Die Geschichte des Infanterie-Regiments Nr. 9

Zurück zur Übersichts-Seite

Datum: 30.04.2012 | VÖ: 19.05.2011 | Herausgeber: Polar Film | Kategorie: Dokumentation

Der erste Weltkrieg war einer der größten politischen Katastrophen der Weltgeschichte. Nachdem man es im Jahr 1918 schaffte, nach vier Jahren harten Kämpfen und unendlich großen materiellen und menschlichen Verlusten, die Waffen nieder zu legen, nutzten einige Staaten die Situation aus, um sich als Sieger feiern zu lassen und stigmatisierten parallel dazu das Deutsche Reich zum Verlierer und zum Brandstifter des Krieges. Die Situation wurde weiter ausgenutzt, um mit dem Versailler Vertrages eine bislang nie dagewesene Ausschlachtung eines Landes zu organisieren, welche die Saat für die nächste weltweite Katastrophe war...

Militärisch wurde dem Deutschen Reich aufgelegt komplett abzurüsten. Anschließend wollten die restlichen am Versailler Diktat beteiligten Staaten ebenfalls abrüsten. Dem Deutschen Reich blieb lediglich eine kleine Reichswehr mit 100.000 Soldaten. In diesen Reihen befanden sich aufgrund einer langjährigen Tradition viele Adelige und auch einfache Soldaten, die aus Familien mit einer großen Militärtradition abstammten.

Das 9. Infanterie-Regiment wurde am 1. Januar 1921 Bestandteil der Reichswehr aufgestellt und existierte bis zu Kriegsende am 8. Mai 1945. Dieses Regiment zählte mit seinen vielzähligen adeligen Teilnehmern als ein ganz Besonderes. Wie auch viele andere Regimenter war das 9. sehr kritisch gegenüber der Weimarer Republik und später auch des Kriegsverlaufes im 2. Weltkrieg eingestellt, sodass aus diesen Reihen sehr viele Verschwörer hervor kamen, welche sich am 20. Juli am Attentat gegen Adolf Hitler beteiligten.

Im Jahr 1995 drehte Siegfried Gebser eine zweiteilige Dokumentation über das 9. Infanterie-Regiment und führte in diesem Zusammenhang Gespräche mit zahlreichen Zeitzeugen, die in dieser Dokumentation zu sehen sind. Mittlerweile ist diese recht unbekannte Dokumentation auf DVD erschienen, was man der Firma Polar Film zu verdanken hat.

Ich war sehr erstaunt wie einfach aber dennoch fesselnd diese Dokumentation inszeniert ist. Es ist toll zu sehen, welch große Faszination einfache Gespräche und die nüchterne und weitestgehend objektive Darstellung von Fakten haben kann. Fernab von der Art, wie man im modernen Fernsehen Dokumentationen in unglaublich manipulativer und pathetischer Weise dem Publikum historische Begebenheiten näher bringt, schafft es Gebser die Geschichte des 9. Infanterie-Regiments authentisch, spannend und eindringlich zu erzählen.

Die beiden Teile der Dokumentation, die eine Gesamtspielzeit von knapp 113 Minuten haben, erzählen in chronologischer Form den Verlauf der Geschichte des Regiments, welche natürlich stark an der Geschichte des Deutschen Reiches gekoppelt war. Dank den Zeitzeugen gibt es reichlich Anekdoten zu hören, sowie historisch hoch interessante Fakten und Begebenheiten. Untermauert wird dieser Rückblick von zeitgenössischen Zitaten aus alten Feldpostbriefen von Angehörigen des Regimentes.

Man muss wirklich sagen, dass die Dokumentation erfrischend objektiv ist. Trotzdem ist sie durchaus kritisch in Bezug auf die deutsche Führung, was aber auch mit der kritischen Haltung vieler Soldaten des 9. Infanterie-Regiments zusammen hängt. Nicht umsonst kamen aus ihren Reihen zahlreiche Attentäter des 20. Juli.

Im Gegenzug hierzu bekommt man einige historisch äußerst relevante und brisante Aussagen und Anekdoten zu hören, die die friedlichen Absichten Russlands im Zweiten Weltkrieg auf ein Neues in Frage stellen. Jobst von Stosch äußert sich im Rahmen der Dokumentation z.B. über das viele Kriegsgerät, welches direkt an den Grenzen in Rußland gefunden wurde folgendermaßen: "Wenn auf der Kriegsschule jemand eine Verteidigungsstellung so aufgebaut hätte […] der wäre durchgefallen. Der ganze Wald […] war voll gestellt mit Material jeder Art. Ich habe dann zu meinen Bataillonsstab gesagt, da waren Sperrholzkisten zu einen großen Wall aufgebaut. […] etliche Meter breit, 20, 30, 40, 50 Meter lang, dann habe ich gesagt, holen Sie mal die Kiste runter, holen Sie mal die Kiste runter. Wir dachten, da gäbe es etwas zu beißen, Verpflegung oder so. Nichts. In beiden Kisten waren fabrikneue Pferdegasmasken. In einer Kiste waren so viele Pferdegasmasken wie wir vielleicht insgesamt auf unserer Gasschule hatten. Mehr hatten wir gar nicht. Wir hatten nicht eine einzige Pferdegasmaske bei unserer Truppe. Aber da lagen die Biester zu tausenden rum." Eine andere Erinnerung eines Soldaten erzählt von einem Mädchen, das ein Propaganda-Büchlein in ihrem Besitz gehabt hat, in dem sinngemäß Stand, dass es eine schöne Zeit wird, wenn man Deutschland längs der Elbe bis Hamburg wieder aufbauen wird. Solche Aussagen sind in modernen Dokumentationen im deutschen Fernsehen nicht denkbar. Von daher ist es eine Wohltat eine weitestgehend objektive Dokumentation zu sehen, die auch solche Aussagen zulässt.

Wer sich für dieses Regiment, für die deutsche Geschichte, die Weimarer Republik, Militär, den Nationalsozialismus und den 2. Weltkrieg interessiert, den kann man diese Dokumentation uneingeschränkt empfehlen. Die Geschichte des 9. Infanterie-Regiments ist äußerst interessant, eben weil sie mit der Geschichte Deutschlands eng in Verbindung steht. Hinzu kommt, dass diese Dokumentation sehr gut zusammengestellt ist und auf falschen Pathos und auf Geschichtsklitterung weitestgehend verzichtet.

Die DVD von Polar Film ist ansprechend gestaltet und serviert dem Kunden die Dokumentationen in guter Qualität. Hinzu kommen zwei Bonusfilme ("Potsdam in Farbe" und "Potsdam 1929" mit einer Laufzeit von knapp 10 Minuten. Aufgrund des historischen Bildmaterials sind die beiden Bonusfilme sehr sehenswert. Im Inneren der Hülle liegt ein Reklameheft von Polarfilm. Eine kleine abgedruckte Chronik des 9. Infanterie-Regiments wäre ein schöner Zusatz gewesen. Ebenso Untertitel für Hörgeschädigte. Aber auch so kann die DVD und natürlich auch die Dokumentation auf ganzer Linie überzeugen. (sk)

Wertung: 8 von 10 Punkten (8 von 10 Punkten)

Jetzt kaufen

Besuchen Sie unser Forum!

Hinweis: Unsere Kritiken geben logischerweise die Meinung des jeweiligen Autors wieder und sind NICHT zwingend identisch mit der Ansicht der gesamten Redaktion.