Die Unverbesserlichen

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Datum: 31.10.2010 | VÖ: 20.08.2010 | Herausgeber: Studio Hamburg | Kategorie: Serie

Dass man die Vergangenheit gerne verklärt, ist allgemein bekannt und wird wohl ewig so bleiben. Doch während man schlechte Erinnerungen aus Zeiten, die man selbst erlebt hat, gerne einfach vergisst oder verdrängt und sich nur an das Gute erinnert, liegt das Problem bei Epochen, die man selbst gar nicht miterlebt hat wo anders. Soweit man sich nicht mit den politischen und sozialen Problemen, die in jener Zeit vorhanden waren, in Form von Literatur, Dokus oder entsprechenden Spielfilmen beschäftigt, kann man schnell einen falschen Eindruck dieser Zeit kriegen. So ist es mit den Unterhaltungsfilmen während des Krieges, ebenso wie den Schlagerklamotten der späten 60er und 70er Jahren. Wenn man sich, ohne weitere Informationen über die jeweilige Zeit nur diese heiteren Streifen anschaut, kriegt man den Eindruck, dass die Situation damals in der Realität tatsächlich so fröhlich und sorglos war. Die Kleidung, die Sprache und die Musik dieser Zeit unterstreicht dies noch einmal bzw. wenn man in anderer Form wieder damit konfrontiert wird verbindet man mit den Merkmalen dieser Jahre direkt etwas positives. Anders als die Filme der 30er und 40er Jahre, die kaum gezeigt werden, stattdessen verstärkt dokumentarische Berichterstattung über diese Jahrzehnte, sind die Unterhaltungsfilme der 50er und 60er Jahren sehr präsent im deutschen Fernsehen, was die Folge hat, dass man eben jene Zeit heute als die "gute, alte Zeit" ansieht. Doch wer sich mit den damaligen Problemen befasst, wird schnell merken, dass die heitere Komponente verstärkt in der Unterhaltung eingesetzt wurde, um von den Schwierigkeiten jener Jahre abzulenken. Schließlich war der Krieg mit all seinen Grausamkeiten erst kurz davor zu Ende gegangen, die Leute hatten an den Folgen des Zusammenbruchs zu kämpfen, der kalte Krieg war im vollem Gange, Deutschland war zerstückelt und zerfiel in verschiedene Staaten und in den 60er Jahren fing die Jugend an zu rebellieren, was deutlich andere soziale Strukturen zur Folge hatte. In den heimischen Stuben waren die alten Muster zum Großteil noch vorhanden und wurde erst im Laufe der Jahre und Jahrzehnte abgelöst.

Eine der wenigen Produktionen, die über Jahre hinweg genau diese Alltagsgeschichten im damaligen sozialen Umfeld aufgegriffen hat und anders als die intellektuellen Spielfilme und die trockenen Dokumentationen die Masse der Menschen erreichen konnte ist die Serie "Die Unverbesserlichen". Anders als die Schlager- und Klamaukfilme dieser Zeit wird diese hervorragende Reihe mit Inge Meysel und Joseph Offenbach in den Hauptrollen jedoch in der heutigen Zeit nicht mehr ausgestrahlt, was äußerst schade ist. Schließlich versprüht sie das Flair dieser Zeit und funktioniert heute ebenso wie damals. Die Darstellung der alltäglichen Problemen im Zusammenhang mit den damaligen Umständen ist gerade mit diesem Abstand besonders interessant. Man lernt viel über diese Zeit, versteht dadurch die Heutige besser und wird obendrein noch hervorragend unterhalten. Als Zuschauer merkt man immer wieder, dass die Probleme von damals oftmals auch in der Gegenwart noch präsent sind. Sei es die Kindererziehung, eine Scheidung, der Generationenkonflikt, die soziale Gerechtigkeit oder einfach die üblichen Geldsorgen. All diese und natürlich noch viel mehr Themen, die damals jeden betroffen haben, werden in dieser Reihe sehr menschlich, authentisch, unterhaltsam und liebenswert dargestellt. Eine ruhige Erzählweise, tolle Charaktere, hervorragende Dialoge, bodenständige und authentische Geschichten und großartige Schauspieler, die dies in Szene setzen, runden diesen Zeitlosen Einblick in die späten 60er und frühen 70er Jahren perfekt ab. Neben den schon oben erwähnten Schauspielern Inge Meysel, die sich bis in das neue Jahrtausend hinein zu einer Schauspiel-Ikone entwickelte, und Joseph Offenbach, ein sehr charismatischer Schauspieler, der leider schon kurz nach der letzten Folge der Serie verstorben ist und den man unter anderen durch einzigartige Rollen in Serien wie "Salto Mortale" her kennt, bekommt man bei "Die Unverbesserlichen" zahlreiche weitere tolle Mimen zu Gesicht, wie die unvergessene Agnes Windeck, Gernot Endemann, Monika Peitsch, Michael Hornauf, Helga Anders, Ralph Persson oder Eva Zlonitzky. In kleineren Rollen sind unter anderem auch bekannte Namen wie Herbert Weissbach, Günther Pfitzmann oder Wolfgang Völz mit von der Partie. Das federführende Team hinter der Kamera mit Claus Peter Witt als Spielleiter und Robert Stromberger als Drehbuchautor hat knapp zehn Jahre nach dieser Produktion mit "Diese Drombuschs" ein weiteres Mal einen großen Erfolg in der Familienunterhaltung landen können.

Von "Die Unverbesserlichen" gibt es insgesamt sieben Folgen, die zwischen den Jahren 1964 und 1971 produziert wurden. Die ersten Geschichten der Berliner Mehrgenerationenfamilie Scholz, die zusammen unter einem Dach lebt und ihre alltäglichen Problemen zu meistern hat, sind noch in schwarz-weiß gefilmt und wirken anfangs noch wie ein Kammerspiel. Später hat man dann auf Farbe umgestellt, der Charme dieser tollen Produktion blieb aber erhalten, was in erster Linie an den tollen Drehbüchern und Schauspielern liegt. Alle Produktionen der Reihe sind in Spielfilmlänge von jeweils ungefähr 90 Minuten Laufzeit gedreht und garantieren somit ebenso lange wie unterhaltsame Fernsehabende.

Nachdem dieser TV-Kult-Klassiker bereits zweimal auf DVD veröffentlicht wurde, gab es von der Firma "Studio Hamburg" im August 2010 eine weitere Auflage der beliebten Familienserie. Diese neue Veröffentlichung hat sich in vollem Maße gelohnt, denn die Serie erscheint nicht nur in Form der Verpackung im neuen Glanz, sondern auch das Bild der DVD. Denn dieses wurde digital restauriert, was deutlich zu sehen ist. Natürlich kann man das Ergebnis nicht mit heutigen Standarts vergleichen, wer jedoch die alte Bildqualität der Serie kannte bzw. allgemein die Bildqualität von TV-Produktionen der 60er Jahren, wird mit diesem Ergebnis hoch zufrieden sein. Ebenso wie das Bild ist auch der Ton in Ordnung und trübt in keinen Moment den Spaß an der Serie.

Ein sehr edles Mediabook in einem stabilen Schuber rundet dieses hervorragende Produkt wunderbar ab. Im Mediabook sind insgesamt acht DVDs enthalten, die in Buchform integriert sind. Wenn man eine Seite umblättert bekommt man auf der rechten Seite zwei DVDs zu sehen und auf der Linken Seite Impressionen und Inhaltsangaben aus der Serie. Leider hat man die Vorder- und Rückseite des Mediabookes nicht für weitere Bilder und Texte verwendet, stattdessen sind diese Flächen identisch mit der Vorder- und Rückseite des Schubers.
Auf den jeweiligen DVDs bekommt man pro Disc eine Folge der Serie in Spielfilmlänge zu sehen, die in einem edel gestalteten Menü eingebettet sind. Die Dokumentation "Inge Meysel " Die Unverbesserliche" findet man auf der letzten Scheibe als Bonusmaterial, was das Sehvergnügen hervorragend abrundet. Insgesamt hat diese DVD-Box eine Laufzeit von 681 Minuten ("Die Unverbesserlichen") und zusätzlich kommen noch einmal 60 Minuten (Dokumentation) hinzu.
Auf weiteres Bonusmaterial hat man jedoch leider verzichtet. Weitere Informationen zu Joseph Offenbach oder Agnes Windeck oder Interviews mit den noch lebenden Darstellern wären sehr wünschenswert gewesen. Außerdem ist auch diesmal wieder auf Untertitel für Hörgeschädigte verzichtet worden. Diese Mängel fallen jedoch kaum ins Gewicht.

Unterm Strich bleibt ein hervorragendes Produkt zu einer unvergesslichen Fernsehserie, die heute noch genauso gut wie vor vierzig Jahren funktioniert. "Die Unverbesserlichen" ist ein außergewöhnlicher Einblick in eine Zeit des gesellschaftlichen Umbruches, dessen Folgen unsere heutige Zeit in fast jedem Lebensbereich geprägt hat. Themen die damals wie heute aktuell sind werden auch die Menschen in zehn und zwanzig Jahren noch interessieren und machen diese Reihe zu etwas zeitlosen. Herrliche Geschichten und wundervolle Schauspieler, die es schaffen, den Figuren eine ungeheure Portion Authentizität zu verleihen machen "Die Unverbesserlichen" zu etwas ganz besonderem. Die dazugehörige DVD-Box lässt kaum einen Wunsch offen und erweist sich zudem noch als ein Schmuckstück im heimischen Wohnzimmerregal. (sk)

Wertung: 9 von 10 Punkten (9 von 10 Punkten)

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