Gewalt und Leidenschaft

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Datum: 21.01.2010 | VÖ: 04.12.2009 | Herausgeber: Koch Media GmbH | Kategorie: Film

In einem herrschaftlichen Haus mitten in Rom lebt ein Professor (Burt Lancaster) zurückgezogen und in seiner kleinen Welt. Diese Welt besteht aus einer unüberschaubaren Zahl von Büchern und einer beachtlichen Sammlung von Gemälden. Diese Kunst- und Kulturgüter sind die liebste Gesellschaft des Professors. Mit Menschen hat er es nicht so, hält sich dennoch aber zwei Haushaltshilfen, welche allerdings streng darauf trainiert sind, dem Professor so wenig wie möglich unter die Augen zu kommen.
Eines Tages spaziert einfach so die wohlhabende Bianca (Silvana Mangano) in die Behausung des Professors und bekundet unter wahren Wasserfällen von Worten Interesse an der leerstehenden Wohnung über der des Professors, deren Besitzer er ist. Auch wenn er konsequent ablehnt, leiert Bianca ihm doch mindestens eine Besichtigung aus den Rippen. Der erste Schritt ist getan. Bianca, ihre Tochter Lietta (Claudia Marsani) und deren Verlobter Stefano (Stefano Patrizi) ziehen alle Register, um an die Wohnung zu gelangen. Der Widerstand des Professor zeigt Lücken und so gelangt Bianca endlich zu einem Mietvertrag - jedoch nicht für sich selbst, sondern ihren 12 Jahre jüngeren Liebhaber Konrad (Helmut Berger), welchen sie schon lange aushält und nun eben eine Wohnung besorgt.
Konrad ist aufbrausend, arrogant, laut, vulgär und hedonistisch, doch es zeigen sich auch Feingeist und Kunstverstand in ihm, was den Professor aufmerken lässt.
Die beiden unterschiedlichen Männer fangen an, sich auszutauschen und der Professor scheint seine generelle Ablehnung gegen jegliche Gesellschaft abzulegen. Doch Konrad verkehrt in zwielichtigen Kreisen und beweist mitunter sehr lose Vorstellungen von Sitte und Moral, sodass das friedliche Leben des Professor durch den neuen Mieter jäh erschüttert wird.

Was sich erst nach einem bürokratischen Zwist zwischen Mieter und Vermieter anhören mag, ist eine Komplexe Verhandlung verschiedenster Charaktere durch deren wiederholtes Zusammenspiel unter unterschiedlichsten Voraussetzungen. Die Figuren sind kraftvoll und sehr präsent, allen voran der Professor und Konrad. Diese Figuren werden vorrangig porträtiert und erhalten immer mal wieder eine neue Facette. Die anderen Charaktere werden weniger stark ausgebaut und so entsteht ein leichtes Gefühl des Ungleichgewichts, immer wenn Konrad und der Professor den jeweils anderen nicht als Gegenpart zur Verfügung haben.
Dadurch entstehen manchmal Szenen, die aufgrund mangelnder Präsenz des Pendants einen schalen und stumpfen Beigeschmack bekommen. Da dich Dialoge absoluten Vorrang vor allen Handlungen haben, ist die Figurenkonstellation sehr wichtig und daher vor allem in der zweiten Hälfte des Films einfach ohne Professor und Konrad fast nicht zu gebrauchen, da Bianca, Lietta und Stefano fast zu einer Figur zusammengefasst werden könnten.
Das überschaubare Ensemble und die Reduktion auf nur die zwei "Säulen" Konrad und Professor macht alles überschaubar und gönnen den beiden mehr Gewicht, doch entstehen auch Längen im Film, die man leider in manchen Passagen zu oft erlebt. Die Bemühungen, die Charaktere stetig weiterzuentwickeln sind da, z.B: als gegen Ende plötzlich die politischen Ansichten der Figuren vorgetragen werden, dennoch ist von dem Schwung, der die ersten Aufeinandertreffen und Annäherungen begleitete, nicht mehr zu spüren.

Ist man dies bereit in Kauf zu nehmen, kann man als Freund von Charakterdarstellern das sehr sehenswerte Zusammenspiel von Berger und Lancaster genießen und schauspielerisch hervorragende Handwerkskunst bewundern, welche von Regisseur Visconti zusätzlich wundervoll in Szene gesetzt ist.
Wer interessante Entwicklungen, unvorhersehbare Handlungsstränge oder einen fein ausgetüftelten Plot sucht, dürfte kaum Befriedigung finden. "Gewalt und Leidenschaft" ist eher das Bild einer widrigen Konstellation von Personen als die Schilderung erzählenswerter Ereignisse.

Die DVD ist in Sachen Cover und Menü spartanisch aber stilvoll gestaltet. Der Film liegt nicht nur in Deutsch und Englisch, sondern auch Italienisch vor. Die Extras sind eher überschaubar: der deutsche und italienische Trailer, eine Bildergalerie und ein Interview mit Helmut Berger, welches aber wesentlich jünger ist als der Film, welcher 1974 entstand. (mp)

Wertung: 6 von 10 Punkten (6 von 10 Punkten)

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