Straßenfeger Edition 12 - Das unsichtbare Visier, Folge 01-08

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Datum: 01.08.2010 | VÖ: 28.09.2009 | Herausgeber: Studio Hamburg | Kategorie: Serie

Filme über Geheimagenten sind für die Zuschauer in der Regel besonders spannend, nicht nur, weil dort das abenteuerliche Leben von diesen außergewöhnlichen Menschen in Szene gesetzt wird, sondern auch weil internationale und geheime Verwicklungen auf weltpolitischer Ebene zu sehen sind. Genau dieser Aspekt unterscheidet solche Filme von den üblichen Krimis, die schon seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil des deutschen Fernsehens darstellen. Während es bei den Krimis meist um Personen des täglichen Lebens geht, bewegen sich Agentenfilme in Kreisen, zu denen ein Normalsterblicher in der Regel sein Leben lang keinerlei Kontakt hat. Dies setzt so einen Stoff auf eine ganz besondere Ebene und die oftmals überzogenen Handlungsstränge sowie zahlreiche teure Actionszenen machen diese Filme zu einem besonderen Sehvergnügen. Es ist also kein Wunder, wenn solche Werke zu Blockbustern aufgeblasen und direkt fürs Kino produziert werden. Klassiker wie "James Bond" dürften in dieser Hinsicht wohl jedem ein Begriff sein. Gerade er war bzw. ist der Geheimagent, der im Kalten Krieg für die westliche Welt für Frieden und Freiheit gekämpft hat. Dass es genau wie bei dem Ost-Pendant von Winnetou auch eine Art Ostblock-James-Bond gab, der ebenfalls für Frieden und Freiheit kämpfte, nur eben für die andere Seite, wissen nur die wenigsten. Dieser war jedoch nicht im Kino zu sehen, sondern im Fernsehen im Rahmen der Serie "Das unsichtbare Visier", das vom Fernsehen der DDR in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit aufwändig als Gegenpart zu den westlichen Agentenfilmen produziert wurde. In den Hauptrollen war Anfangs Armin Müller-Stahl zu stehen und später dann unter anderem Rolf Hoppe. Inszeniert wurde das Projekt von Peter Hagen.

Die 16-teilige Serie "Das unsichtbare Visier" handelt von der gleichnamigen DDR-Kundschaftergruppe des Ministeriums für Staatssicherheit, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, imperialistische Verschwörer aufzuspüren und zu bekämpfen. Gleich in den ersten Folgen, die um das Jahr 1950 herum spielen, gibt sich der Stasi-Agent Werner Bredebusch (Armin Müller-Stahl) als ehemaliger Wehrmachts-Jagdflieger Achim Detjen aus und begibt sich in Südamerika auf die Suche nach Nationalsozialisten, die sich dort abgesetzt haben und darauf hoffen, in naher Zukunft durch die Hilfe von Konrad Adenauer wieder zurück nach Deutschland kehren dürfen. Natürlich ist eine solche Mission gefährlich und allein das Vorhaben, sich für einen anderen Menschen bzw. einen Kriegskameraden der in Südamerika ansässigen Nationalsozialisten auszugeben, ist alles andere als leicht...

Diese Serie ist ein einzigartiges Zeitdokument. Mit einen großartigen Armin Müller-Stahl bekommen wir einen Ost-Agenten zu sehen, der den Kalten Krieg von der anderen Seite aus zeigt. Genau wie James Bond und andere Geheimagenten aus Europa und den Vereinigten Staaten sehr westlich geprägt sind und auch den entsprechenden Denkmuster entsprechen und passend dazu mit westlicher Propaganda bestückt sind, wurde das "Das unsichtbare Visier" mit sozialistischen Propagandazügen belegt, weil es nahezu unmöglich ist, einen solchen Stoff objektiv zu inszenieren " die allumfassende Wahrheit gibt es nicht " ist es besonders spannend, einmal einen Einblick in die Denk- und Sichtweise der anderen Seite zu bekommen. Schnell fallen die Unterschiede ins Auge, sowohl dramaturgisch als auch politisch. So hießen die Agenten in der DDR nicht Agenten, sondern Kundschafter. Besonders schön ist es zu sehen, dass das Ministerium für Staatssicherheit offenbar hervorragende Recherchearbeit geleistet hat. So wirkt der Stoff sehr authentisch. Während in den US-Filmen die Russen gerne als brutale und primitive Wilde dargestellt werden, was natürlich propagandistisch total überzogen ist, sind die Nationalsozialisten in "Das unsichtbare Visier" so dargestellt wie sie auch waren: Intelligent und kultiviert. Die Brutalität und Skrupellosigkeit, die von einigen dieser Leute ausging, werden auch gezeigt, aber eben so, wie sie sich auch in Wirklichkeit geäußert haben: Unterschwellig.

Die Firma "Studio Hamburg" hat die ersten acht Folgen dieser großartigen Serie im Herbst 2009 im Rahmen der "Straßenfeger Edition Nr. 12" erstmals auf DVD veröffentlicht. Die Bild- und Tonqualität der Aufnahmen ist gut und wie gewohnt gibt es wieder Bonusmaterial zu sehen, das diesmal aus einem TV-Beitrag über "Das unsichtbare Visier" besteht, sowie mit "Deutschland, deine Künstler" ein Portrait über Armin Müller-Stahl und abschließend die Dokumentation "James Bond made in GDR". Hinzu kommt der übliche Trailer zur "Straßenfeger Edition" und weitere Programmtipps. Insgesamt hat das Bonusmaterial eine Länge von über 90 Minuten. Hinzu kommen die knapp 609 Minuten des Hauptprogramms. Inhaltlich gibt es also nichts zu meckern. Lediglich ein ausführliches Interview, das sonst die einzelnen Boxen der "Straßenfeger Edition" aufgewertet hatten, habe ich vermisst. Kurze Interview-Sequenzen findet man dafür in den oben genannten Bonusfilmen.

Das Menü und die Optik der DVD-Box ist wieder ganz im Stile der DVD-Reihe gestaltet. Die vier Silberlinge sind in zwei Digipack-Hüllen untergebracht, die sich wiederum in einem Schuber befinden. Darin enthalten sind außerdem ein Werbe-Handzettel sowie ein Beiheft mit allen wichtigen Informationen zur Serie. Das tolle daran ist, dass sowohl das Beiheft als auch die einzelnen Bestandteile der DVD-Box allesamt mit großen und ansprechenden Fotos aus der Serie bestückt sind, die Lust auf mehr machen. Sogar die durchsichtigen DVD-Halterungen wurden genutzt, in dem man hinter den Halterungen weitere großformatige Fotos angebracht hat.

Zu bemängeln gibt es lediglich, dass hier wieder auf Untertitel für Hörgeschädigte und/oder internationales Publikum verzichtet wurde und dass die Serie leider nicht vollständig in der Box enthalten ist. Aber gerade dies ist zu verkraften, soweit die restlichen Episoden auch noch erscheinen. Dies ist jetzt, ein knappes Jahr später, mit der 26. Box der "Straßenfeger Edition" endlich der Fall. Aber hierzu ein anderes Mal mehr...

Alles in allem kann man diese Serie wieder jedem ans Herz legen, der klassische Kriminalstoffe mag. Zum besseren Verständnis der damaligen politischen Verhältnisse eignet sich diese Serie ebenfalls hervorragend. Auch wenn die Entwicklung Deutschlands in den letzten hundert Jahren von vielen Grausamkeiten geprägt war, darf man froh sein, dass die politische Entwicklung in Deutschland und den verschiedenen deutschen Staaten eine solch spannende, unterschiedliche und ausführliche Film- und Serienlandschaft hinterlassen hat. Etwas Vergleichbares gibt es auf der ganzen Welt nicht und dies sollte man sich stets vor Augen halten, wenn man solche Perlen zu Gesicht bekommt. Man darf froh sein, wenn sich Firmen um solche Werke kümmern und diese in einer solch würdigen Form auf DVD verewigen. Von daher gehen meine Daumen ganz klar nach oben! (sk)

Wertung: 9 von 10 Punkten (9 von 10 Punkten)

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