19 lange Jahre saß Daniel Holden (Aden Young) im Todestrakt - unschuldig, wie sich nach einer erneuten DNA-Untersuchung herausstellt. Vom Vorwurf der Vergewaltigung mit anschließender Ermordung freigesprochen, darf er das Gefängnis als verlassen. Holden kehrt in seine alte Heimat zurück: ein Ort, der ihm nach all der Zeit fremd erscheint. Nicht nur, dass er neue Familienmitglieder kennen lernt. Auch seine Freunde und Bekannte haben sich von ihm abgewandt. Es fällt ihnen schwer, an Holdens Unschuld zu glauben; immerhin hatten sie knapp 20 Jahre lang eine andere Wahrheit präsentiert bekommen.

Die US-amerikanische Dramaserie "Rectify" von Oscar-Preisträger Ray McKinnon bringt frischen Wind in das TV-Universum: Die Neuorientierung eines zu unrecht Verurteilten ist wahrlich kein oft verwendeter Aufhänger. Im Zentrum der ersten Staffel stehen die ersten Tage Holdens in Freiheit, seine emotionale Verfassung, die Konflikte mit Familie und Einwohnern. Das Tempo ist eher gemächlich, ohne dass jedoch Langeweile aufkommt: Es geht um Identität, Beziehungen, Fragen der Moral - dabei verzichtet man auf Schwarz-Weiß-Zeichnungen im Sinne von armer Unschuldiger versus engstirniger Gesellschaft. Die Sorgen und Zweifel der Charaktere sind nachvollziehbar, der Zuschauer oszilliert zwischen den einzelnen Gefühlslagen, so dass es nur schwer möglich ist, Partei zu ergreifen.

Die Leistungen der Schauspielerinnen und Schauspieler können durchwegs als sehr gut bewertet werden. Alle agieren glaubwürdig - und mit Aden Young hat man einen brillanten Hauptdarsteller gecastet. Wenngleich die deutsche Synchronisation, die durch die Interopa Film GmbH in Berlin unter der Dialogregie von Masen Abou-Dakn entstand, gelungen ist: Alle schauspielerischen Facetten kann man nur im O-Ton mitbekommen, weshalb die englische Fassung zu bevorzugen ist.

Seit dem 17. Oktober ist die erste Staffel von "Rectify" in Deutschland auf DVD zu haben. Edel Germany hat alle sechs Folgen mit einer jeweiligen Laufzeit von einer Stunde in einer Box herausgebracht: Auf drei Discs gibt es ca. 260 Minuten perfekte TV-Unterhaltung für anspruchsvolle Konsumenten. Die beiden Tonspuren (Deutsch und Englisch) sind in Dolby Digital anzuwählen. Leider sucht man vergeblich nach Bonusmaterial. Gerade bei dem nicht alltäglichen Sujet hätte man sich Audiokommentare oder Interviews mit Cast und Crew gewünscht.

Dennoch ist "Rectify - Staffel 1" eine gelungene Alternative zum Serien-Einheitsbrei. (bv)

Wertung: (8 von 10 Punkten)