Ein Robinson - Tagebuch eines Matrosen

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Datum: 12.09.2010 | VÖ: 06.12.2004 | Herausgeber: 101 Pixel | Kategorie: Film

Der frühe deutsche Film der 20er und 30er Jahre ist kaum ohne das Genre des Bergfilms denkbar. Arnold Fanck, der als Erfinder dieser Filmgattung gilt, hat in diesen Jahren regelrechte Pionierarbeit geleistet. Zusammen mit großen Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts wie Leni Riefenstahl oder Luis Trenker drehte er atemberaubende Filme, die bis heute ihres Gleichen suchen. Gefährliche Dreharbeiten in den unberechenbaren Höhen der Berge waren dafür der riskante Preis für diese authentischen Aufnahmen. Neben dem Dokumentarfilm wandte sich Fanck in den 30er Jahren dann auch dem allgemeinen Kulturfilm zu und drehte unter anderem die erste Deutsch-Japanische Koproduktion. Einen weiteren außergewöhnlichen Film namens "Ein Robinson" inszenierte er im Jahr 1939.

Die Geschichte handelt vom Matrosen Carl Ohlsen, der im Ersten Weltkrieg zusammen mit seinen Kameraden unter der Führung des Admirals Graf von Spee mit dem deutschen Ost-Asien-Geschwader auf der "Dresden" fährt. Nach dem Angriff einer Übermacht und einem langen Kampf bei den Falkland-Inseln gelang der Mannschaft ein erfolgreicher Rückzug. Vor den berühmten Robinson-Inseln geht das Schiff dann vor Anker, um im chilenischen Hoheitsgewässer die notwendigen Reparaturen an der "Dresden" auszuführen. Gegen jedes internationale Recht beginnt am 15. März 1915 ein englisches Schiff die "Dresden" anzugreifen. Die Folge davon ist, dass die Mannschaft erst nach drei Jahren wieder in ihre Heimat zurück kehren kann. Die Freude darauf nun endlich wieder fürs Vaterland kämpfen zu können wird getrübt, als sie in ihrer Heimat verhöhnt und von Meuterern angegriffen werden. Der Matrose Carl Ohlsen ist davon so sehr enttäuscht, dass er beschließt, ein einsames Leben auf der Robinson-Insel zu führen. Lange Zeit lebt er dort, bis er über einen Rundfunkempfänger, den er auf der Insel besitzt, erfährt, dass die "Dresden" seine Insel passiert und nach ihm über den Rundfunk suchen lässt...

Das Besondere an diesem Film sind die für die damalige Zeit außergewöhnlichen Filmaufnahmen, die im Jahr 1939 auf der echten "Robinson Insel", der Insel Juan Fernandez, gedreht wurden. Zu sehen bekommt man viele exotische Tierarten, herrliche Naturaufnahmen und auch einige Bergaufnahmen, die bei Fanck natürlich nicht fehlen dürfen. Während es im ersten Teil des Films noch sehr turbulent zugeht, wird es in der zweiten Hälfte sehr still, weil man als Zuschauer das zurückgezogene Leben von Carl Ohlsen gezeigt bekommt. Mich persönlich hat der Aufbau sehr an den US-Streifen "Cast Away" erinnert. Genau wie dieser Film wird auch "Ein Robinson" nicht langweilig, einfach weil es ein so außergewöhnliches Werk mit ebenso außergewöhnlichen Aufnahmen und Handlung ist. Das Besondere hierbei ist auch, dass man am Ende der Handlung das damalige Zeitkolorit zu sehen bekommt, denn als Ohlsen zum Schluss auf die "Dresden" zurück kehrt, befinden sich die Protagonisten bereits in den 30er Jahren und somit in der damals lang ersehnten neuen Zeit. Aufgrund dessen, dass im Dritten Reich bevorzugt historische Stoffe verfilmt wurden, um die Ideologie der damaligen Zeit zu stärken, ist dies eine seltene Ausnahme. So bekommt man die damalige Reichsflagge, anders als es in diesem Film der Fall ist, in den seltensten Filmen zu sehen. Natürlich wurde die Rückkehr von Ohlsen auf sein Mutterschiff "Dresden" mit einem leichten Pathos in Szene gesetzt, aber im Vergleich zu modernen US-Produktionen beispielsweise oder zu anderen Propagandafilmen jener Zeit ist dies sehr dezent gehalten. Das Besondere zum Schluss ist lediglich, dass nun die neue und erhoffte bessere Zeit angebrochen ist und, dass auch sein Sohn als Matrose auf dem Schiff seinen Vater begrüßt. In der Schlussszene wird er von seinen Kameraden willkommen geheißen und darf sich wieder bei der Besatzung einreihen.

"Ein Robinson" wurde von der Firma "101 Pixel" im Jahr 2004 erstmals auf DVD veröffentlicht. Da es sich hier um eine eher kleine Firma handelt, sollte man mit einem einfach gestalteten Produkt rechnen. Trotz der einfachen Mittel, die zur Verfügung standen, haben sich die Macher aber offensichtlich Mühe gegeben, ein sauberes Produkt abzuliefern. So bekommt man im Innenleben neben der eigentlichen DVD zwar kein Beiheft mit weiterführenden Informationen geboten, dafür aber ein tolles, wenn auch unscharfes Panoramabild, das auf der Rückseite des Einlegeblattes abgedruckt ist und dank der durchsichtigen Hülle sichtbar wird. Auf der linken Seite sieht man außerdem noch einmal die Kapitel aufgelistet und einen Hinweis auf leichte Tonstörungen, die man bei der Restauration nicht ganz beseitigen konnte. Dieses Rauschen stört den Sehgenuss jedoch kaum, ich für meinen Teil habe es erst bemerkt, nachdem ich den Hinweis gelesen habe. Dass trotz des kleinen Budgets der Film überarbeitet wurde, ist sehr lobenswert. Im Zuge dessen verzichtet man als Kunde auch gerne auf weitere Extras. Schließlich wäre eine Veröffentlichung im bezahlbaren Rahmen sonst kaum machbar gewesen. Die DVD selbst bietet neben dem Hauptfilm ein einfach gestaltetes Menü in passender Frakturschrift, eine Kapitelauswahl und Infos über die zuständige Firma, ihre Produkte und dazugehörige Trailer zu anderen zielgruppenrelevanten Produktionen. Die Hülle bietet neben einem tollen aber leider etwas unscharfen Motiv auf der Titelseite ein paar Impressionen aus dem Film auf der Rückseite, sowie die wichtigsten Daten und ein paar Hintergrundinformationen. Stattdessen hat man auf eine Inhaltsangabe leider komplett verzichtet. Dass weiteres Bonusmaterial, ein Beiheft oder Untertitel für Hörgeschädigte den Preis dieser DVD-Veröffentlichung nur unnötig in die Höhe getrieben hätte, ist verständlich, aus diesem Grund verzichtet man gerne auf solche Extras.

Was bleibt, ist ein einmaliges Zeitdokument aus den späten 30er Jahren, das durch einen der wichtigsten Spielleiter der damaligen Zeit in Szene gesetzt wurde. Mit Herbert A. E. Böhme, Claus Clausen oder der bayrischen Legende Ludwig Schmid-Wildy in einer kleinen Rolle, bekommt man hervorragende Darsteller zu Gesicht, die diesen Film wunderbar ausfüllen. Gerade Böhme ist es gut gelungen, den einsamen Seemann auf den Spuren des Robinson Crusoes zu verkörpern. (sk)

Wertung: 7 von 10 Punkten (7 von 10 Punkten)

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