Ein Unsichtbarer geht durch die Stadt

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Datum: 08.08.2010 | VÖ: 05.06.2009 | Herausgeber: Spirit Media | Kategorie: Film

Wenn man es sich am Sonntagnachmittag vor dem Fernseher gemütlich machen möchte, hält das öffentlich-rechtliche Fernsehen meist schon herrliche Filme aus der guten alten Zeit bereit. Heimatfilme, Schlagerfilme und der ein- oder andere Klamaukstreifen gehen dort seit vielen Jahren tagsüber auf Sendung und erfreuen sich großer Beliebtheit. Es handelt sich dabei in der Regel um Filme, die in den 50er bis 70er Jahre produziert wurden. "ltere findet man dagegen eher selten im aktuellen Fernsehprogramm. Falls doch mal einer gezeigt wird, sind es die üblichen Klassiker mit Rühmann, Albers und Co. Dabei gibt es gerade aus der frühen deutschen Tonfilmzeit der 30er und 40er Jahre so manche Perlen, die heute schon fast vergessen sind.

Das Problem an dem allgemeinen Desinteresse dieser Filme seitens der Sendeverantwortlichen, aber auch der Zuschauer, liegt vermutlich darin begründet, dass diese Filme zum Großteil nur noch in schlechter Ton- und Bildqualität vorhanden sind, die Aufnahmen komplett in schwarz-weiß gehalten wurden und viele dieser Werke dem heutigen Zeitgeist nicht mehr entsprechen. Aus diesem Grund greift man dann doch lieber zurück auf Filme aus der Nachkriegszeit, als man in den Kinos nach den harten Kriegsjahren mit der Darstellung einer heilen Welt die meisten Erfolge feiern konnte.

Aus diesem Grund sind heute vielen Leuten Künstler wie Heinz Erhadt, Paul Dahlke, Liselotte Pulver, Bill Ramsey, Rudolf Vogel oder die alten UFA-Stars, die später an ihren alten Erfolgen anknüpfen konnten, wie Heinz Rühmann, Hubert von Meyerinck, Hans Moser oder Hans Albers noch ein Begriff. Wichtige Schauspieler und Regisseure der 30er und 40er Jahre wie Heinrich George, Erich Engel, Otto Wernicke oder Harry Piel kennt dagegen nur noch eine kleine Gruppe der Bevölkerung. Dass solche Klassiker auch heute noch sehenswert sind, beweisen diverse DVD-Veröffentlichungen, die in den letzten zehn Jahren produziert wurden. Dabei handelt es sich hier keineswegs um ein großes Geschäft, schließlich müssen die Filme oftmals aufwändig bearbeitet werden, um diese würdig auf dem modernen Medium präsentieren zu können. Ein gutes Beispiel sind die Filme von dem eben genannten Schauspieler und Regisseur Harry Piel. Er war einer der frühen deutschen Autorenfilmer und gilt als Pionier des deutschen Actionfilms.

Schon in der Stummfilmzeit bemühte er sich, durch atemberaubende Aufnahmen das Publikum in seine Filme zu locken. Dies setzte er mit seinen ersten Tonfilmen fort, bevor er dann im Zeit des Nationalsozialismus seine Filme ein wenig anpasste, um den damaligen Zeitgeist zu entsprechen. Harry Piel hat weit über 100 Filme als Regisseur, Produzent, Autor und oftmals auch Schauspieler gedreht und hat diese auch sorgsam in einem privaten Archiv gelagert. Ein Bombenangriff hat im Zweiten Weltkrieg sein komplettes Filmarchiv zerstört und dafür gesorgt, dass sein Lebenswerk bis heute zum Teil als Verschollen gilt. Gerade die Stummfilme, die in der Weimarer Republik noch nicht zentral archiviert wurden, sind von diesem Schicksal betroffen.

"Ein Unsichtbarer geht durch die Stadt", ein früher Tonfilm von Harry Piel ist heute noch erhalten, jedoch sind die Filmrollen beschädigt. Die Firma "Spirit Media" hat diesen Film zusammen mit anderen Werken von Harry Piel im Juni 2009 auf DVD veröffentlicht und das vorhandene Material, soweit es im Rahmen der Möglichkeiten ging, überarbeitet. Das Ergebnis weist natürlich noch immer viele Schrammen und Unreinheiten auf, jedoch sind keine Fehler vorhanden, die ich als störend empfinden würde. Nur eine Szene, die nachts spielt, ist schwer zu erkennen. Ob dies ursprünglich auch schon so war, kann ich leider nicht sagen.

Der Film selbst hat eine äußerst interessante Handlung: Der Taxichauffeur Harry entdeckt in seinem Fahrzeug einen Koffer, den ein seltsamer Fahrgast dort liegen gelassen hat. Darin befindet sich ein elektronischer Anzug, mit dem man sich unsichtbar machen kann. Schnell erkennt er die Vorteile dieser Entdeckung und beginnt ein Pferderennen für seine Zwecke zu manipulieren, nachdem er sein Taxi verkauft hat und das Geld als Wetteinsatz investierte. Es dauert nicht lang und die Situation beginnt zu eskalieren. Fritz, der Zimmergenosse von Harry, nimmt den Anzug an sich, um damit Banken zu bestehlen. Harry versucht ihn aufzuhalten...

Für mich ist dieses Werk allein schon deswegen sehenswert, weil es sich um einen alten, deutschen Film mit Science-Fiction-Motiven handelt, was sehr selten ist. Die Grundidee zu diesem Streifen ist großartig und die Umsetzung ist in Betracht auf die damalige Zeit auch gut gelungen. Harry Piel spielt seine Rolle gut und auch die restlichen Figuren sind großartig besetzt. So bekommt man in den weiteren Hauptrollen Fritz Odemar und Lissi Arna zu sehen und auch die kleinen Rollen wurden mit Theo Lingen, Hubert von Meyerinck oder den markanten Heinrich Gotho gut besetzt. Der Charme der damaligen Zeit und das Flair des unzerstörten Berlins ist wunderbar und entführt den Zuschauer in längst vergangene Tage.
Eine Besonderheit sind die vielen Spezialeffekte, an die man bei einer solchen Thematik nicht vorbei kommt. Aus heutiger Sicht sind diese zum Großteil natürlich nichts Besonderes mehr, aber gerade deswegen irgendwie charmant.

Bei der DVD-Veröffentlichung des Filmes von "Spirit Media" hat man sich sichtlich Mühe gegeben, den Zuschauern etwas Gutes zu bieten. Die Aufmachung des Produktes ist sehr ansprechend, hochwertig und sauber gelungen. Neben einer schönen Cover-Gestaltung, die dem Film und dem damaligen Zeitgeist entspricht, bekommt man auf der Rückseite der Hülle eine Inhaltsangabe, ein paar Bilder und alle wichtigen Daten zur DVD und zum Hauptfilm zusammengefasst. Leider ist das Innenleben der Hülle ein wenig enttäuschend. Weder ein Beiheft mit weiterführenden Informationen, noch ein Werbe-Handzettel zur "Schätze des deutschen Tonfilms"-Reihe, im Rahmen dessen diese DVD veröffentlicht wurde, findet man darin. Lediglich der Label-Druck der Disc, das optisch der restlichen Aufmachung angepasst ist, bringt ein bisschen Leben in das Innere der Hülle.

Die DVD selbst lässt dafür kaum Wünsche offen. Neben dem Hauptfilm, der den Umständen entsprechend eine gute Qualität besitzt, gibt es im Menü, das passend zur restlichen Gestaltung der DVD gehalten wurde, eine Kapitelauswahl, sowie eine Rubrik mit Bonusmaterial. Darin enthalten sind Biographien zu einigen Darstellern, die sehr geschmackvoll in Szene gesetzt wurden, sowie ein Trailer zu dem Harry-Piel-Film "Sein bester Freund" und der knapp neunminütige Kurzfilm "Programmwechsel in der Berliner Scala 1933". Die auf der Rückseite der DVD-Hülle versprochene Bildergalerie sucht man leider vergebens. Eine Vorab-Tafel mit den wichtigsten Informationen zu den Umständen der Neuveröffentlichung, sowie einen kleinen Abspann mit weiteren Informationen, der mit einem Schlager der damaligen Zeit unterlegt ist, bilden einen würdevollen Rahmen für den Hauptfilm.

Alles in allem kann man "Ein Unsichtbarer geht durch die Stadt" allen Freunden alter deutscher Filme empfehlen. Harry Piel hat hier einen sehenswerten Klassiker des frühen deutschen Tonfilms abgeliefert und die DVD-Firma "Spirit Media" hat diesen der breiten Masse in einer würdevollen Art und Weise zugänglich gemacht. Ein Beiheft und vielleicht Untertitel für Hörgeschädigte hätten dieses Produkt perfekt abgerundet, aber in Betracht auf den hohen Preis für diese aufwändige Veröffentlichung kann man dies verkraften, schließlich hätten alle weiteren Extras den Verkaufspreis noch einmal in die Höhe getrieben. Unterm Strich bleibt mir nichts Anderes übrig, als ein begeistertes Lob auszusprechen und zu hoffen, dass diese Perlen ihre Abnehmer finden werden, damit man in Zukunft noch weitere Filmklassiker dieser Art auf DVD serviert bekommt. (sk)

Wertung: 8 von 10 Punkten (8 von 10 Punkten)

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