Verdammnis

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Datum: 28.01.2010 | VÖ: 04.02.2009 | Herausgeber: Yellow Bird | Kategorie: Film

Zwar hatte Lisbeth (Noomi Rapace) Schweden am Ende des ersten Teils der Millennium-Trilogie nach den Romanen von Stieg Larsson, verlassen, doch ganz ruhen lassen kann sie die Vergangenheit nicht. Schon gar nicht, als ihre Mutter verstirbt. Über ein Jahr nach dem Ende des von "Verblendung" kehrt sie zurück nach Stockholm und nimmt dort auch gleich die Gelegenheit wahr, bei ihrem gesetzlichen Vormund Bjurman nach dem Rechten zu sehen, denn er scheint sich nicht so ganz an die zuvor so harmonisch getroffene Vereinbarung zu halten.
Den Kontakt zu Mikael (Michael Nyqvist), Journalist und Lisbeths Kurzzeit-Partner in Sachen Ermittlungen und Liebeleien, hat sie mit ihrer Reise in die USA abgebrochen und seither nicht wieder aufgenommen. Mikael hat indessen seine Gefängnisstrafe abgesessen und arbeitet wie gehabt als führender Investigativ-Journalist für das Magazin "Millennium". Zu Beginn des Films fällt der Redaktion von "Millennium" eine große Story in den Schoß: der junge Journalist Dag bietet eine zusammen mit seiner Freundin Mia recherchierte Enthüllung über einen Schleuserring für ausländische Zwangsprostituierte an. Die Klienten dieser Schleuser sitzen auch in wichtigen Positionen der Schwedischen Politik und Rechtsprechung.
Dag wird in die Redaktion aufgenommen und seine Story soll mit der nächsten Ausgabe in Druck gehen, doch nur kurze Zeit später werden er und seine Freundin erschossen daheim aufgefunden. Fast gleichzeitig wird der Mord an Bjurman gemeldet. Hauptverdächtige in allen drei Fällen: Lisbeth Salander, deren Fingerabdrücke sich an der Tatwaffe fanden.
Mikael glaubt an Lisbeths Unschuld und macht sich daran, die Mordfälle aufzuklären. Gleichzeitig ist Lisbeth mit ganz eigenen Ermittlungen beschäftigt, als sie herausfindet, wer die Fäden in dem Schleuserring zieht, den Dag aufdecken wollte.

Statt wie im ersten Teil nur Ermittler in einem Fall zu sein, sind bei "Verdammnis" Lisbeth und Mikael persönlich in die Sachlage involviert. Das Vehikel von Dags Enthüllungsstory und dem plötzlichen Mord an ihm wirkt dabei leider als ein Mittel zum Zweck - auch wenn es interessant und ziemlich glaubwürdig in die Handlung eingepasst ist. Letztere fühlt sich wesentlich straffer und mit mehr Zug nach vorne an als noch in "Verblendung". Der erste Teil wartete zunächst mit einer wuchtigen Einführung der Charaktere und Verstrickungen um den Fall Harriet auf. "Verdammnis" hingegen geht direkt vorwärts voran. Zunächst erfreut man sich an dieser Tatsache, doch schnell werden die Unterschiede zwischen den ersten beiden Teilen der Trilogie etwas zu groß. Das Geschehen steht klarer im Vordergrund, ist dabei aber auch etwas weniger tragend und keineswegs mehr so lauernd und undurchsichtig wie noch im Vorgänger, wo in den trüben Familienverhältnissen und der dunklen Vergangenheit der Vangers gestöbert wurde. Die Erzählung ist entschlackt und das Gesamtbild trotz lange fehlender Puzzleteile leichter zu überschauen. Auch hat die Präsentation der Szenerien ein anderes Gesicht. Der Wechsel im Regiestuhl macht sich bemerkbar. War der erste Teil noch geprägt von der nahezu ästhetischen Kälte des schwedischen Landlebens, gibt sich der Nachfolger merklich urbaner und rastloser. Auch die Kamera bedient sich ab und an eine freieren Führung, was man so von der beinahe akribisch gesetzten Optik von "Verblendung" nicht kannte.

Im Grunde lässt sich der Unterschied der beiden Filme zueinander auf folgende Formel bringen: War "Verblendung" noch eine Romanverfilmung, ist "Verdammnis" ein Drehbuchfilm. Zuvor merkte man einigen Szenen regelrecht an, in welcher Form sie in der Romanvorlage beschrieben worden sein mussten. Dagegen hat man bei "Verdammnis" das Gefühl, dass vor den Dreharbeiten eine stärkere Umarbeitung des literarischen Stoffes in ein reinrassigeres Drehbuch stattfand.
Das macht den Nachfolger zu keinem schlechten Film, doch lassen sie beide Filme nur schwer miteinander verheiraten. Zwar ist "Verdammnis" rund 20 Minuten kürzer als sein Vorgänger, fühlt sich zusätzlich aber sehr viel kürzer an, da die Dichte an Informationen und Wendungen merklich heruntergefahren wurde.
Somit muss man festhalten, dass der Film durch seinen inhaltlich sehr stark beladenen Vorgänger ein leicht leeres Gefühl beim Zuschauer wach werden lässt. Ein wenig linearer, ein wenig leichter verdaulich und merklich dynamischer und somit spürbar anders als "Verblendung". Aus einer möglichen und ungewissen Bedrohlichkeit des ersten Films wird in "Verdammnis" eine greifbare Bedrohung in Form der drei Morde zum Anfang und der neuen Figur des blonden Hünen, welcher früh eingeführt wird, aber lange nicht zugeordnet werden kann.
Gegen Ende werden dann alle Elemente in Sachen Detektivarbeit oder Spurensuche fallengelassen und der Film kippt in einen nahezu reinen Suspense-Thriller um. Das bedeutet nichts schlechtes, doch kommt einem der Wechsel von Recherche zu Überlebenskampf etwas bekannt vor.

Der Mehrwert des Films besteht darin, dass man etwas mehr über Lisbeth erfährt. Mikael hingegen scheint als ausreichend charakterisiert zu gelten und baut daher nur noch auf dem bestehenden Wissen seiner Figur auf und füllt seine Rolle als begnadeter Schnüffler, ein weiteres Indiz dafür, dass die Handlung mehr Gewicht bekommen hat.
Unterm Strich ist der Film sehenswert, reicht aber nicht an seinen Vorgänger heran. Zwar gibt es interessante und teilweise auch packende Geschehnisse, aber einiges fühlt sich in seiner Art, wie es passiert sehr danach an, dass es auch nur im Sinne der Handlung genau so vor sich geht.
Somit muss man muss man "Verdammnis" weniger Akribie im Arrangement der Details und weniger Interesse an den Hauptfiguren diagnostizieren. Die größten Kritikpunkte kommen aber nur aufgrund der Tatsache, dass es sich um einen zweiten Teil handelt, zum Tragen. (mp)

Wertung: 6 von 10 Punkten (6 von 10 Punkten)

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