im Los Angeles-Stadtgebiet South Central so gewalttätig bekriegen, dass es in den inzwischen über 40 Jahren andauernden Konflikten zu über 15.000 Todesopfern kam " fünfmal soviel wie im Irlandkonflikt. Er knüpfte Kontakte zu Personen, die ehemalige oder noch aktive Mitglieder dieser Gangs sind u. a. die Rapper Snoop Dogg oder The Game.

Die Idee zu diesem Film hatte er bereits vor 15 Jahren. Nach vielen Jahren der Vorbereitungen und Suche nach Financiers, Ausbauen von Kontakten und zahllosen Interviews, Sichten einer Unmenge Anzahl von Fotos und dem gedrehten Filmmaterial, hat er eine Dokumentation geschaffen, in der nichts von der Angeberei und dem Machotum zu finden ist, wie man sie aus den Rappersongs kennt. Die befragten Gangmitglieder sprechen offen und ehrlich über ihr Leben, ihre Gefühle, ihre "ngste, ihre Gründe für die Zugehörigkeit in den Gangs, ihren Familien. Im letzten Drittel werden auch diejenigen sichtbar, die noch mehr unter den Opfern zu leiden haben: Die Tanten, Schwestern, Mütter und Großmütter. Peralta setzt sie derart ins Bild, indem sie nacheinander mit zwar wortlosen, aber trauernden und teilweise weindenden Gesichtern in die Kamera schauen, während am Bildrand eingeblendet wird, wen sie mit welchem Alter verloren haben. Und man liest, dass viele der Söhne, Brüder, Neffen oder Enkel nicht einmal das 20. Lebensjahr erreichten.

Einige der Befragten, die der Gründungszeit entstammen, erzählen aus einer Zeit des wirtschaftlichen Niedergangs, dem Fortzug der weißen Bevölkerung aus South Central und dem anschließendem wachsenden Rassismus, als die Polizei, die nur aus Weißen bestand, mehr und mehr grundlos schwarze Bürger anhielt, kontrollierte und drangsalierte. Selbst harmlose schwarze Spaziergänger wurden angehalten und nach dem Woher und Wohin befragt. Die frustrierten und perspektivlosen Jugendlichen versuchten, sich den örtlichen Pfadfindergruppen anzuschließen, erfuhren aber auch hier Ausgrenzung und offenen Rassismus. Also organisierten sie eigene ‚Vereine’, da sie sich in einer Gruppe gegenseitig ermuntern und unterstützen konnten. Insbesondere wollte man sich auch gegen gewalttätige Übergriffe weißer Jugendbanden schützen, die regelmäßig aus den anderen Stadtgebieten einfielen " teilweise durch die Polizei toleriert.

Unter der Leitung von Polizeichef William Parker und seiner Politik der Härte erlaubte sich das Los Angeles Police Department (L.A.P.D.) generelle Verdächtigungen und regelmäßige Übergriffe gegenüber Schwarzen, wie sie es sich gegenüber der weißen Bevölkerung nicht einmal andeutungsweise erlaubt hätte. Als dann 1965 im Zuge einer Kontrolle im Stadtteil Watts erneut ein schwarzer Autofahrer angehalten wurde, weil er angeblich alkoholisiert gewesen sei, eskalierte die Situation. Innerhalb weniger Stunden versammelten sich mehrere tausend Schwarze und protestierten lautstark gegen die inzwischen zur Tagesordnung gehörenden Polizeiübergriffe. Anstatt sich nun zurückzuziehen und die Demonstration im Sande verlaufen zu lassen, wollte das LAPD erneut zeigen, dass sie die Herren sind und verstärkte ihre Einsatzkräfte vor Ort enorm. Dies wurde von den Demonstranten aber als Provokation aufgefasst und ließ die Gewalltätigkeiten endgültig ausarten. Ein 6-tägiger Aufstand war die Folge, der unter dem Namen "Watts-Aufruhr" bekannt wurde und bei dem es zu über 1.000 Verletzten und über 30 Toten kam. Die Unruhen wurden durch weite Teile der schwarzen Bevölkerung getragen, eine Beteiligung der Banden war sehr begrenzt.

Infolge dieser Ereignisse erhielten schwarze Gruppierungen einen beträchtlichen Zuwachs an Mitgliedern und Rückhalt der schwarzen Bevölkerung. Gleichzeitig vollzog sich ein allmählicher Wandel sowohl an den Zielen als auch der bei den Gangs üblichen Bewaffnung. Aus Fäusten, Messern und einfachen Pistolen wurden nach und nach automatische Pistolen und Gewehre und sogar Granaten. Drogen wie Cracks beschleunigten die Ausweitungen der Gewalttätigkeiten, um sich zunehmend Respekt zu verschaffen gegenüber der Polizei und anderen Banden.

Immer noch bestehender Rassismus sowie Plan- und Hilflosigkeit von Polizei und Politik gipfeln darin, dass der kalifornische Gouverneur Schwarzenegger für 4,7 Milliarden US-Dollar weitere Gefängnisplätze errichten will, anstatt mit diesem Geld endlich Freizeit- und Arbeitsmöglichkeiten und damit Zukunftsperspektiven für die Bevölkerung von South Central zu schaffen. Die Doku ist damit auch eine knallharte offene Kritik an die Verantwortlichen, die diese Konfliktsituation durch ihr rassistisches Handeln und soziales Nichtstun selbst geschaffen haben. Dennoch hoffen die schwarzen Jugendlichen, dass sich daran mal etwas ändert. Es gibt also einen Hoffnungsschimmer...

Die DVD enthält neben dieser 89minütigen im 16:9-Format gedrehten Dokumenation noch etliche höchst interessante und sehenswerte Extras. Neben einem 27minütigen "Making Of" im Original mit deutschen Untertiteln, einem 31minütigem Featurette "Gangsta Rap und die Ausbreitung der Gangs" gibt es noch Interviews mit Lil Wayne (2:23 Min.) und Snoop Dogg (4:28 Min.) und einen fast 5minütigen Trailer über diesen Film " allesamt äußerst sehenswert. Dazu noch 6 Trailer zu anderen Filmen. Das Bild ist schön scharf und in natürlichen Farben, der Kontrast ist ausgewogen. Der klar und deutlich verständliche Ton ist in Deutsch (DD 5.1 und DTS 5.1) und Englisch (DD 2.0) vorhanden. Dazu können deutsche Untertitel aktiviert werden, was auch für die Extras gilt. Die übliche durchsichtige Jewelbox ist mit einem Wendecover versehen. Ein Booklet ist nicht vorhanden, wird aber auch nicht vermisst bei dieser mehrfach prämierten und interessanten Dokumentation, die packender ist als viele Kinofilme. Höchste Punktzahl und meine Empfehlung! (gh)

Wertung: 10 von 10 Punkten (10 von 10 Punkten)

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