Sie werden jetzt denken, was will dieser Schnösel das denn nun auch noch kommentieren? Ist denn dieser schlimme Unfall nicht dramatisch genug? Doch, ist er. Dennoch wusste ich gestern Abend bereits, dass es nicht bei der Berichterstattung des Gesundheitszustandes des armen Wettkandidaten Samuel Koch bleiben wird.

Die Kollegen treten jetzt mit Kommentaren aus der dritten Reihe nach vorne und wissen ganz genau, dass diese Wette viel zu gefährlich war. Sinngemäß liest man prompt von den Kollegen der Medienmagazine, dass eine inhaltliche Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stattfindet, sinngemäß sich eine Sendung wie "Wetten, dass..?" nicht auf Biegen und Brechen mit einem Platz 2 der Quotenrangliste zufrieden geben will. Nur deshalb wurde eine solch gefährliche und spektakuläre Wette gleich zu Beginn platziert. Man wolle dem Erzfeind Bohlen und seine "Supertalente" Paroli bieten.

Wir arbeiten in der Medienwelt und sind dem Fernsehen sehr verbunden. Ich und die Redakteure der Online-Magazine jedoch nicht annähernd so stark, wie die Redakteure, Regisseure und Produzenten einer Samstagabend-Show wie "Wetten, dass..?".

Warum klettern Bagger Türme hinauf? Warum werden LKW auf Gläsern geparkt? Warum springen Motorradfahrer eine Skisprungschanze herunter? Weil sie scharf darauf sind, sich das Genick zu brechen? Schwachsinn! Es sind Menschen, die etwas können und das auch zeigen möchten. Egal, ob sie dies auf einem Wettkampf tun, oder in einer Samstagsabend-Show. Egal ob beim ZDF, in den Dritten oder RTL

"Muss man wirklich solche Wetten bringen?", heißt es. Glauben Sie mir, heutzutage ist es nichts mehr besonderes im Fernsehen zu sein. Und auch Samuel Koch hätte diesen Stunt im Bedarfsfall in jeder anderen Sendung vorgeführt, weil er genau wusste, er kann es! Er hätte es mit Sicherheit auch beim Supertalent gezeigt.

Die angemessene Frage lautet: Wie hätte RTL reagiert, die von solchen "Sensationen" ja im Endeffekt nur profitieren können? Die Zuschauer bleiben dran, die Werbeblöcke können gesendet werden. Garantierte Teilnahme. Damit möchte ich RTL nichts unterstellen, aber ich bin der Meinung verantwortungslos hat das ZDF in keiner Weise gehandelt.

Und wer sich die Frage stellt, warum man waghalsige Auftritte nicht den Privaten überlässt, der ist schlichtweg naiv! Der ist auch der Meinung, dass internationale Stars in einer öffentlich-rechtlichen Show nichts verloren haben. Wir haben ja genug eigene Prominente. Es geht hier nicht darum, ob man wieder eher Back to the Roots gehen sollte, sondern schlichtweg was als nächstes kommt. Die Wette war nicht gefährlicher, als vor über 10 Jahren besagter Motorradfahrer eine Skisprungschanze hinunter fuhr.

Wenn die Kollegen mal ehrlich sind: Es ist doch scheiß egal, wo Unfälle passieren. Bei Wettkämpfen, Sportveranstaltungen, einfach nur im Haushalt oder in Fernsehsendungen. Die Sache ist schlimm genug. Im Fernsehen wissen die Leute, wie man damit umgeht. Selbst eine wahnsinnig kostspielige Produktion wie "Wetten, dass..?" wird abgebrochen, der Kandidat vorbildlichst versorgt. Vor diesem Supergau stand und steht jeder Produktionsstab Sendung für Sendung.

Jeder, der jetzt Diskussionen auslöst, ob es denn im Fernsehen nötig sei, sich gegenseitig stets zu übertrumpfen, der sollte sich im Spiegel ansehen und mal selbst zurückblicken, wie es denn im eigenen Berufs- und Privatleben aussieht.

Was veranlasst mich am 2. Adventsonntag zu dieser Sonderausgabe? Möchte ich etwa die Nachfrage nach tv-kult.com erhöhen? Muss ich immer im Rampenlicht stehen? Durchaus! Denn das ist genau unser Beruf. Den Zuschauern nach 60 Jahren Fernsehen nicht immer das Selbe zu präsentieren ist schließlich der Beruf der TV-Redakteure. Entscheidend ist die Qualität, die hätte bei dieser Wette gestimmt.

Wäre die Sendung wie geplant zu Ende gegangen, hätten die Kollegen diese Sendung der Superlative in den Himmel gelobt. Der Unfall selbst ist tragisch, aber die Klugscheißer-Diskussion danach ist definitiv Meisenscheiße! (as)