Karl Valentin & Liesl Karlstadt - Die Spielfilme

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Datum: 10.07.2011 | VÖ: 17.02.2004 | Herausgeber: Film 101 | Kategorie: Film

Fragt man nach berühmte bayrische Künstler oder gar Humoristen, kommt man an Karl Valentin nicht vorbei. Sein skurriler, gestochen scharfer und tragischer Humor ist unvergessen und hat Generationen von Künstlern geprägt. Sogar Begriffe und Worte haben es geschafft, in den alltäglichen Sprachgebrauch der vorwiegend bajuwarischen Bevölkerung einzuziehen. Obwohl Karl Valentin schon seit über 60 Jahren nicht mehr unter uns weilt, ist er noch immer allgegenwärtig. Ein dermaßen großer Nachhall seiner künstlerischen Tätigkeit ist ohne die im letzten Jahrhundert aufkommenden Medien in dieser Form niemals möglich gewesen. Zwar zählen allein schon seine Bühnenstücke und Lieder zu wichtigen Klassikern des letzten Jahrhunderts, doch ohne seine Hörspiele und Filme wäre das, was Karl Valentin als Person und Künstler ausmacht, heute weitestgehend vergessen.

Das große Glück der heutigen Generation ist es, über diesen wertvollen filmischen Nachlass von Karl Valentin verfügen zu können. Nachdem er zu Beginn des letzten Jahrhunderts seine ersten künstlerischen Erfahrungen auf verschiedenen Bühnen Deutschlands machte, begann er bereits im Jahr 1912 damit, eigene Kurzfilme zu drehen. In den Jahren und Jahrzehnten darauf folgte eine große Karriere, die erst im Zweiten Weltkrieg zu stagnieren begann. Das ging in der Nachkriegszeit so weit, dass Valentin fast in Vergessenheit geraten wäre. Erst viele Jahre nach seinem Tod erinnerte man sich wieder an die großartigen Werke des Münchner Künstlers. Es begann eine nicht enden wollende Karl-Valentin-Renaissance, die bis heute anhält.

Auf die Kurzfilme, die Karl Valentin bis in die 40er Jahre hinein produzierte, folgten schnell abendfüllende Spielfilme. Drei der wohl bekanntesten Filme des Künstlers hat die Münchner Firma Film 101 im Jahr 2004 im Rahmen einer DVD-Box veröffentlicht. Es handelt sich um die Werke "Der Sonderling" aus dem Jahr 1929, "Kirschen in Nachbars Garten" aus dem Jahr 1935 und "Donner, Blitz und Sonnenschein" von 1935.

"Der Sonderling" ist der erste und zugleich letzte abendfüllende Stummfilm von Karl Valentin, den er zusammen mit seiner langjährigen Bühnenpartnerin Liesl Karlstadt drehte. Regie führte Walter Jerven. Die Geschichte handelt von einem leidenschaftlichen Briefmarkensammler, dessen größter Wunsch es ist, den "Schwarzen Einser" zu besitzen. Als er anfängt für einen Schneider zu arbeiten, freundet dessen Gattin sich mit ihm an. Diese sorgt heimlich dafür, dass er seine ersehnte Marke endlich bekommt. Dummerweise fehlt einem Kunden genau das Geld, was für die Briefmarke gebraucht wurde. Aus diesem Grund wird er verhaftet. Die Anschuldigungen belasten ihn so sehr, dass er Selbstmord begehen möchte...

"Kirschen in Nachbars Garten" war nach "Der Sonderling" und "Die verkaufte Braut" der vierte lange Film von Karl Valentin. Die Geschichte handelt von einem Nachbarschaftsstreit, bei dem Karl Valentin natürlich eine nicht unwichtige Rolle spielt. In den Hauptrollen sind neben Valentin und Karlstadt die großartigen Schauspieler Max Gülsorff, Theo Shall und die unvergessene Adele Sandrock zu sehen.

Ebenso heiter geht es in "Donner, Blitz und Sonnenschein" zu, der genau wie der eben genannte Film von Erich Engels inszeniert wurde. Der Film handelt vom Schneidermeister Huckebein, der von Geldnöten geplagt wird. Sein Nachbar ist nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen. Die zwei Herren sind verkracht, außerdem schuldet Huckebein seinen Nachbarn Geld. Dieser versucht die Schulden immer wieder vergeblich bei Huckebein einzutreiben. Doch plötzlich taucht ein Hundertmarkschein in einer Westentasche auf, die der Geschichte eine ganz neue Richtung gibt... Auch hier spielen mit Ilse Petri, Hans Leibelt, Käthe Haack, Reinhold Bernt und natürlich Karl Valentin und Liesl Karlstadt wieder viele tolle Schauspieler der damaligen Zeit mit.

Die DVD-Box beinhaltet neben diesen drei Filmen noch einiges an Bonusmaterial. Dazu gehören diverse Valentin-Kurzfilme. Das sind "Karl Valentin privat und im Atelier" von 1913 (5 Minuten Privataufnahmen, Probeaufnahmen und vieles mehr), "Karl Valentins Hochzeit" von 1930 (7 Minuten Stummfilm, wurde nachträglich mit Musik unterlegt), "Musical-Clown" von 1929 (5 Minuten Stummfilm) und "Mit dem Fremdenwagen durch München" von 1929 (Stummfilm, eine Minute). Hinzu kommen Biographien und Zeittafeln der Künstler und ein Informationen über die Zuständigen Firmen. Das Menü ist im Stil der damaligen Zeit gestaltet und ist sehr ansprechend.

Ebenso ansprechend ist die Gestaltung der Verpackung. In einem Schuber findet man eine Digipak-Hülle, die der DVDs beinhaltet. Alle Verpackungselemente sind individuell mit Aufnahmen aus den Filmen und Fotos von Karl Valentin verziert. Wenn man das Digipak z.B. öffnet, kriegt man ein Panoramabild zu sehen, das Karl Valentin liegend mit seinem Hund zeigt und sich auf mehrere Verpackungselemente verteilt. Auch durch die durchsichtigen DVD-Halterungen kriegt man weitere Fotos zu sehen. Wichtige Daten zu den Filmen und zur DVD-Box kriegt man ebenfalls geboten. Was man vermisst sind Inhaltsangaben zu den Filmen. Ebenso hätte eine Box mit solch wichtigen Filmen auch ein Beiheft vertragen können, das ausführlich über die Entstehung und die Künstler dahinter berichtet. Auch Bonusmaterial in Form von Berichten oder Interviews hätten der DVD-Box gut getan. Trotzdem kriegt man mit dem vorhandenen Material knapp 290 großartige Minuten Bildmaterial geboten.

Dieses ist qualitativ natürlich unterschiedlich erhalten. Während die Spielfilme eine verhältnismäßig gute Qualität besitzen, variiert das Erhaltung des Bildes gerade bei den Kurzfilmen stark. Was sehr schmerzhaft ist: Das Bild wurde bei den Filmen stark beschnitten, sodass man z.B. Texttafeln oder die Namen im Vorspann zu kleinen Teilen nicht sehen kann. Das ist besonders ärgerlich, da man eigentlich davon ausgehen sollte, dass man im Rahmen einer solchen Veröffentlichung die Filme in einer bestmöglichen Qualität bekommt. Einen Hinweis auf diese Beschneidung der Filme findet man leider nirgends. Jeder, der sich die Box zulegt, sollte sich dieser Mängel aber bewusst sein, da es sonst große Enttäuschungen geben könnte.

Die Filme selbst sind ohne Zweifel wahre Meisterwerke. Karl Valentin gehört zu den ganz großen Künstlern des letzten Jahrhunderts und hat es geschafft, mit seinem Lebenswerk unsterblich zu werden. Schon der Stummfilm "Der Sonderling" beweist, dass man Valentin ohne Probleme mit anderen Komik-Größen der damaligen Zeit messen kann egal ob Chaplin oder Dick und Doof. Im Gegensatz zu diesen Humoristen hatte Valentin den Vorteil, dass seine wahre Klasse durch den Tonfilm erst so richtig zur Geltung kommen kann.

Diese "Die Spielfilme"-Box über Karl Valentin und Liesl Karlstadt beinhaltet einige grandiose Meisterwerke des frühen deutschen Films. Die oben erwähnten Mängel, die für einige Kunden gravierend sind, schmälern das Filmvergnügen stark, was äußerst schade ist. Freunde von Karl Valentin, die noch nicht im Besitz dieser Filme sind, kommen an dieser Veröffentlichung jedoch nicht vorbei. (sk)

Wertung: 6 von 10 Punkten (6 von 10 Punkten)

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