Castlevania - Symphony Of The Night

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Datum: 21.12.2009 | VÖ: 01.11.1997 | Herausgeber: Konami | Kategorie: PlayStation 1

Wenn eine Kerze durch einen kraftvollen Peitschenhieb erlischt, kann ein Belmont nicht weit sein. Ende der 80er Jahre legte Konami mit "Castlevania" für das NES den Grundstein für eine Serie von Spielen, die ich schnell einen Platz in der Ruhmeshalle der Videospiele sichern konnte.
1997 erschien der erste Titel für die Sony PlayStation: "Castlevania: Symphony oft the Night", welcher noch einmal prägende Impulse für die Serie setze und nach wie vor als vielleicht der beste Titel unter dem Namen "Castlevania" gilt.

Die Einleitung spielt man in ganz klassischem Format: der Vampirjäger Richter Belmont stellt Dracula in dessen Schloss Castlevania zum entscheidenden Kampf zur Befreiung der Welt vom blutsaugenden Fürsten der Nacht. Wie jeder Belmont ist Richter mit einer Peitsche ausgestattet, die seine Primärwaffe darstellt. Das Schema ist das typische 2D-Plattform-Hüpfen-und-Kämpfen, wie es bereits im ersten Spiel praktiziert wurde.
Nach dem Sieg über Dracula verschwindet Richter plötzlich. Die Tatsache, dass sich 1797, einige Jahre nach Richters Sieg über Dracula, Schloss Castlevania wieder materialisiert, bringt Alucard, den Sohn Draculas, der schon im Jahre 1476 Richters Vorfahren Trevor im Kampf gegen Dracula half, erneut den Kampf gegen seinen Vater und dessen Horden, die im Schloss lauern aufzunehmen.
Hier beginnt das eigentliche Spiel: als Alucard betritt man Draculas Schloss. Statt einer Peitsche führt Alucard Schwert und Schild mit sich. Beides zieht man separat per Knopfdruck. Nach wenigen Minuten im Schloss trifft man auf den Tod, welcher alle Gegenstände, die man eben noch besaß, stiehlt, sodass man mit völlig leeren Händen in einem Schloss voller Zombies, Skelette und Monster steht. Doch schnell findet sich wenigstens ein Kurzschwert.
Anders als die Belmont-Dynastie legt sich Alucard nicht auf eine bestimmte Waffe fest. Sofern man sie findet, kann man zwischen langen und kurzen Schwertern, Ein- und Zweihändern oder auch Morgensternen und anderen Schlagwaffen wählen. Auch Schilde gibt es in verschiedener Ausführung. Hinzu kommen diverse Körperpanzer, Helme, Ringe, Umhänge und eine breite Palette von Zaubertränken, Heilmittel, Wurfwaffen und vielem mehr.
Hier bemerkt man die neuen Rollenspiel-Elemente, die "Symphony oft he Night" in die Serie bringt. Man hat Werte wie Angriffsstärke und persönliche Panzerung, welche sich abhängig von der Ausrüstung verändert. Man kann somit beispielsweise wählen, ob man einen Umhang trägt, welcher Alucard für seine Gegner schlechter sichtbar macht oder eine Kutte wählt, welche den erhaltenen Schaden auf den Vorrat an gesammelten Herzen umleitet.
Herzen sind seit jeher die "Munition" in den "Castlevania"-Spielen. Sie sammelt man kontinuierlich ein, indem man die Lichtquellen per Waffeneinsatz löscht. Neu ist, dass das Maximum der Herzen, die man einsammeln kann, erweiterbar ist. Hierfür muss man nur die gut versteckten Phiolen mit Herzsymbol finden.
Auf gleiche Weise kann man das Maximum der Lebensenergie nach oben schrauben: hierzu dienen die Phiolen, die verheißungsvoll in Regenbogenfarben schimmern.
Schon nach einigen kurzen Gehversuchen bemerkt man: es geht nicht mehr stur geradeaus wie in den früheren Titeln dieser Spieleserie. Immer wieder finden sich verschiedene Abzweige, die entweder nur zu Speicherräumen führen oder den Weg in einen ganz neuen Teil des Schlosses darstellen. Dank der automatischen Übersichtskarte, die sich mit einem Druck auf "Select" ein- und ausblenden lässt, weiß man stets, welchen Weg man bereits gegangen ist.
Diese Hilfe zur Orientierung ist auch bitter nötig, denn Schloss Castlevania ist sehr weitläufig und durch die verschiedenen Abzweigungen und sich immer wieder tief verlaufenden Gänge und Katakomben ein wahres Labyrinth voller Gegner, Schätze und Geheimnisse. Die Präsentation der Spielewelt ist dabei ein wahrer Genuss. Jeder Abschnitt des Schlosses hat eine für sich typische und dabei immer sehr stimmungsvolle musikalische Untermalung. So erklingen in der Bibliothek nahezu feierliche Cembaloklänge, während die feuchten Höhlen dank der dumpfen und tragenden Klänge noch atmosphärischer wirken.
Die Figuren sind allesamt so hochwertig gestaltet und animiert, dass man gern mal einen Gegner genauer inspiziert, bevor man sich in den Kampf gegen ihn stürzt. Vom einfachen Zombie über schon größere Gegner, wie die verschiedenen Typen von Ritter, bis hin zu gewaltigen Bossgegnern sind die Kreaturen wahre Augenweiden. Alucard selbst ist dabei eines der schönsten Juwelen: sein langes weißes Haar folgt Alucard leicht träge nach, seine Rüstung kann man nahezu detailgenau erkennen und sein Schwung mit dem Schwert ist eine elegante und dynamische Bewegung. Diesen Helden zu spielen macht einfach Spaß.
Die ganz großen Schwergewichte unter den Gegner sind mitunter so bizarr und gleichzeitig faszinierend in Szene gesetzt, dass man auch nach mehreren Stunden des Spielens noch ins Staunen kommen kann. So trifft man in einem Raum, dessen Boden aus einem riesigen Stapel menschlicher Skelette besteht, auf einen gigantischen Ball aus zusammengestopften Untoten, die Stück für Stück herabfallen, während man dieses riesige Gebilde angreift. In Sachen bizarrer Präsentation übertrifft dies vielleicht nur noch der Gegner Bezlebub: ein riesiger an Haken und Ketten aufgehängter Untoter, der nach und nach auseinanderfällt. Beschützt wird diese groteske Gestalt von gigantischen Fliegen, die Alucard mit ihren Maden und Flugangriffen abwehren, um ihren Leckerbissen zu beschützen.
Nach wie vor kann die Präsentation durch ihre Musik, Leveldesign und die bisweilen sehr bizarren Gegner voll überzeugen - ungeachtet der Tatsache, dass man sich in einer leicht pixeligen 2D-Welt aufhält.

Durch die offene, nicht lineare Welt gerät man unweigerlich (weil es so gedacht ist) in Situationen, in denen man nicht weiterkommt, weil eine Fähigkeit oder ein magisches Relikt fehlt. Mal ist es ein Gitter, durch welches man nur in Form von Nebel kommt. Mal ist es eine zu hohe Plattform, die Alucard nur in Form einer Fledermaus erreichen kann.
So ist man immer wieder mal in schon besuchten Abschnitten des Schlosses unterwegs, um eine neu erlangte Fähigkeit an bereits bekannter Stelle einzusetzen. Um hier zumindest ein wenig Abwechslung aufkommen zu lassen, werden mitunter die Gegner der bekannten Bereiche aufgewertet bzw. durch stärkere ausgetauscht. So kann man auch beim wiederholten Passieren eines Abschnittes noch einige Erfahrungspunkte sammeln und Alucards nächsten Levelaufstieg erreichen.
Durch das ungeleitete Spielsystem verliert man manchmal leicht das Gefühl dafür, wahren Fortschritt zu machen. Zudem sollte man sich nicht einzig auf die Karte im Spiel verlassen, denn in ihr lässt sich nicht ablesen, warum man denn eigentlich an einer Stelle nicht weiter kam: War da nun eine magische Tür oder ein Gitter? Im schlimmsten Fall macht man sich den Weg umsonst. Immerhin gibt es einige Portale, die miteinander verbunden sind. Mit ihnen springt man sekundenschnell von einer Ecke des Schlosses zu einer anderen.
Als typisch japanische Färbung des Spiels fallen die vielen versteckten Power-Ups auf. Dass die Anlage des Spiels als offene Erkundung eines Labyrinths dies stark begünstigt, ist klar. Leider gibt es keine Andeutungen oder Hinweise. Wenn man nicht weiß, dass in "Castlevania"-Spielen Wände manchmal eingeschlagen werden können, dürfte man schon ein wenig was verpassen. Und nicht jeder kommt auf die Idee, dieses Konzept auch mal auf den Boden anzuwenden.
Mitunter kann das zu sehr frustrierenden Erlebnissen führen. Beispielsweise gibt es einen Bossgegner, der durch seine großflächig eingesetzten Blitze eine extrem große Herausforderung darstellen kann.
Es gibt allerdings eine Kopfbedeckung, mit welcher erhaltener Blitzschaden in Einzahlungen auf das Lebenspunktekonto umgewandelt wird. Um diese zu erhalten, muss man in einem der ersten Räume, die man überhaupt im Spiel betritt, einen geheimen Tunnel öffnen und diesen in jeder Form durchqueren, die Alucard annehmen kann: Mensch, Wolf, Fledermaus, Nebel. Erst dann öffnet sich die Kammer zu der Kopfbedeckung.
Ohne Weiteres würde sicher nie jemand auf diese Vorgehensweise kommen, geschweige denn von dem so wichtigen Gegenstand wissen.
Ebenso verhält es sich mit dem Ende des Spiels: man besiegt Richter Belmont, welcher anscheinend wahnsinnig geworden ist, und sieht einen Abspann. In Wahrheit sollte man aber eine magische Brille tragen, um zu sehen, dass Belmont besessen ist. Hat man diesen Gegenstand ausgerüstet, geht das Spiel nach dem Kampf mit Belmont nämlich weiter: ein auf den Kopf gestellter Zwilling des Schlosses Castlevania erscheint und das Spiel geht schlichtweg in die zweite Runde.
Für die volle Entfaltung des Spiels muss man leider permanent auf der Suche nach geheimen Gängen, Schaltern oder Hebeln sein. Zudem kann man gewisse Verstecke nahezu unmöglich antizipieren. Entweder man weiß es oder man weiß es halt nicht. Zum Glück gibt es mehr als genug begleitendes Material in Form von Lösungsbüchern.
Was ebenfalls zu Frust führen kann ist die Handhabung, falls man mal stirbt. Man sieht einen Game-Over-Bildschirm, kommt dann ins Hauptmenü und muss dann erst noch seinen Speicherstand neu wählen. Schwierige Bosskämpfe können dadurch zu einer Tortur werden.
Hat man dann schließlich Alucard zum Sieg über Dracula geführt, kann man das Spiel komplett nochmal als Richter Belmont durchspielen. Hier kommen Nostalgiker voll auf ihre Kosten und müssen sich nicht bloß mit der Einleitung zufrieden geben.

Trotz vereinzelter Schwächen ist Alucards Reise durch das Schloss seines Vaters ein Meilenstein des Videospielens und einfach eine atmosphärisches und jederzeit gut mit dem Schwierigkeitsgrad balancierendes Abenteuer, das an keinem, der auch nur ansatzweise etwas für 2D-Action übrig hat, vorübergehen darf. (mp)

Wertung: 9 von 10 Punkten (9 von 10 Punkten)

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