Was ich von ihr weiß

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Datum: 15.07.2009 | VÖ: 04.06.2009 | Herausgeber: Renaissance Medien | Kategorie: Film

Kati lebte bisher bei ihrer Oma, ihre Mutter Iris hatte vor Jahren das Haus verlassen und sich seitdem nicht mehr sehen lassen, nur ab und an Geschenke geschickt. Nun ist die Oma verstorben, so dass die inzwischen 16jährige nun zu ihrer Mutter zieht. Die lebt in billigen Hotelzimmern, angeblich reist sie viel herum, doch Kati merkt schnell, dass mit ihrer Mutter etwas nicht stimmt. Als sie mal wieder allein im Hotelzimmer ist, findet sie in Mutters Kulturtasche einen Beutel mit Schmuck und Uhren. Iris Mutter behauptet, sie würde freischaffend für ein Modehaus arbeiten. Als Kati ihre Mutter heimlich verfolgt und feststellt, dass diese aber als Taschendiebin tätig ist, stellt sie ihre Mutter zur Rede, die sich nun auf naivste Art und Weise herausredet: Sie würde nie Arme und Alte beklauen, sondern nur das ungerecht verteilte Geld umverteilen. Kati ist von ihrer Mutter dermaßen enttäuscht, dass sie mit Tabletten und Bier einen Suizid versucht, ihre Mutter findet sie jedoch vorzeitig.

Langsam findet Kati doch Gefallen an Iris Virtuosität beim ‚Ziehen’ und möchte, dass sie ihr diese Handfertigkeit beibringt, aber Iris weigert sich. Kati fängt an, Iris zu erpressen und erreicht, dass sie zusammen mit ihrer Mutter auf Tour geht und die Leute ablenkt. Mutter und Tochter fangen an, sich jetzt endlich kennenzulernen. Als Kati auf eigene Faust zu ‚ziehen’ versucht, gerät sie ausgerechnet an zwei "Kollegen", die sie verprügeln. Weil Kati ein Ausbildungsplatz in Berlin angeboten wird, reisen beide in die Hauptstadt und versuchen einen bürgerlichen Neuanfang. Anfangs ziehen sie zu Iris’ Ex-Freund Mike in dessen vollgemüllte Wohnung, beziehen aber schnell eine eigene Wohnung. Während Kati ihre Ausbildung in einem Hotel beginnt, findet Iris einen Job bei einem Friseur, den sie aber kurz darauf hinwirft, weil sie einfach nicht aus ihrer Haut kann. Doch auch Kati gibt ihre Ausbildung auf, denn sie will nach Spanien. Im Gegensatz zu ihrer Mutter, die dort ihre Taschendieb-Ausbildung bei professionellen Banden erlernt hat, will sie jedoch einem ehrlichen Beruf nachgehen und hat schon für eine Anstellung gesorgt. Auf dem Bahnhof trennen sich ihre Wege: Kati wartet auf den Zug, ihre Mutter geht zurück...

Laut Regisseurin Maren-Kea Freese ging es ihr in erster Linie um eine Mutter-Tochter-Geschichte, die etwas unkonventionell durch Mutters Beruf als Taschendiebin bereichert werden sollte. Die Absicht mag löblich sein, doch dadurch wurde die Möglichkeit verschenkt, einen wesentlich interessanteren Film zu machen. Während die Beziehung zwischen Mutter und Tochter, die sich noch vollkommen unbekannt sind, nur langsam vor sich hin dümpelt, Längen erzeugt und dem Film Tempo nimmt, sind die Szenen, in denen die Mutter mit ihren Partnern als Taschendiebe tätig sind, wesentlich flotter und interessanter. Wenn Iris die Börsen aus den Taschen zieht und hinterrücks an ihre männlichen Partner weiterreicht (oder umgekehrt), gleicht diese Bewegungsabfolge fast einer erotischen Choreografie, die im Geldentnehmen aus der Börse ihren Höhepunkt findet und die Börsen-Entsorgung im Abfalleimer als "Zigarette danach" dient. Anstatt darauf aufzubauen und den Zuschauer in die Welt der Taschendiebe abtauchen zu lassen, bleibt der Film in einer mittelmäßigen Eltern-Kind-Problematik stecken, die dem Zuschauer nicht wirklich etwas Neues zeigt oder bringt, denn die Rebellion der Tochter mit dem Suizidversuch als Höhepunkt hat man schon in besseren Varianten gesehen. Julia Richter spielt die "Iris" anfangs sehr kalt, da diese es nicht gewohnt ist, mit einem anderen Menschen ihr Leben wirklich zu teilen. Erst nach und nach wird auch bei Iris etwas Wärme spürbar, indem sie über sich und ihre Gefühle spricht, aber schließlich doch in ihr altes Leben zurückgeht. Alice Dwyer spielt die 16jährige "Kati", die nun mit einer ihr fremden Mutter zusammenleben soll und sich erst einmal zurückzieht und beobachtet, bevor sie auch mit ihren Gefühlen an die Oberfläche kommt. Leider scheint die Gefühlskälte der Mutter anfangs übertrieben, während man sich bei der Tochter wundert, dass sie nicht trotziger ist angesichts des merkwürdigen Verhaltens der Mutter.

Die Laufzeit dieses FSK12-Films im Format 16:9 beträgt 91 Minuten. Die Schärfe des Films ist durchweg gut, die Farben sind angepasst je nach Handlungsort: Im Hotel düster und bedrückend, auf der Straße grau und unterkühlt. Leider enthält der Film keinerlei Untertitel, Schwerhörigen bleibt dieser Film also vorenthalten. Als Extras enthalten sind neben einer Vorschau auf mehrere Filme noch ein Trailer für diesen Film, eine Diashow von den Dreharbeiten sowie mehrere Interviews, wovon jenes mit dem Bühnentaschendieb Felix Farrell das interessanteste sein dürfte, denn er zeigte den Darstellern, wie professionelle Taschendiebe arbeiten. Der ausschließlich deutsche Ton in DD 2.0 ist klar und deutlich, lediglich in der Szene, in der Kati ihrer Mutter vom Job in Spanien erzählt, ist ein kurzer Moment unverständlich, was aber weniger am Ton als an Alice Dwyers Aussprache liegt. Fazit: Hier wurde viel Potential verschenkt, denn der Plot hätte wesentlich mehr hergeben können. (gh)

Wertung: 6 von 10 Punkten (6 von 10 Punkten)

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