The Wolf Among Us

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Datum: 11.07.2014 | VÖ: 15.11.2014 | Herausgeber: Telltale Games | Kategorie: PlayStation 3

Der große, böse Wolf geht um. In New York. Beruflich.
Bigby Wolf, ehemals der große böse Wolf aus all den bekannten Märchen, Sagen und Fabeln, hat umgesattelt und sich zum Sheriff der Fabelwesengemeinde ernennen lassen. Vor vielen hundert Jahren schon mussten er und all die anderen Märchenfiguren ihre Heimat verlassen und sich in die menschliche Gesellschaft integrieren. Ihre geheime Gemeinde innerhalb der New Yorker Stadtbevölkerung nennen sie "Fabletown" und gehen ganz regulärem Beschäftigungen nach. Troll Holly führt eine Bar, die sprechende Kröte gibt den Hausverwalter und Schneewittchen ist die Assistentin des stellvertretenden Bürgermeisters in der Märchengemeinde. Und der große, böse Wolf schaut eben nach dem rechten als Sheriff Bigby Wolf. So will er seinen Ruf aufbessern und seine Vergangenheit als furchterregende Bestie hinter sich lassen.

Als der Spieler an Bigbys Seite tritt, ist dessen Alltag nicht besonders aufregend. Viel zu tun scheint ein Fabelwesen-Sheriff nicht zu haben. Dass eine kleine Ruhestörung zu einer handfesten Prügelei ausartet, ist schon eine enorme Abwechslung. Damit das Spiel aber mehr als Alltag bietet, kommt es natürlich ziemlich bald ziemlich dick. Bigby muss auf einmal in Sachen Mord ermitteln. Bei seinen Untersuchungen innerhalb der Fabelwesen-Gemeinde kommt mehr und mehr ans Tageslicht, wie schlecht es eigentlich um die einst so prunkvollen Märchenfiguren steht und zu was für Taten die schlechten Lebensumstände sie getrieben haben. Und auf einmal befinden wir uns in einem vom Krimi Noir angehauchten Sumpf aus Intrigen, Manipulationen, Erpressung und Gewalt.
Viel zur eigentlichen Handlung kann hier nicht erzählt werden, um die Spannung nicht zu gefährden. Betrachten wir daher lieber die anderen Aspekte.

Optisch ehrt "The Wolf Among Us" seine Wurzeln mit einem Comic-Look durchCell Shading-Technik. Das Spiel basiert nämlich auf der preisgekrönten Comic-Serie "Fables" aus den USA. Eine ähnliche Optik kam bereits bei "The Walking Dead" zum Einsatz, das ja auch von Telltale Games stammt.
Besonders wenn die Figuren mal still stehen, kann der Comic-Look sehr gefallen. Die Orte, an denen man sich bewegt, sind nicht übermäßig spektakulär gestaltet, da die Stimmung des Spiels ja auch eher gedrückt ist. Dafür sehen die Charaktere besonders gut aus und können sogar mit einer ganz brauchbaren Mimik aufwarten.

Die Spielmechanik besteht zum Großteil daraus, dass man Dialoge führt, indem man unter Zeitdruck eine Aussage-Option für den Protagonisten bestimmt. Vorrangig variieren die Optionen im Grad der Freundlichkeit bzw. Unfreundlichkeit dem Gesprächspartner gegenüber. So kann man das Spiel mal als Softie und mal als knurriger Eigenbrötler spielen. Die Art, wie man auf andere Figuren reagiert und welche Entscheidungen man im Spielverlauf trifft, erzeugen Folgen im späteren Spiel. Das schafft einen unweigerlichen Wert an Wiederspielbarkeit, da man neugierig ist, was man denn konkret beeinflusst hat. Explizit gesagt bekommt man es nicht, der Fluss der Handlung steht im Vordergrund.
Immer wieder mal muss man Quick Time Events meistern, wenn es eine Verfolgungsjagd oder einen Kampf gibt. Diese QTE-Sequenzen sind unterschiedlich schwer. Manche frustrieren sehr stark, andere spielen sich problemlos runter. Direkte Nachteile entstehen aber erst, wenn man mehrere QTEs hintereinander versaut. Da kann es mal passieren, dass man stirbt, aber das Spiel speichert automatisch recht fair, sodass man nicht viel der bekannten Passage erneut spielen muss.

Zu guter letzt kann man sich ab und an ganz in Ruhe frei umher bewegen, Dinge näher betrachten oder Personen aktiv ansprechen. Während klassische Adventures fast nur aus diesem Element bestehen, liegt bei "The Wolf Among Us" der Fokus viel stärker auf den Dialogen. Man bemerkt aber nicht, dass man manchmal mehrere Minuten am Stück eigentlich nur einen Dialog geführt hat. Die Taktung der Dialogpassagen und vor allem Qualität der Dialoge kaschieren wunderbar, dass man den Großteil des Spiels eigentlich kaum "richtig" spielt. "The Wolf Among Us" ist beinahe auch kein eigentliches Spiel mehr, sondern viel mehr eine Geschichte, in die man im Kleinen eingreifen kann, bei der sich aber im Großen nicht allzu viel deswegen ändert. Das Gesamtkonstrukt der erzählten Geschichte bleibt konstant, aber man kann die Reihenfolge mancher Vorgänge bestimmen und vor allem das Bild, das die Fabelwesen von Bigby haben, durch seine Aussagen und Handlungen bestimmen.
Da die Macher dem Spieler wenig große Freiheiten gegeben haben, entschädigen sie ihn mit einer sehr gut geschriebenen und ebenso gut erzählten Handlung. Wie schon erwähnt, sind die Dialoge sehr gelungen, hinzu kommt ein Handlungsverlauf mit stimmig verlaufenden Spannungskurven und gut inszenierten Überraschungen. Das Finale, das man nach nicht allzu vielen Spielstunden erreicht, hätte lediglich ein wenig spektakulärer verlaufen können.

"The Wolf Among Us" ist kein Spiel für Adventure-Freunde, die gern puzzlen, Orte mehrfach besuchen, alles in Ruhe abgrasen und Inventargegenstände untersuchen und verschiedene Lösungswege für ein Problem durchprobieren wollen. Das Spiel mit dem Wolf ist extrem auf Dialog und Handlung fokussiert, also sollte man eher mit der Lust auf eine spannende und dichte Erzählung heran gehen. Tut man dies, wird man mit feinster Kurzweil versorgt und die fabelhafte, dreckige, gefährliche, mystische, verruchte, fantastische Welt der "modernen" Fabelwesen hineingezogen.

Gespielt wurde die Download-Version von "The Wolf Among Us" für die PS3, die auf fünf Episoden verteilt über den PlayStation Store vertrieben wurde. Aussagen zu der finalen Datenträger-Kaufversion konnten daher nicht getroffen werden. (mp)

Wertung: 7 von 10 Punkten (7 von 10 Punkten)

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