Twins Mission

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Datum: 09.02.2010 | VÖ: 08.01.2010 | Herausgeber: Sunfilm Entertainment | Kategorie: Film

Ich muss so um die 14 Jahre alt gewesen sein, als ich das erste Mal mit dem Hongkong-Kino als Filmgenre in Berührung kam. Die meisten Leute verbinden mit diesem Begriff meistens Eastern-Klassiker mit Jackie Chan, Chow-Yun-Fat oder Jet Li, auch an die damals berühmte Produktionsschmiede der Shaw Brothers dürfte der ein oder andere sich erinnern. Typische Eigenschaften für einen HK-Streifen waren Low-Budget-Produktionen mit dünnem Plot und vielen professionell choreographierten Martial-Arts-Kämpfen. Mit den Jahren wandelte und entwickelte sich das klassische HK-Kino stetig, vor allem durch oben genannte Schauspieler fand es auch international immer größere Beachtung. Werke wie Jackie Chans "Rumble In The Bronx" sowie seine "Police Story"-Reihe, Ching Siu-Tungs "A Chinese Ghost Story" und auch Tsui Harks "Once Upon A Time In China" gelten heute als Klassiker des modernisierten Kinos und müssen sich vor erfolgreichen Hollywood-Blockbustern keinensfalls verstecken. Das Genre schüttelte seinen Ruf als Indie-Nischenprodukt ab und kann sich bis zum heutigen Tag als ernstzunehmende Konkurrenz auf dem Markt behaupten.

Abgesehen von den äußerlichen Merkmalen erkennt man auch fundamentale inhaltliche Unterschiede zum typischen Mainstream-Kino. Die Schauspielerei des HK-Kinos hat ihre Wurzeln im traditionellen, chinesischen Theater, was an den gerne überzeichneten Charakteren sowie der sehr ausdrucksstarken Mimik und Gestik der Akteure gut zu erkennen ist. Hongkong-Produktionen haben trotz der Annäherung hin zum internationalen Publikum einen Teil ihres unvergleichbaren, alten Charmes bewahrt. Einfallsreichtum und sprichwörtlicher voller Körpereinsatz sind auch heute noch gängige Schlagwörter dieses Ausnahmegenres. Man merkt, für mich stellt das HK-Kino eine ganz besondere Art des Filmemachens dar. Umso erfreuter war ich, "Twins Mission" bewerten zu dürfen, nicht zuletzt deshalb, weil Sammo Hung, eine weitere Person in der Riege der Hongkong-Schauspiellegenden, eine tragende Rolle spielt.

Eines bereits vorweg - ich wurde bitter enttäuscht. Normalerweise würde ich jetzt einen kurzen Einblick in die Handlung geben. Allerdings ist diese bei "Twins Mission" so derartig dünn, unsinnig und ohne Belang, dass ich mich auf einen einzigen Satz beschränken werde - und das fällt mir in diesem Fall nicht wirklich schwer: Kleine Schwester von Frau todkrank, mysteriöses Artefakt namens "Himmelsperle" kann jede Krankheit heilen, Mönche (gut) wollen Frau helfen, skrupellose Geschäftsmänner (böse) wollen Frau erpressen.

Das war's. Ernsthaft. Mehr Inhalt hat der Film nicht zu bieten. Egal, wie mühsam auch versucht wird, dem Plot auch nur ein bisschen Tiefe zu geben, es scheitert. Diese ganze Produktion ist offensichtlich nur dazu da, die Geschwister Charlene Choi und Gillian Chung, welche in China als berühmtes Musik-Popduo bekannt sind, möglichst effektvoll und cool in Szene zu setzen, und erinnert eher an einen riesigen PR-Werbeblock als an ein "actionreiches Spektakel" (sic!). Und dieser Zwang zieht nicht selten absurde Kreise. So existiert eine "Bruderschaft der Zwillinge", welche einstmals von Mönchen (gut), jetzt allerdings von skrupellosen Geschäftsmännern (böse) geführt wird. Weshalb diese Vereinigung besteht, oder zu welchem Zweck sie gegründet wurde, wird nicht weiter erläutert. Daran darf man sich aber im Verlauf des Films gewöhnen, denn der Zuschauer wird ohnehin bei so ziemlich jeder Szene vor vollendete Tatsachen gestellt. Die einzelnen Charaktere kennen sich untereinander oft nicht, dennoch sind sie keine 5 Minuten später plötzlich befreundet und kämpfen Seite an Seite, verlieben sich oder wollen gegeneinander kämpfen. Überhaupt sind die Figuren wahrscheinlich das Erbärmlichste an diesem Werk. Eindimensionaler kann man Personen meiner Ansicht nach nicht darstellen - man bekommt das Gefühl, dass bewusst entschlossen wurde, jede Rolle nur mit einer einzigen Eigenschaft auszustatten. Abgerundet wird dieses "Erlebnis" mit unfassbar schlechten CGI-Effekten, die sich nicht mal der trashigste Splatter-Slasher erlauben würde.

Das Ende toppt allerdings alles, was ich bisher kritisiert habe. Weshalb? Es gibt kein Ende. Kein Scherz, wirklich nicht. In eine Szene wird urplötzlich und ohne jegliche Auflösung der vorherigen Ereignisse der Abspann eingeblendet. Aufgrund des sehr missverständlichen Infotextes ("To know the ending please keep on watching") dachte ich zuerst, nach den Credits würde man noch eine abschließende Szene zu Gesicht bekommen. Aber als ich nach 3 Minuten wieder im Hauptmenü der DVD landete, war klar: Das war's. Nach kurzer Internetrecherche erfuhr ich, dass dies wohl die Ankündigung für eine Fortsetzung sein sollte, welche bis zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht einmal offiziell angekündigt ist. Mein Gefühl, nachdem ich mich 1 1/2 Stunden durch einen wirklich miesen Film gequält habe, um beim Ende dann auch noch komplett im Regen stehen gelassen zu werden, ist vielleicht ansatzweise nachvollziehbar. Da konnten auch die gut dargestellten Kämpfe und zahlreichen Actionszenen nichts mehr an dieser Krücke retten.

Auf technischer Seite kann die DVD zumindest bedingt überzeugen. Das anamorphe Bild ist an manchen Stellen zwar etwas körnig, aber dennoch immer scharf und kontrastreich. Die originale kantonesische Tonspur sowie die deutsche Synchronisation sind in DD 5.1 bzw. DTS-Sound inklusive deutschen Untertiteln verfügbar. Extras sucht man auf dieser DVD vergeblich, worum man allerdings nicht trauern muss, so würde sich das Bonusmaterial wahrscheinlich ohnehin nur auf weiteres PR-Material der Zwillinge beschränken. Einzig und allein ein Statement von Sammo Hung wäre wünschenswert gewesen, in welchem er erklärt, weshalb er seinen Namen für solchen Schrott hergibt.

Nach diesen Zeilen dürfte einleuchten, dass ich potentiellen Käufern dazu rate, ihr Geld anderswo sinnvoller anzulegen - selbst eiserne Fans von Sammo Hung, Martial-Arts-Filmen oder dem HK-Kino sollten von dieser DVD die Finger lassen. Denn Unterhaltung sieht definitiv anders aus. (jb)

Wertung: 2 von 10 Punkten (2 von 10 Punkten)

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