Gernsehclub auf Tour: Michael Kessler zeigt "Switch reloaded"

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Datum: 19.03.2009 | VÖ: 18.03.2009 | Herausgeber: Titania Theater, Frankfurt am Main | Kategorie: Kabarett & Bühne

Der "Gernsehclub", Deutschlands erster TV-Live-Club, befindet sich eigentlich mitten in Berlin, wo seit letztem Jahr regelmäßig "Gernsehabende" stattfinden. Der Club wird dabei zum überdimensionalen Wohnzimmer, in dem man gemütliche Fernsehabende mit kalten Getränken und Knabbereien erleben kann. Der Unterschied zum heimischen Wohnzimmer ist jedoch, dass die Fernsehstars persönlich vor Ort sind. Dieses Konzept verlief bisher sehr erfolgreich, sodass die Macher des "Gernsehclubs" beschlossen haben, auf Tour zu gehen. Nach dem ersten Gastspiel in München am 4. März, wo Oliver Kalkofe das Beste aus seiner "Mattscheibe" zeigte, fand der zweite auswärtige "Gernsehabend" am 18. März im "Titania Theater" in Frankfurt am Main statt. Das Theater liegt ziemlich zentral in der Bankenmetropole und ist vom Hauptbahnhof in wenigen Minuten mit der U-Bahn zu erreichen. Gast an diesem Abend war Michael Kessler, bekannt aus dem Kultfilm "Manta, Manta" und vor allem aus Comedy-Reihen wie der "Wochenshow", "Genial daneben", der "Schillerstraße", insbesondere aber aus der Fernseh-Parodie "Switch" und "Switch reloaded", worum es sich schließlich an diesem Abend drehte. Das erfolgreiche Comedy-Format hat bereits zweimal den Deutschen Comedypreis erhalten, den letztes Jahr auch Michael Kessler als bester Comedy-Schauspieler erhalten hat. Darüber hinaus ist "Switch reloaded" bereits zum zweiten Mal für den Adolf-Grimme-Preis nominiert.

Die Macher des "Gernsehclubs" wollen Fernsehabende in entspannter Atmosphäre bieten. Im "Titania Theater" wurde daher ein "Wohnzimmer" eingerichtet, in deren Mitte sich eine überdimensionierte Stehlampe befand, um die mehrere Flachbildschirme in einem Rondell angeordnet waren. Rundherum fand man zahlreiche Sitzgelegenheiten, genauer gesagt Sitzsäcke und sogenannte "Lümmel" (die übrigens sehr bequem sind, auch wenn man es ihnen auf den ersten Blick nicht ansieht), aber auch gewöhnliche Stühle. Vom "Wohnzimmer" war es nicht weit bis zum TV-Buffet, wo allerlei Knabberkram bereitstand, und bis zur Bar, wo man sich jederzeit kalte Getränke holen konnte. Natürlich auch während der Vorführung, da man sich wie zu Hause fühlen sollte. Auf Wunsch konnte man sogar Nackenmassagen bekommen. Für die Sicherheit sorgte wieder einmal der Security-Hund, der den Besuchern des "Gernsehclubs" sicherlich bekannt ist (wenn sie ihn nicht übersehen haben sollten). Obwohl der Einlass offiziell erst um 19.30 Uhr war, wurden die ersten Gäste auch schon vorher hereingelassen. Bevor es losging, konnte man bereits zahlreiche bekannte Erkennungsmelodien aus dem Fernsehen der vergangenen Jahrzehnte hören. Man hat es hier offensichtlich mit ausgemachten Fernseh-Freaks zu tun.

Mit von der Partie war natürlich auch Gernsehclub-Moderator Bürger Lars Dietrich, der durchs Programm führte. Diesmal hatte er es bei Michael Kessler mit einem Arbeitskollegen zu tun, denn beide hatten vor einigen Jahren zusammen in der "Wochenshow" gespielt. Man hatte auch tatsächlich den Eindruck, die beiden sein ein gut eingespieltes Team. Er hatte Kessler während des Abends immer mal wieder zu "Switch", zu seinen Fernsehaktivitäten, aber auch zum Thema Fernsehen im Allgemeinen interviewt und Kessler war gerne bereit, etwas aus dem Nähkästchen zu plaudern und einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren. So kritisierte Kessler am heutigen deutschen Fernsehen, dass häufig das Vertrauen der Zuschauer missbraucht würde, z. B. in Castingshows. Kessler wurde auch auf die Hitler-Parodie in der Reihe "Obersalzberg" angesprochen. Dazu meinte er, dass es prinzipiell in Ordnung ist, auch mit der Figur Hitler Comedy zu machen. Allerdings muss man seiner Meinung nach bestimmte Grenzen einhalten, in diesem Zusammenhang kritisierte er Oliver Pocher, der zusammen mit Harald Schmidt im "Nazometer"-Sketch eindeutig zu weit gegangen wäre. Zwischendurch bekam man auch immer mal wieder Kostproben seines Parodie-Talents zu hören. Die Zuschauer wurden ebenfalls mit einbezogen und durften einige Fragen stellen. Es wurde auch ein kleines Quiz mit den Zuschauern veranstaltet, nach Beantwortung einer Schätzfrage durfte ein Zuschauer eine DVD-Sammlung von "Switch reloaded" mit nach Hause nehmen. Schließlich machte Kessler den Zuschauern noch die demnächst startende neue Staffel schmackhaft. Sowohl Michael Kessler als auch Bürger Lars Dietrich machten einen sehr umgänglichen Eindruck und zeigten sich gegenüber den Zuschauern sehr interessiert und offen.

Kommen wir aber nun endlich zu den Höhepunkten aus "Switch", die man an diesem "Gernsehabend" zu sehen bekam. Zunächst sollte positiv hervorgehoben werden, dass die in 4:3 produzierten Folgen auf den 16:9-Bildschirmen nicht aufgezoomt, sondern im Originalformat gezeigt wurden. Die Unsitte des Aufzoomens wird in zahlreichen Technik-Kaufhäusern und bestimmt auch in vielen Wohnzimmern angewandt, aber nicht im "Gernsehclub"! Der Ton war auch wesentlich bombastischer, als man es sich in der heimischen Mietwohnung erlauben könnte. Ein Schwachpunkt war allerdings, dass bei einer Sendung der Ton nicht ganz lippensynchron war, es schien allerdings niemanden gestört zu haben, wenn es überhaupt auffiel. Im Laufe des Abends wurden Ausschnitte aus verschiedenen Staffeln gezeigt, unter anderem auch ein Klassiker, in dem die "Lindenstraße" parodiert wird und Kessler als "Gung" zu sehen war. Die meisten Ausschnitte stammten aus der zweiten und dritten Staffel von "Switch reloaded" und waren daher noch relativ aktuell. Natürlich war auch Kesslers legendäre Florian-Silbereisen-Parodie dabei, sogar gleich mehrfach. Auch "Obersalzberg", eine Mischung aus Hitler-Parodie und Stromberg-Parodie, durfte natürlich nicht fehlen und schien beim Publikum besonders gut anzukommen. Viele andere vertraute Figuren, wie der "arbeitslose Arbeitslose" Herbert Stachowiak, aber auch Tim Mälzer mit der "alten Zippe" waren mit dabei. Peter Kloeppel - übrigens eine der ersten Figuren, die Kessler parodierte, aber für ihn auch eine der schwierigsten " war natürlich auch dabei, um die neuesten Nachrichten aus der fiktiven zentralasiatischen Diktatur Lampukistan mitzuteilen. Nicht zu vergessen die zahlreichen Parodien auf Werbespots, Call-In und Teleshopping. Die Macher von "Switch" geben sich offensichtlich große Mühe, die Originalsendungen und die Originalcharaktere so gut wie möglich zu kopieren, aber natürlich nicht ohne eine gesunde Prise Überspitzung. Einige Parodien erscheinen teilweise erschreckend nah am Original zu sein, besonders Max Giermanns Stefan-Raab-Parodie ist sehr gelungen. Man zeigt bei der Produktion offensichtlich auch eine gewisse Liebe zum Detail, etwa der Hakenkreuz-Teppich in "Obersalzberg". Das bei einem Format wie "Switch", dass aus zahlreichen aneinandergereihten, teilweise auch sehr kurzen Sketchen besteht, auch einmal ein paar schwächere Nummern dabei sind, lässt sich wohl kaum vermeiden. Man sollte aber auch berücksichtigen, dass für die Fans der Sendung vieles nicht neu gewesen sein wird, schließlich wird die Sendung sowohl auf dem Haussender "ProSieben" als auch auf dem Schwestersender "Sat 1 Comedy" rauf und runter wiederholt. Die Stimmung im Publikum war aber insgesamt ziemlich gut. Schließlich bekam man zum Schluss noch ein Making-of von der neuen Staffel zu sehen. Darin sah man u. a., wie Michael Kessler eine künstliche Glatze verpasst bekam und ihm die Nasenfalte weggeschminkt wurde. Schade war nur, dass man keine Kostproben aus der neuen Staffel zu sehen bekam. Schließlich ist der "Gernsehclub" auch dafür bekannt, dass dort teilweise auch schon Sendungen vor der Erstausstrahlung im Fernsehen gezeigt werden. Da die neue Staffel auf "ProSieben" aber nur wenige Tage nach diesem Abend startet, kann man darüber hinwegsehen. Gegen 22.30 Uhr wurde der "Gernsehabend" dann offiziell beendet, insgesamt ein sehr gelungener und unterhaltsamer Abend.
(jh)

Wertung: 8 von 10 Punkten (8 von 10 Punkten)

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