Emil und die Detektive (1931)

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Datum: 12.03.2011 | VÖ: 11.03.2011 | Herausgeber: MFA Film | Kategorie: Film

Der deutsche Kinderfilm hat eine lange Tradition und kann entsprechend viele großartige Werke vorweisen. Zu den Stoffen, die am meisten verfilmt wurden, gehören neben den Geschichten der Gebrüder Grimm die Kinderromane des beliebten Schriftstellers Erich Kästner. Bereits im Jahr 1931, nur zwei Jahre nach Erscheinen des Romans, gab es die erste Verfilmung der Berliner Kindergeschichte. Während für die Inszenierung Gerhard Lamprecht zuständig war, konnte als Autor für das Drehbuch der damals noch jungen Billie Wilder gewonnen werden, der in den Jahrzehnten danach große Erfolge in Hollywood feiern sollte. In den Hauptrollen sind neben den damals erwachsenen Schauspielern Fritz Rasp (als Grundeis), Käthe Haack (als Frau Tischbein), Rudolf Bierbrach (als Wachtmeister Jeschke) und Olga Engl (als Großmutter) die Kinderdarsteller Rolf Wenkhaus (Emil Tischbein), Inge Landgut (Pony Hütchen), Hans Schaufuß (Gustav mit der Hupe) oder Hans Richter (Fliegender Hirsch) zu sehen. Diese und andere Kinderdarsteller des Films waren in den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten noch sehr präsent im deutschen Film und Fernsehen. So war diese Produktion der Startschuss für die Karriere von Hans Richter, der als Kinderdarsteller aber auch als erwachsener Schauspieler bis in die 60er Jahre sehr aktiv war. Auch den damals 16-jährigen Martin Rickelt (damals noch als Martin Baumann) kann man in diesem Film sehen. Rickelt war noch bis in das Jahr 2004 hinein als Schauspieler tätig und wird vielen Zuschauern noch lange als "Onkel Franz" aus der ARD-Serie "Lindenstraße" in Gedächtnis bleiben. Im Gegensatz zu Richter war Rickelt schon elf Jahre zuvor in einem Stummfilm als Kind zu sehen.
Auch Inge Landgut konnte eine erfolgreiche Filmkarriere bis zu ihrem Lebensende in den 80er Jahren verfolgen. Den meisten anderen Kinderdarsteller des Filmes blieb dies aber verwehrt, denn sie sind allesamt im Zweiten Weltkrieg gefallen. Während Rolf Wenkhaus, der den Emil verkörperte und der noch im Jahr 1933 im frühen Propagandafilm "S.A.-Mann Brand" mitwirkte, im Januar 1942 in Irland gestorben ist, musste Hans Joachim Schaufuß, der im Verlauf der 30er Jahre an zahlreichen Produktionen beteiligt war, im Jahr 1941 in der USSR sein Leben lassen. Mit Hans Albrecht Löhr, der den Kleinen Dienstag spielte, hatte Erich Kästner ein besonderes Verhältnis. Denn Löhr hat als Kind den Roman gelesen und schrieb, nachdem er sich alle Schauplätze der Geschichte in Berlin angeschaut hatte, Erich Kästner einen Brief. Dieser wurde von der Verlegerin des Romans veröffentlicht. Die Folge davon war, dass der damals 9-jährige Junge einen guten Kontakt zu Kästner pflegen durfte und er nicht nur in der Bühnenversion der Geschichte mitspielen durfte, sondern später auch in der Verfilmung. Auch er starb im Jahr 1942 an der Ostfront.

Allein diese Einzelschicksale der Protagonisten zeigen, in welchem geschichtlichen Kontext dieser frühe deutsche Kinderfilm steht " aber auch die späteren Verfilmungen des Stoffes aus den Jahren 1954 und 2001. Während man im ersten Film noch das unzerstörte Berlin sehen kann und das einzigartige Flair der späten 20er und frühen 30er Jahre verspürt, geht es im zweiten Film von 1954 schon etwas seichter zu. Der erste Film wird der Buchvorlage noch sehr gerecht, im zweiten Film beginnen wurden bereits die ersten zeitgeschichtlichen Anpassungen vorgenommen. Diese verdeutlichen gut, wie sich Berlin bis in die frühen 50er Jahre verändert hat. Bestes Beispiel ist die Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, in der sich die Kinder treffen. In der Verfilmung von 2001 ist dann nur noch wenig von der ursprünglichen Geschichte übrig geblieben - ebenso, wie im modernen Berlin nur noch wenig vom Berlin der 20er und 30er Jahre zu spüren war...

Wie eben schon erwähnt, war man bemüht, bei dieser ersten Verfilmung von "Emil und die Detektive" sehr nah an der Buchvorlage zu bleiben. Das liegt auch daran, dass Kästner damals sehr großen Wert darauf legte und es deswegen einige Zerwürfnisse gab. Zur Geschichte: Emil Tischbein lebt bei seiner Alleinerziehenden Mutter und darf während den Schulferien zu seiner Großmutter nach Berlin reisen. Von seiner Mutter bekommt er 140 Reichsmark überreicht, die er seiner Oma mitbringen soll. Auf der Zugfahrt wird er von einem zwielichtigen Fahrgast namens Grundeis angesprochen. Dieser hat bemerkt, dass Emil viel Geld bei sich hat und bietet ihn Bonbons an, die mit Schlafmittel versetzt sind. Als Emil wieder aufwacht ist sein Geld verschwunden. Er ahnt natürlich, wer dafür verantwortlich ist und verfolgt Grundeis. In Berlin lernt er Gustav mit der Hupe kennen, dem er von seinem Leid erzählt. Einen Wachmann möchte Emil aber nicht ansprechen, weil er zu Hause selbst einen Streich gespielt hat und glaubt, von der Polizei gesucht zu werden. Aus diesem Grund machen sich die Jungs kurzerhand selbst an die Arbeit und versuchen Grundeis das Handwerk zu legen. Seine Cousine Pony Hütchen schließt sich der Bande an...

Meine Begeisterung für diesen Film habe ich bereits oben schon ein wenig verdeutlicht. Die erste Verfilmung von "Emil und die Detektive" ist ohne Frage die Beste! Nicht nur, weil sie am nähesten an der Buchvorlage dran ist, sondern auch, weil sie aus ihrer Zeit heraus einfach großartig ist. Die wundervollen Aufnahmen des unzerstörten Berlins, der unzerstörten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, die niedlichen und frechen Jung-Schauspieler, die großartigen UFA-Stars (allen voran natürlich Fritz Rasp) und der unverwechselbare Charme des frühen deutschen Tonfilms sind einfach wundervoll! Dies alles und viele weitere Nuancen, sorgen dafür, dass diese erste Filmversion des Kinderbuchklassikers ein zeitloses Meisterwerk geworden ist.

Gestern ist die dritte DVD-Auswertung des Stoffes erschienen. Nachdem der Film schon einmal einzeln auf DVD erschienen ist und es sogar eine Kombi-Version mit der '54er Verfilmung gegeben hat, kommt der Streifen nun wieder solo im Rahmen der "Erich Kästner Filmedition" auf den Markt. Mit dem Titelmotiv des Buches und einem Szenefoto hat man das Titelbild passend und ansprechen gestaltet. Auf der Rückseite der Hülle findet man weitere Szenenfotos, sowie eine Inhaltsangabe und Daten zum Film und zur DVD. Wenn man die Hülle öffnet, kriegt man durch das durchsichtige Plastik die Selbe Ansicht noch einmal zu sehen. Denn es handelt sich bei dem Einlegeblatt um ein Wendeblatt, welches die Möglichkeit bietet, das große FSK-Logo von vorne in das Innenleben der Hülle verschwinden zu lassen. Ein vierseitiges Faltblatt mit Werbung für die anderen Kästner-DVDs rundet das Innenleben der Hülle ganz gut ab. Wie üblich hat man die Scheibe mit dem Gleichen Motiv versehen, das man auch auf der Vorderseite der Hülle sehen kann.

Die Bildqualität des 69-minütigen Filmes ist für das Alter der Aufnahmen sehr gut. Man merkt, dass es digital überarbeitet wurde. Wenn man das Bild mit der DVD-Version von 2003 vergleicht, merkt man noch einmal eine kleine Steigerung der Qualität, gerade was die Helligkeit des Materials angeht. Im Ton ist ein durchgehendes Rauschen zu hören, das man aber nicht wahrnimmt, solange die Filmmusik läuft oder die Personen miteinander sprechen.
Bonusmaterial findet man leider keines. Das Menü ist sehr einfach gestaltet und bietet lediglich eine Kapitelauswahl. Auf englische oder deutsche Untertitel hat man leider komplett verzichtet.

Unterm Strich kann man diesen Kinderfilm jeden empfehlen. Er ist lustig und unterhaltsam und hat selbst nach 80 Jahren nichts an seiner Liebenswürdigkeit und seinen Charme verloren. Die Kinder spielen zwar nicht immer perfekt, aber gerade das trägt unheimlich viel dazu bei, dass der Film eine so angenehme Wirkung auf den Zuschauer hat. Gerade im Historischen Kontext ist dieser Streifen besonders wertvoll. Lediglich aus der DVD-Auswertung hätte man deutlich mehr machen können. (sk)

Wertung: 8 von 10 Punkten (8 von 10 Punkten)

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