Heuchlerische Moral

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Datum: 01.10.2011 | Kategorie: Unendliche Weiten der Medienwelt

Dass Casting-Shows gerne einmal die Grenzen des guten Geschmacks ausloten oder gar überschreiten, dürfte inzwischen den meisten bekannt sein. Die Bloßstellung minder begabter Kandidaten gehört zum festen Konzept vieler solcher Sendungen und regt kaum jemanden mehr auf. Und dass es beim "Supertalent" den einen oder anderes skurrilen Auftritt gibt, ist auch nichts Neues. Bei all diesen Dingen geht es jedoch darum, dass sich erwachsene Menschen freiwillig den Kameras und den Juroren aussetzen.

Besonders kritisch sind solche Formate allerdings zu sehen, wenn Kinder mit im Spiel sind. Vorab sei erwähnt, dass selbst bissige Jury-Mitglieder nach den Auftritten der Kleinen Zurückhaltung üben und ihre Meinung einfühlsam äußern, darum geht es nicht. Erschreckend ist vielmehr, welche Darbietungen seitens RTL auf Sendung geschickt werden. Heute stand beim "Supertalent" eine Sechsjährige auf der Bühne, die im Stil von Shakira tanzte, sprich mit den Hüften wackelte und sich an einer Stelle auch in lasziver Pose auf dem Boden räkelte. Außerdem ließen ihre Antworten auf Fragen nach ihrer Motivation stark darauf schließen, dass der Vater ihre Teilnahme beim "Supertalent" stark forcierte. Zumindest sagte sie unter anderem sinngemäß, dieser habe erfunden, dass sie Bauchtanz mache. Auch die Idee, eine Schlange mit auf die Bühne zu bringen, schien von ihm zu stammen.

Lobend sei erwähnt, dass genau diese Punkte von Dieter Bohlen bemängelt wurden. Und das Mädchen wurde auch aufgrund seines geringen Alters nicht in die nächste Runde gelassen. Sollte dies ein Versuch gewesen sein, moralisch und verantwortungsbewusst zu erscheinen, ist dieser reichlich heuchlerisch geraten. Wirkliches Verantwortungsbewusstsein hätte RTL nämlich gezeigt, wenn der Auftritt erst gar nicht ausgestrahlt worden wäre. Aber das wäre natürlich schlecht für die Quote. Eine Sendung wie "Das Supertalent" lebt schließlich mit davon, dass man über sie spricht. (ck)