Was schaut Ihr gerade?

  • Ruanda, Bosnien...du scheinst wohl auch ein ziemlicher Elendsfetischist zu sein.

    Ja, schon. (Wieso auch?)
    Es sind beides Ereignisse, die ich in meiner Jugend am Rande mitbekommen habe. Ich erinnere die Betroffenheit der älteren Generationen, aber ich habe die Ereignisse nicht bewusst verfolgt. Im Moment habe ich gerade ein bißchen Freizeit und kann gezielt nach solchen Dingen suchen, über die ich mich schon immer mal informieren wollte. Die beiden Dokumentationen sind zwar nicht meisterhaft, aber schon sehenswert ... Ich finde, sowas sollte heute zur besten Sendezeit auf allen Kanälen im Fernsehen gezeigt werden ... damit wir vor lauter Wohlstandsproblemen nicht vergessen, in was für einer Welt wir leben.

  • Ja, schon. (Wieso auch?)

    Ich befasse mich ebenfalls - "gerne" wäre der falsche Ausdruck, sagen wir zwanghaft - mit den Abgründen der menschlichen Natur. Die Kriege in Ruanda und Bosnien, die sicherlich mehr als genug Stoff für das Horror-Kopfkino bieten, gehörten bislang allerdings nicht dazu.
    Man muss dabei bloß aufpassen, dass man diese Geschehnisse nicht zu nah an sich heranlässt, damit einem nicht das letzte Fünkchen Lebensfreude abhanden kommt.

    Zitat

    Ich finde, sowas sollte heute zur besten Sendezeit auf allen Kanälen im Fernsehen gezeigt werden ... damit wir vor lauter Wohlstandsproblemen nicht vergessen, in was für einer Welt wir leben.

    Ich gehe stark davon aus, dass wir diese Wohlstandsprobleme einst schneller vergessen könnten als uns lieb wäre und das ganz ohne Hauptsendezeiten, sondern durch einen Blick aus dem Fenster.


  • Man muss dabei bloß aufpassen, dass man diese Geschehnisse nicht zu nah an sich heranlässt, damit einem nicht das letzte Fünkchen Lebensfreude abhanden kommt.

    Ja schon. Auf der anderen Seite gibt es mir das Gefühl, der Wahrheit näherzukommen - ein komisches Wort, ich meine damit: der Wahrheit über das, was den Menschen ausmacht. In unserer verlogen Schein- und Medien-Welt ist es ja so, dass man die Brüche, wenn auch vielleicht nur un(ter)bewusst wahrnimmt und weiß: es trügt alles - es ist gelogen.
    Wenn man sich mit Dokumenten von Krieg und Leid beschäftigt, hat man den Eindruck, einen tieferen Einblick in den Gang der Dinge zu bekommen. Die Normalität der menschlichen Schlechtigkeit... oder so.


    Vielleicht ist es auch bloß Voyeurismus.

    Zitat

    Ich gehe stark davon aus, dass wir diese Wohlstandsprobleme einst schneller vergessen könnten als uns lieb wäre und das ganz ohne Hauptsendezeiten, sondern durch einen Blick aus dem Fenster.

    Das bleibt abzuwarten. Ich gebe Dir insofern Recht: Wenn unsere Gesellschaft einer wirklichen Belastungsprobe ausgesetzt würde, bräche sie auseinander, weil sie keine innere Stärke hat, keine Haltung und keine Gesinnung.
    Aber noch spüren wir davon ja nichts ... man hört vielleicht höchstens den Donner grollen in der Ferne.

  • Ja schon. Auf der anderen Seite gibt es mir das Gefühl, der Wahrheit näherzukommen - ein komisches Wort, ich meine damit: der Wahrheit über das, was den Menschen ausmacht. In unserer verlogen Schein- und Medien-Welt ist es ja so, dass man die Brüche, wenn auch vielleicht nur un(ter)bewusst wahrnimmt und weiß: es trügt alles - es ist gelogen.

    Mit dem Begriff "Wahrheit" gehe ich ebenfalls behutsam um, aber es lässt sich zumindest feststellen, dass Vieles von dem, was als offenkundig proklamiert wird, sich einem selbst beim näheren Betrachten als Unwahrheit darbietet, was das Weltbild doch gewaltig auf den Kopf stellen und das Vertrauen in die Welt, die Institutionen, die Erdenbewohner - falls überhaupt je vorhanden - zutiefst erschüttern kann.

    Zitat

    Vielleicht ist es auch bloß Voyeurismus.

    Das glaube ich nun weniger. Gut, bei Rotten oder Ogrish traf das damals sicherlich zu, aber davon habe ich genug gesehen.

    Zitat

    Aber noch spüren wir davon ja nichts ... man hört vielleicht höchstens den Donner grollen in der Ferne.

    Nix gwiss woass ma ned würde der Bayer sagen.

    Zitat

    Ach ja, was ich überhaupt nicht ertragen kann, sind Opfer-Interviews. So 20, 30 Sekunden im Rahmen von Dokumentationen geht noch ... aber wenn jemand wirklich ausführlich seine Leidensgeschichte in die Kamera erzählt, das macht mich echt fertig.

    Ja, das ist das Allerschlimmste. Ich weiß nicht mehr, bei welchem Film es war, vielleicht "Nemmersdorf 1944", wo ich dann doch feuchte Augen bekam.
    Ich meine, wenn das von jemandem in der eigenen Sprache erzählt wird, der dein Großvater sein könnte, wirkt das viellecht noch mal eindringlicher als übersetzte Schilderungen von Ausländern.

  • Das glaube ich nun weniger. Gut, bei Rotten oder Ogrish traf das damals sicherlich zu, aber davon habe ich genug gesehen.

    Ja, bei mir waren das Gesichter des Todes und Konsorten. Rauf und runter geschaut. Auf der Suche nach was eigentlich? Langweilige, entmenschlichte Bilder.

    Zitat

    Ja, das ist das Allerschlimmste. Ich weiß nicht mehr, bei welchem Film es war, vielleicht "Nemmersdorf 1944", wo ich dann doch feuchte Augen bekam.
    Ich meine, wenn das von jemandem in der eigenen Sprache erzählt wird, der dein Großvater sein könnte, wirkt das viellecht noch mal eindringlicher als übersetzte Schilderungen von Ausländern.

    Da triffst Du bei mir ja einen ganz wunden Punkt. Sowas greift mich echt emotional an. Bestimmte Dinge brauche ich nur zu lesen, und das "triggert" - wie es in der Borderline-Sprache heisst.
    Ich "muss" derzeit (mache es natürlich gerne) viele Zeitzeugen-Interviews für ein größeres Projekt anschauen. Da sind auch viele Passagen dabei, bei denen es schwer ist, sich gefühlsmäßig dagegen abzuschotten. Es ist so ein Elend, man hat das Gefühl, man schaut danach ganz anders auf die Dinge.
    Vermutlich resultiert daraus auch die bodenlose Verachtung für unsere Gegenwarts-"Spaß"- bzw. "Krisen"-Gesellschaft.


    Inzwischen bin ich beim zweiten Teil:


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  • ...wenn das von jemandem in der eigenen Sprache erzählt wird, der dein Großvater sein könnte, wirkt das viellecht noch mal eindringlicher als übersetzte Schilderungen von Ausländern.


    Das kenne ich gut. Meine ersten 4 Lebensjahre und danach auch immer mal wieder bin ich sehr stark mit Sudetendeutschen in Verbindung gekommen, da ein Großvater von mir selbst einer ist und eine Firma gegründet hat und darüber viel Kontakt zu Landsleuten pflegte. Als kleines Kind wird man da natürlich sehr liebevoll behandelt. Ich selbst wollte als Kind von den Großeltern immer nur "wahres" aus ihrer Vergangenheit erzählt bekommen, viel lieber als Märchen oder andere Geschichten. Das hat mich natürlich sehr geprägt. Entsprechend emotional bin ich berührt, wenn ich (was leider eher selten vorkommt, dass man solche Leute zu hören bekommt) in Dokumentationen dann Leute aus den deutschen Ostgebieten höre (bei Schlesiern und Sudetendeutschen ist das sehr extrem). Es wirkt sehr vertraut und unverstellt. Daher auch sehr ehrlich und authentisch. Und alle diese Leute wirken wie die, die ich oberflächlich in meiner Kindheit kennengelernt habe, tief getroffen, aber tapfer und ohne Hass oder Wut, zumindest nicht spürbar.
    Die "ganz harten" Geschichten hat man als Kind natürlich nicht und nur am Rande/Entschärft erzählt bekommen. Von einem Großvater habe ich erst später ein paar Details mitgekriegt (leider nicht mehr). Im Nachhinein habe ich zumindest eine Ahnung davon bekommen, mit wieviel Leid nahezu jedes dieser einzelnen Schicksale durchtränkt ist. Ich habe den Eindruck das im Nachhinein irgendwie spüren zu können. Durch die Aufarbeitung der letzten 100 Jahre deutscher Geschichte (was ich mit Hilfe der alten Briefe und Tagebücher mache) bekomme ich immer wieder einzelne Beispiele dieser Schicksale geliefert.

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Vermutlich resultiert daraus auch die bodenlose Verachtung für unsere Gegenwarts-"Spaß"- bzw. "Krisen"-Gesellschaft.

    Bei mir ist es nicht so sehr Verachtung, sondern eher Unverständnis, Gleichgültigkeit und weitmöglichste Abschottung davor.
    Wohlstandsverwöhnt wie ich bin, befinde ich mich allerdings in einer mehr als bequemen Position, aus der ich auf das vergangene und gegenwärtige Elend blicken kann.

    Die "ganz harten" Geschichten hat man als Kind natürlich nicht und nur am Rande/entschärft erzählt bekommen. Von einem Großvater habe ich erst später ein paar Details mitgekriegt (leider nicht mehr). Im Nachhinein habe ich zumindest eine Ahnung davon bekommen, mit wieviel Leid nahezu jedes dieser einzelnen Schicksale durchtränkt ist. Ich habe den Eindruck das im Nachhinein irgendwie spüren zu können. Durch die Aufarbeitung der letzten 100 Jahre deutscher Geschichte (was ich mit Hilfe der alten Briefe und Tagebücher mache) bekomme ich immer wieder einzelne Beispiele dieser Schicksale geliefert.

    Da von (Nach-)Kriegsgeschehen gezeichnete Verwandte oftmals den Mantel des Schweigens um ihre Erlebnisse hüllen, sei es um Kinder und Kindeskinder schonen zu wollen oder weil zu viel Schmerzhaftes hochkommen würde, und in Schule und Medien die Vertreibung der Ostdeutschen stiefmütterlich behandelt wird, bestand zumindest bei mir gar keine konkrete Vorstellung davon, bis ich mich selbst etwas damit beschäftigte.
    Ich hatte ebenfalls eine aus Schlesien vertriebene Großmutter, deren Familie infolge des Vormarsches der Roten Armee viel durchmachen musste, was ich allerdings eher beiläufig von anderen Verwandten erfuhr. Sie berichtete mir ein einziges Mal unter Tränen, dass sie im Osten Zeugin von Gewalt gegen Juden wurde. Ansonsten beschränkte sie sich in ihren Erzählungen auf die widrigen Lebensumstände.


  • Da von (Nach-)Kriegsgeschehen gezeichnete Verwandte oftmals den Mantel des Schweigens um ihre Erlebnisse hüllen, sei es um Kinder und Kindeskinder schonen zu wollen oder weil zu viel Schmerzhaftes hochkommen würde, und in Schule und Medien die Vertreibung der Ostdeutschen stiefmütterlich behandelt wird, bestand zumindest bei mir gar keine konkrete Vorstellung davon, bis ich mich selbst etwas damit beschäftigte.
    Ich hatte ebenfalls eine aus Schlesien vertriebene Großmutter, deren Familie infolge des Vormarsches der Roten Armee viel durchmachen musste, was ich allerdings eher beiläufig von anderen Verwandten erfuhr. Sie berichtete mir ein einziges Mal unter Tränen, dass sie im Osten Zeugin von Gewalt gegen Juden wurde. Ansonsten beschränkte sie sich in ihren Erzählungen auf die widrigen Lebensumstände.

    Stiefmütterlich ist nett gesagt, die gehen höchstens als "Hitlers letzte Opfer" durch.
    Meine Erfahrungen über die Tradierung der Kriegs- und Vertreibungserlebnisse decken sich weitgehend mit euren.
    Ich habe die "harten Geschichten", die meine Großeltern und meine Familie betreffen, interessanterweise nicht von Ihnen selbst, sondern von den Großonkeln und -tanten mitgeteilt bekommen. Vielleicht weil es ihnen leichter fiel, über die Schicksale der anderen zu reden. Es schien ihnen wichtig zu sein, vor ihrem Tod bestimmte Erinnerungen mitzuteilen ... und zwar speziell an die Enkelgeneration, glaube ich.
    Da kamen dann auf einmal Geschichten von deutschen Soldaten, denen polnische Freischärler im Herbst 1939 die Augen ausgestochen und die Körper verstümmelt hatten. Also typische Propagandalügen :)
    Ich glaube, die heftigste Propaganda, der wir ausgesetzt sind, geht von unserem eigenen Regime, unserer politischen Kaste und den gleichgeschalteten Medien aus. Das sind alles Volksfeinde und müssen zur Rechenschaft gezogen werden.
    *Groll* ...
    Ich geh jetzt zurück an meinen Stammtisch ... ;)

  • Meister Eder und sein Pumuckl - Die Bergtour


    Hab ne DVD eingelegt, ich brauch was schönes für nebenher wo ich auch nicht so genau aufpassen muss. Die Seire habe ich schon länger nicht mehr geschaut.

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    Konfizius

  • Herrlich: :D Eine wunderbare Verarsche von "PSY-Gentleman":


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    Herrlich: :D Eine Verarsche von "PSY-Gangnam Style":


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    Herrlich: :D Eine Verarsche von "Sido - Bilder im Kopf":


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    "Mein wichtigstes Lebensmotto war immer: Treue. Auch mir selbst gegenüber."
    (Heinz Rühmann, 1902-1994, Schauspieler)