3D-Filme und die neuen Probleme damit

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Datum: 16.02.2010 | Kategorie: Unendliche Weiten der Medienwelt

Die Filmproduzenten und Kinobetreiber freuen sich zur Zeit wie weihnachtsbeschenkte Kinder über den neuen Zuschaueransturm angesichts der neuen 3D-Technik, doch weil eben dieses neue Seherlebnis ausgerechnet bei den aktuell erfolgreichen Blockbustern angewandt wird, schlafen sie inzwischen doch etwas unruhiger. Denn inzwischen tauchen damit nämlich Probleme auf, an die im Vorfeld niemand auch nur im Traum gedacht hat. Grund des Matratzenwälzens in der Kinobranche: Camerons "Avatar - Aufbruch nach Pandora" ist ein echter Zuschauermagnet mit sagenhaften Einnahmen, doch seit 28. Januar steht "Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen" auf dem Programm, ebenfalls in 3D - aber in welchem Kino? Und "Alice im Wunderland" möchte ab 4. März auch gern auf eine 3D-Leinwand.

Die Kinos sind auf den diesjährigen Ansturm und der damit zeitweise notwendigen Parallel-Vorführung erfolgreicher 3D-Filme nur unzureichend vorbereitet. Deutschlandweit gibt es gerade erst 250 3D-Kinos, Trend: aufwärts. Trotzdem ist das noch nicht ausreichend. "Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen" hat bereits schmerzhaft erfahren müssen, dass von den umgerüsteten 3D-Kinos kaum eines bereit war, jetzt schon Camerons Kassenknüller abzusetzen, um dreidimensional fliegende Hamburger und fallende Maiskolben zu zeigen. Und es ist abzusehen, dass auch Tim Burtons "Alice im Wunderland", die am 4. März ihre Reise in 3D antreten möchte, gleichermaßen eine Abfuhr erhalten wird, sollte bis dahin der Ansturm auf Pandora nicht deutlich abgeklungen sein. Das würde bedeuten, dass etliche Kinocenter nun ein zweites Kino auf 3D umrüsten müssen. Oder die beiden letztgenannten Filme eben nur zweidimensional vorführen können - was aber mit Sicherheit nicht im Sinne des Erfinders, sprich: Produzenten, liegen dürfte. Denn die versprechen sich durch das räumliche Seherlebnis auch eine spürbare Mehreinnahme an den Kinokassen. Immerhin wurden für diese neue Technik etliche Dollars mehr in die Produktion gesteckt, und das soll sich auch ordentlich rentieren.

Dabei ist noch gar nicht absehbar, ob 3D künftig wirklich ein finanzieller Erfolg wird, denn angesichts der bisherigen Erfahrungen sieht man dieser Technik zumindest bei den Kinobetreibern mit sehr zwiespältigen Gefühlen entgegen. Der Reiz des Neuen hatte zwar auch in Zeiten vor "anno Avatar" viele Neugierige in die Säle gelockt, doch verebbte der Zuschauerstrom ebenso schnell wieder, weil nur wenige bereit waren, die 3D-Brille zu tragen.

Insbesondere die Rot-Grün-Brille war und ist ziemlich unbeliebt, zumal die Bildtrennung durch Farben erfolgt und Farbfilme nicht ohne Farbverfälschung genossen werden können. Varianten: Rot/Blau-, Rot/Cyan- oder Grau/Klar-Brille (Bildtrennung per Kontrast/Helligkeit). Anfang der 80er Jahre wurden neuartige 3D-Filme mit polarisierten Gläsern vorgeführt, bei denen die Bildtrennung über eine um 90° verdrehte Filterung der Lichtstrahlen erfolgte. Damit konnten erstmals Farbfilme ohne Helligkeits- oder Farbverfälschung angeschaut werden. Allerdings waren dafür auch zwei synchron laufende Projektoren erforderlich, wobei einer das Bild für das linke, der andere das Bild für das rechte Auge auf die Leinwand warf.

Später folgte mit der Digitaltechnik die Shuttertechnik, bei denen 3D-Brillen synchron zum vom Projektor gesendeten Bild (schnellwechselnd für das linke oder rechte Glas) wie bei einem Projektor in schnellem Rythmus verdunkeln, doch für Kinos ist die massenhafte Anschaffung der technisch aufwändigen und daher sehr teuren Brille undenkbar. Die Papierbrillen mit Farb- bzw. Polarisationsfilter dagegen kosten beim Großeinkauf nur wenige Cent pro Stück.

Und ein anderes Problem ist bisher allen 3D-Brillen immer noch eigen: Einige Zuschauer bekamen Kopfschmerzen. Daher versank jede bisher vorgestellte 3D-Technik trotz aller Propheten, die immer wieder unbelehrbar und lernresistent aufs Neue einen bis an den Himmel reichenden Erfolg verkündeten, am Ende doch im Meer der Vergessenheit, weil entweder die lästigen Brillen notwendig waren oder der räumliche Effekt vom Zuschauer nicht wahrgenommen wurde. Erst wenn der Raumeffekt auch ohne Brille von allen Zuschauern wahrgenommen wird, dürfte ein Durchbruch von 3D-Filmen wirklich und wahrhaftig erfolgen. Daran werden auch aktuelle 3D-Filme wie Camerons "Avatar" oder Burtons "Alice im Wunderland" nichts ändern, auch wenn es allemal ein neues tolles Seherlebnis ist. Der wichtigste Punkt dabei ist ein gänzlich unberechenbarer Faktor: Der Zuschauer. Sollten die jüngeren Zuschauergenerationen den Brillen gegenüber mehr Akzeptanz aufbringen als ihre Eltern und Großeltern, könnte die 3D-Technik länger als früher erfolgreich parallel zu "normalen" Filmen in den Kinos zu genießen sein. Denn eine andere uralte Erfahrung kann hier wieder zum Tragen kommen: Manchmal muss man etwas nur beharrlich und oft genug vorstellen - irgendwann ist die Zeit reif dafür, dass es sich durchsetzt.

Wenn nicht, kann man alles wieder wie früher getrost abschreiben und aller Aufwand - finanziell, personell und technisch - war vergeblich. Irgendwie erinnern mich diese unermüdlichen und leider oft vergebliche Versuche, neue Zuschauergruppen zu finden, an eine andere Gruppe, die auf der Suche ist. Da! Da war doch was? Ich höre es ganz deutlich: "Die Kinobranche, unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer eines Filmproduzenten, der unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neue Techniken und neue Sichtweisen. Der Produzent dringt dabei in Medienwelten vor, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat." (gh)