Florian Sand ist Künstler. Sein einiger Zeit wird er von einem eigenartigen Mann beobachtet, der ihm überall hin folgt. Es stellt sich heraus: Der Fremde möchte Florian als neuen Bewohner in einer weit entlegenen Traumstadt gewinnen. Der Name der Stadt sei Programm: Alle Sorgen seien hier vergessen, alle Sehnsüchte würden in Erfüllung gehen. Gemeinsam mit seiner Frau macht Florian sich auf den Weg zu diesem sagenhaften Ort. Doch schnell muss er erkennen, dass die Traumstadt eher ein Alptraum ist...

Einmal mehr hat Alive ganz tief in der Schatzkiste gegraben und einen rar gesendeten Film in ordentlicher Aufmachung auf DVD veröffentlicht. "Traumstadt" basiert auf Alfred Kubins Roman "Die andere Seite". Die Gefahr bei Literaturverfilmungen liegt unter anderem darin, dass versucht wird, möglichst viel Inhalt und Charaktere zu transportieren und dabei oft im Ansatz stecken bleibt - zwei Stunden Lauflänge reichen einfach kaum aus, um hunderte von Seiten umzusetzen. Regisseur Johannes Schaaf hat sich geschickterweise lediglich am roten Faden orientiert und sich viel Freiräume bei der filmischen Interpretation gelassen.

"Traumstadt" zeigt in wirren, zum Teil völlig zusammenhanglos wirkenden, Bildern den Zerfall der dekadenten Gesellschaft, vermischt Realität und Fiktion, wirkt wie ein Drogenrausch. Die künstlich-künstlerische Umsetzung ist ein Fest für die Augen, wird jedoch den Otto-Normal-Seher hoffnungslos überfordern. Deshalb ist "Traumstadt" eher eine Film-Collage als ein Werk mit durchgehendem, einfach nachvollziehbaren Handlungsfaden. Schaafs Produktion bietet viel Raum für Interpretation und ist ein meisterhaftes Beispiel für die experimentierfeudigen Filmen der 70er mit ihren psychedelischen Zügen. Zudem ist "Traumstadt" mit Helen Vita, Per Oscarsson oder der großen Rosemarie Fendel hervorragend besetzt.

Gerade weil "Traumstadt" kein Mainstream ist, kann man dem Herausgeber Alive dankbar sein, dieses filmische Juwel veröffentlicht zu haben. (bv)

Wertung: (8 von 10 Punkten)