Thomas Roth

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Am 28. September haben wir Thomas Roth in München getroffen. Pünktlich zur DVD-Veröffentlichung seines Kinofilms "Falco - Verdammt, wir leben noch" konnten wir Thomas Roth einige interessante Fragen zu Falco und der Verfilmung seines Lebens stellen.

Redaktion: Ursprünglich sind Sie Journalist. Wie waren Ihre ersten Erfahrungen mit der Filmerei und wie sind Sie dazu gekommen?

Journalist ist etwas übertrieben. Ich hatte schon immer eine große Affinität zum Film und zur Popmusik. Gerade beim Film sah ich große Möglichkeiten, sich darin zu entwickeln. Ich dachte mir einfach, dass es der schnellste Weg ist, über den Rundfunk und über die Kamera zum Film zu kommen. So bin ich dann auch beim ORF gelandet. Dort habe ich dann einige Arbeiten entwickelt, die mir geholfen haben, dass ich aufsteigen konnte und meine ersten selbständigen Arbeiten angegangen bin.

Redaktion: Sie haben es also von Anfang an angestrebt, zum Film zu gehen?

Ja. Ich wollte zum Film. Eigentlich wollte ich zur Filmakademie in Wien. Dort habe ich auch die Aufnahmeprüfung gemacht, mit 18 Jahren. Ich bin auch in die letzte Auswahlrunde gekommen. Meine Eltern konnten mir das Studium aber leider nicht finanzieren. Was schade war, da das die einzige Möglichkeit war, in Wien so etwas zu studieren.

Redaktion: Wie entstand die Idee zu dem Falco-Film und waren Sie von Anfang an in das Projekt involviert?

Die Idee stammt ursprünglich ja von mir. Ich wollte den Film machen, weil es mir schon kurz nach seinem Tod sehr interessant schien, sein Leben zu verfilmen. Nur habe ich niemanden gefunden, der den Film produziert hätte, damit man das Projekt überhaupt machen kann. Deswegen hat es noch einige Jahre gedauert, bis ich ihn dann umsetzen konnte. Und mit den wenigen persönlichen Begegnungen mit Falco passte das alles gut zusammen, seine Abgründe, seine großen Erfolge, seine privaten Niederschläge. Die ständigen Up und Downs, die Drogen-Geschichten, das alles zusammen ergibt einen sehr interessanten Filmstoff.

Redaktion: Was waren das für persönliche Begegnungen mit Falco?

Ich bin ihm damals mal im ORF, ich glaube es war 1985, das erste Mal begegnet. Da hat er gerade seine erste Tournee gespielt, das war noch zu dem Zeitpunkt, als "Rock Me Amadeus" auf Platz 1 in Amerika war. Er hat dann eine Welttournee gespielt, die ihn bis nach Japan geführt hat. Das erste Konzert der Tournee war in Graz. Ich war dort für den Ö3 und gerade lief der Soundcheck und den habe ich damals unerlaubterweise mit aufgenommen. Er hat dann von der Bühne geschrieen, dass abgebrochen wird. Dann wurde ich hinter die Bühne zitiert, was mir unangenehm war, er war aber dann sehr nett. Er hat sich das vorspielen lassen. Er fand das dann okay, und meinte, dass wir das senden können. Ich bin ihm dann später noch bei verschiedenen Gelegenheiten begegnet, wir haben uns dann auch immer wieder mal unterhalten. Bei meiner letzten Begegnung habe ich gerade einen Konzertfilm gemacht. Dort ist er mir dann angenehmer gegenübergetreten, was wohl daran liegt, dass ich zu dieser Zeit kein Journalist mehr war.

Redaktion: Was für ein persönliches Verhältnis haben Sie als Österreicher zur Musik und zur Person Falco?

Falco ist nun mal der erfolgreichste österreichische Popmusiker. Und das Österreichische hat sich sehr bei Falco gehalten. Die Sprache und auch die Koketterie mit den Merkmalen von Österreich. Die Emotionen und Tourismusmagneten wie Mozart haben auch ein bisschen dazu beigetragen. Für die Amerikaner war er immer der "strange guy". Allgemein hat er sehr klug und intelligent seine Karriere geführt.

Redaktion: Sie haben das Drehbuch zu dem Film verfasst. Ab wann war Ihnen klar, dass der Film so sehr auf den Menschen Hans Hölzel mit seinen Abgründen und Konflikten eingeht?

Von Anfang an. Denn alles andere hat man in Form von Dokumentationen schon gesehen. Man schneidet ja jedes Jahr aus dem gleichen Material immer wieder neue Dokumentationen mit einem verstaubten und verklärten Blick einiger altgewordener Videofilmer auf einen ehemaligen Companion, die das wieder und wieder produzieren, und das fand ich gähnend langweilig. Ich dachte, man muss das verstaubte Bild - auch wenn das eine Kultfigur ist in Wien - mal ein bisschen entstauben und den Falco mal neu zeigen. Nicht nur diese glorifizierende einseitige Sichtweise. Das heißt nicht, dass ich ihn beschädigen will, im Gegenteil, ich glaube, dass wir einen neuen Falco oder ein neues Falcobild zeigen, gerade zu einer Zeit, in der viele Weggefährten noch am Leben sind, die ihn gekannt haben. Da tut man dem einen oder dem anderen natürlich weh, wenn das Bild nicht ganz den Vorstellungen der einzelnen Leute entspricht. Vor einigen Monaten ist erst der Hansi Lang an einem Schlaganfall gestorben, der sehr viel an diesem Film mitgearbeitet hat. Ja, und dieser Film zeigt einfach ein anderes Falco-Bild und das finde ich das Spannende daran. Das Schwierige ist, dass ihn viele Leute gekannt haben und viele von diesen Leuten meinten, sie seien ein wesentlicher Teil seines Lebens gewesen. Meine Aufgabe war es, letzten Endes heraus zu filtern, wer für ihn wichtig war und wer für meinen Film wichtig ist. Es ging ja nicht darum, andere Personen in diesem Film zu verewigen, sondern die anderen Personen, die in diesem Film vorkommen, sind Nebenfiguren, die an der Seite von Falco funktionieren müssen. Viele sind jetzt in einer unangenehmen Situation, die vorher einige kritische Querschläger gebracht haben und nun ist der Film einer der erfolgreichsten aus Österreich in den vergangenen Jahren. Da stellt sich die Frage, ob diejenigen den Film jetzt weiterhin schlecht finden sollen oder ihre Meinung anpassen sollten.

Redaktion: Was für Recherchevorlagen gab es für den Film? Sogar die Tochter von Falco hat ein Buch über ihren Vater veröffentlicht…

Das kenne ich alles gar nicht. Also ich habe versucht mit den Leuten Kontakt aufzunehmen, von denen bekannt ist, dass sie über Jahre hinweg viel Zeit mit ihm verbracht haben, enge Weggefährten waren, die ihn in Momenten erlebt haben, in denen ihn viele andere nicht gesehen haben, die ihn in der "routine of life", im Tourneeleben, vor der Bühne, hinter der Bühne miterlebt haben. Durch diese Gespräche habe ich versucht, ein Bild von der Persönlichkeit zu bekommen. Und das habe ich dann versucht im Drehbuch und im Film zu zeichnen. Ich habe versucht, eine österreichische Künstlerkarriere zu zeichnen, von einem Künstler, der versucht, zwischen der österreichischen Verehrung und der österreichischen Verdammung seinen Weg zu gehen. Das fand ich eigentlich spannend.

Redaktion: Wie aufwändig war es, den passenden Hauptdarsteller zu finden?

Es war sehr schwierig, weil meine Vorstellung sehr klar war. Ich wollte einen österreichischen Darsteller. Ich denke, dass es mit einem bundesdeutschen Falco-Darsteller schwierig geworden wäre. Das wäre vielleicht sogar unglaubwürdig geworden. Dann sollte er relativ jung sein, weil ich die Geschichte von Falco ja von seinen frühen musikalischen Anfängen an erzähle. Also so zwischen 20 und 25, oder um die 25. Wenn man auf dem österreichischen Schauspielermarkt in dieser Altersgruppe forscht, ist man dann ganz schön eingeschränkt. Es war dann so, dass sich der Manuel Rubey selbst angeboten hat über seine Agentur. Ich wollte eigentlich den Robert Stadlober setzen, den haben wir auch gecastet und der hat auch zugesagt, es zu machen. Ein paar Wochen später hat er dann kalte Füße bekommen und hat abgesagt. Er begründete das damit, dass er sich das doch nicht vorstellen kann, diese Rolle zu spielen, einen 40jährigen Menschen zu spielen. Was bei einem Schauspieler dann doch wieder irgendwie fragwürdig ist. Wir haben uns dann noch einmal auf die Suche gemacht, haben das Castingmaterial noch einmal durch gesehen und dann ist uns der Manuel aufgefallen. Den haben wir dann noch einmal eine Chance gegeben und der hat das dann auch wirklich toll gemacht.

Redaktion: Dass der Hauptdarsteller die Songs von Falco nachsingt, war auch von Anfang an geplant?

Ja. Wir haben die Songs alle noch einmal neu arrangiert und eingespielt. Damit wollten wir den Zuschauer einfach nicht irritieren, dass man die ganze Zeit den Manuel als Falco sieht, aber zwischendurch wird dann der Original-Falco eingeblendet. Das hätte ich seltsam gefunden. Dadurch, dass er das auch gut konnte, wurde das Ganze noch einmal authentischer. Auf der anderen Seite wollte ich auch den Sound von der damaligen Zeit produzieren, denn wenn jemand den Film schaut, möchte er die Songs nicht hören, wie ein Song der für Jan Delay produziert wurde, denn Manuel sollte ja Falco spielen.

Redaktion: Die Vorbereitung von Manuel, den Duktus und die Markenzeichen von Falco zu verinnerlichen, war sehr groß, oder?

Ja, das war natürlich sehr aufwändig. Wir haben alles zur Verfügung stehende Material geliefert bekommen. Wir haben Manuel dann für zwei Wochen noch einen Coach zur Seite gestellt, da man da als Schauspieler auch viel Feedback braucht. Man kann zwar vor dem Spiegel allein einiges üben, aber man braucht da schon einen Coach, der sagt, dass die Hand höher muss, der Schritt tiefer und was auch immer. Das wurde am Ende dann auch sehr überzeugend. Er wurde dann auch für den österreichischen Nachwuchskinopreis nominiert. Und ich gehe mal davon aus, dass er den auch bekommt.

Redaktion: Was glauben Sie, wo Falco in der heutigen Musiklandschaft stehen würde, wenn er noch am Leben wäre?

Das ist schwer zu sagen. Da gibt es keine Antwort drauf. Ich glaube, dass er noch immer Musik machen würde. Es kann sein, dass er noch einmal einen Hit gehabt hätte, es kann aber auch sein, dass er in der Dominikanischen Republik eine Ferienanlage eröffnet hätte. Aber im Grunde wäre er sicherlich Musiker geblieben und würde auch heute noch Demos und Platten aufnehmen.

Redaktion: Nennen Sie drei weitere österreichische Persönlichkeiten, die ähnlich faszinierend sind wie Falco. Bei denen es vielleicht auch interessant wäre, einen Film darüber zu drehen.

Oskar Werner auf jeden Fall… Künstler?

Redaktion: Persönlichkeiten.

(überlegt)

Redaktion: Peter Alexander.

Nein, für mich nicht so… interessant… Schwarzenegger vielleicht noch. Aber ich glaube da müsste man eher noch jemanden nehmen, der schon verstorben ist. Da sonst die Geschichte noch nicht fertig erzählt ist. Oskar Werner würde ich auf jeden Fall sehr interessant finden. Das ist ein sehr interessantes österreichisches Schicksal. Vielleicht auch Stefan Zweig.

Redaktion: An welchen Projekten arbeiten Sie zurzeit?

Ich drehe hier in München im Moment einen Tatort für den bayrischen Rundfunk. Mit den beiden Münchner Ermittlern Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec. Sie müssen gerade ihren 50. Fall lösen. Das ist sehr schön für mich, dass ich mal so einen Fernsehfilm mache. Danach werde ich mit einer Produktionsfirma hier in Deutschland einen Kinofilm machen. Aber das ist immer schwer zu sagen, denn wenn eine Finanzierungssäule abbricht, hängt gleich das ganze Projekt in der Luft. Es ist zwar ein interessantes Projekt, aber da das noch nicht ganz sicher ist, kann ich dazu noch nichts sagen.

Redaktion: Haben Sie allgemein Lust, mehr Kinofilme zu machen?

Absolut. Kinofilme sind aber immer sehr schwierig. Man versucht immer verschiedene Projekte zu realisieren, eins gelingt dann, zwei gelingen nicht. Aber ja, ich würde sehr gerne ganz große Kinofilme machen.

Redaktion: Ist es Zufall, dass sie viele Krimis drehen, oder machen Sie das bewusst?

Ich mache eigentlich gerne Krimis, ja. Warum das so ist, weiß ich nicht. Vielleicht, weil das Ganze auch einen romantischen Charakter hat. Weil man dort mit Situationen in Berührung kommt, die ein normaler Mensch eigentlich nicht erlebt. Und in Krimis ist alles irgendwie möglich: Emotion, Tod, Verbrechen, Gewalt, Religion, Sexualität. Spannung hat mich immer interessiert, Spannungsaufbau, ich schaue mir selber auch gerne Thriller an, vielleicht kommt es von da. Und gerade der Mensch hat mich auch immer interessiert. Deswegen stelle ich auch gerne den Menschen und soziale Verhältnisse in den Vordergrund.

Redaktion: Also wird es wahrscheinlich auch weiterhin in die Richtung gehen?

Ja, ich denke schon.

Redaktion: Gibt es Künstler oder Werke, die Sie in Ihrem Schaffen bisher besonders beeinflusst haben?

Ich habe jetzt selbst schon zwanzig Filme gedreht, da hat man in dem Sinne keine Vorbilder mehr. Es gibt sicher viele Dinge, die die künstlerische Arbeit sehr prägen. Das kann genau so ein toller Maler sein, als auch ein toller Schriftsteller, tolle Filme, davon gibt es natürlich sehr, sehr viele, die mich sehr beschäftigt haben. Ich könnte jetzt aber kein Werk nennen, das mein Leben verändert hat. Ich versuche immer meinen eigenen Stil und meine eigene Handschrift zu entwickeln. Das ist auch was tolles, wenn man einen Film sieht und sofort drauf kommt, von wem er ist.

Redaktion: Ein paar kurze Abschlussfragen: Welchen Kinofilm haben Sie zuletzt gesehen?

Leider "The Dark Knight". Danach hatte ich keine Zeit mehr.

Redaktion: Fanden Sie ihn gut?

Ja. Das ist ein sehr toller Film. Toll gemacht, sehr interessant, gut gespielt. Der hat mir gut gefallen.

Redaktion: Haben Sie Lieblingsfilme?

Sehr viele. Hitchcock… sehr, sehr viele. Wenn ich jetzt beginne, welche aufzählen, lasse ich so viele aus, die ich eigentlich noch erwähnen müsste. "Der Pate" zum Beispiel. Alle drei Teile. "Der weiße Hai" finde ich toll. Es gibt so viele. Nach dem Gespräch auf dem Heimweg fallen mir dann noch immer welche ein…

Redaktion: Dann bedanke ich mich für das Interview.

Sehr gerne.

Der Beitrag wurde am 28.09.2008 von sk verfasst.

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