Shahada

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Datum: 14.04.2011 | VÖ: 25.02.2011 | Herausgeber: Polyband | Kategorie: Film

Berlin im Winter: die Schicksale drei junger Menschen kreuzen sich, wobei jede Geschichte für sich die Frage nach der eigenen Handhabung des Lebens und seinen Herausforderungen stellt. Hinzu kommt die Religion als Leitlinie fürs Leben " eine Leitlinie, kein Handbuch, denn am Ende muss jeder seine eigenen Entscheidungen treffen, seinen eigenen Weg wählen.
Maryam (Maryam Zaree) lebt ohne strenge Zwänge, geht feiern, genießt ihre Jugend, doch als sie sich gegen ihr ungeborenes Kind entscheidet, stürzt sie in eine tiefe Sinnkrise. Sie verliert die Selbstverständlichkeiten ihres Alltags und findet in den Zeichen, die sie sieht die Antwort auf ihrer Suche nach Vergebung für ihr Tat.
Ebenso werden auch der Polizist Ismail und der junge Arbeiter Samir aus der Bahn ihrer Gewohnheiten geworfen.
Ismail (Carlo Ljubek) trifft bei einer Routine-Untersuchung des Betriebs, in dem Samir arbeitet, auf Leyla, die er Jahre zuvor angeschossen hatte und seit ihrer Begegnung nicht nur Schuld, sondern eine Art Anziehung verspürt. Plötzlich sieht sich Ismail zwischen den Stühlen sitzen: die Frau, die in seit des Vorfalls keine Ruhe mehr lässt auf der einen Seite, sein Sohn und seine Frau auf der anderen Seite.
Samir (Jeremias Acheampong) wird ebenfalls einer harten Prüfung unterzogen, als er bemerkt, dass zwischen ihm uns seinem Freund Daniel mehr als nur freundschaftliche Gefühle bestehen. Liebe zwischen Männern passt nicht in das Bild, das Samir von sich als Muslim hat. Für Daniel wäre alles etwas einfacher, doch Samir muss diesen Konflikt mit sich und seinem Glauben ausmachen und wie es scheint besteht für eine solche Situation keine Lösung, die wirklich jede Spannung nehmen kann.

Mit "Shahada" werden sehr spezielle und doch irgendwie alltägliche Probleme porträtiert. Der Islam als Religion ist dabei immer präsent, schiebt sich aber nicht übermäßig ins Bild, sodass der Film kein Film über Muslime ist, sondern ein Film über Konflikte mit dem, was man als Gewissheit sicher zu haben glaubt und dann plötzlich ohne eine eindeutige Gewissheit dasteht. Glaube und Religion sind in diesem Film vorhanden, doch sie vereinnahmen ihn nicht, es geht um die Menschen und ihre Lebenslagen, die sich von einem Moment auf den anderen derart verschieben, dass sich tiefer greifende Fragen als einfach nur ein "Und jetzt?" stellen. Jeder der drei Protagonisten lotet seine Wahlmöglichkeiten unterschiedlich aus und begibt sich auf die ganz eigene Suche nach dem weiteren Weg.
Es handelt sich um einen Film er leiseren Töne, der ruhigen Bilder und tragenden Situationen. Es geht viel um Dialoge, die Berührungspunkte zwischen den Menschen und den Nachwehen, die die Begegnungen erzeugen, aber vor allem auch um den ganz eigenen, inneren Konflikt mit sich selbst.
Die gleich dreigeteilte Erzählung ermöglicht dem Film einen sehr ansprechenden Einstieg, der vom Fleck weg Lust auf mehr macht. Leider wird das Tempo sehr stark zurück gefahren, was zu einer sehr spürbaren Länge des recht großen Mittelteils führt. Zum Ende hin kann die Erzählung aber wieder an Gehalt und Kurzweil zulegen. Der lange Mittelteil ist eher jene Phase, in welcher die Bilder sprechen sollen, tiefgreifende Handlungen der Figuren gibt es hierbei eher wenige.
Sehr überzeugend sind den gesamten Film über die Schauplätze. Es wurden nicht einfach nur ein paar photogene Ecken Berlins gewählt, sondern authentische Orte mit passendem Ambiente.
Wer sich für Filme der Machart von "L.A. Crash" interessiert, sollte sich "Shahada" unbedingt anschauen, denn das dosieren der einzelnen Handlungsstränge und die zarten Berührungspunkte der drei Geschichten sind sehr gut umgesetzt. Der Film feiert sich gewissermaßen nicht selbst, sondern lässt die Personen und Situationen sprechen.

Die Sektion der DVD-Extras ist leider nicht übermäßig stark bestückt. Es gibt geschnittene Szenen, Outtakes und den Trailer Hauptfilms. Leider trägt auch der Pappschuber den FSK-12-Hinweis, somit wird man doppelt darauf hingewiesen und kann auch leider nicht einmal die eigentliche DVD-Hülle von diesem Makel befreien, denn es gibt leider kein Wendecover. (mp)

Wertung: 7 von 10 Punkten (7 von 10 Punkten)

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